Die alteinheimische Sichelschmiederei war trotz ihrer nahen Verwandtschaft nicht in die Sensenzunft einbezogen worden. Die im Privilegium von 1600 erwähnten Sichten sind nicht, wie man vielfach irrtümlich angenommen hat, als Sicheln anzusprechen, sondern es handelt sich dabei, wie bereits ausgeführt wurde, um eine leichtere Sensenart. Auch die Sicheln wurden, ähnlich wie die Sensen, nach den Bestimmungsländern bezeichnet. Aus den diesbezüglichen Angaben der Sichelschmiede können wir auf die Richtung des Absatzes schließen. Aufgeführt werden u. a. Braunschweiger, Kölnische, Lütticher, Luxemburger und Lothringer Sicheln. Beliefert wurden auch Mitteldeutschland und der Südwesten Deutschlands. Ferner wurden Sicheln nach Brabant, Frankreich, England, Polen und Rußland gesandt.
In den gesamten Niederschriften des Cronenberger Handwerksgerichts von 1601 bis nach 1800 ist keine Aufnahme eines Sichelschmiedes erwähnt. Zwar wird ein Handwerksgenosse mit Namen Herbert Sichelschmidt genannt, aber es handelt sich um einen Schleifer auf dem Sudberg, der im Jahre 1601 vereidigt wurde, und Caspar Sichelschmidt, dem im Jahre 1658 wegen ungenügender Leistungen die Aufnahme verweigert wurde, scheint ein Nachkomme des Vorigen zu sein. Bereits im Jahre 1554 wird ein Remscheider Sichelschmied Peter zu Blinckhusen" (Bliedinghausen) erwähnt.1) Weitere Vertreter im Remscheider Gebiet, deren Namen urkundlich verbürgt sind, Peter, Clemens und Johann Sichelschmidt zu Müngsten, Luther und Engel Sichelschmidt von Reinshagen2), waren sämtlich im Besitz von Wasserhämmern, in denen sie ihre Erzeugnisse bearbeiteten, während den Sensenschmieden damals noch der Hammerbetrieb von Seiten ihrer Bruderschaft streng verboten war. Wie aus einer Verhandlung der Remscheider Kaufleute und Schmiede im Jahre 1728 hervorgeht, verfügten die Sichelschmiede in Remscheid und Lüttringhausen auch über eigene Schleifkotten, was den Sensenschmieden ebenfalls nicht gestattet war.
Leider sind die Urkunden über die ältere Sichelsechmiedekunst sehr spärlich. Der Umstand, dass das im Jahre 1566 dem Landgericht Remscheid verliehene Siegel in seinem unteren Felde eine Sichel führt (das Landgerichtssiegel mit dem halben Löwen und der Sichel ist später dem Remscheider Stadtwappen zugrunde gelegt worden), lässt darauf schließen, dass dieses Gewerbe damals im Remscheider Gebiet seinen Hauptsitz hatte. Es muss dann in den beiden folgenden Jahrhunderten eine Verschiebung eingetreten sein, in der Weise, dass sich das Sichelhandwerk fast ganz aus Remscheid zurückzog und in der Hauptsache dem Lüttringhauser und Ronsdorfer Gebiet zuwandte. Die Tatsache, dass um 1780 die Herstellung der Sicheln im Wesentlichen von Mitgliedern der Geschlechter Hasenclever, Halbach, Fuhrmann und Hordenbach betrieben wurde, spricht dafür, dass im Goldenberger Grund" wohl die Wiege der Sichelschmiederei zu suchen ist. Da in den Niederschriften der Sensenzunft kein einziges Mitglied des weitverbreiteten Hasencleverschen Geschlechts, sowie der Familie Halbach und Hordenbach genannt wird, so dürfen wir mit ziemlicher Sicherheit annehmen, dass diese schon um 1600 sich stark genug fühlten, frei von den beengenden Regeln der Zunft ihren eigenen Weg zu gehen und das Schmiedehandwerk auszuüben.
Jahrhundertelang haben sie dann in ihren Hämmern am Morsbach, Mückenbach und Hermannsmühlenbach ihre Sicheln geschlagen und in eigenen oder fremden Schleifkotten schleifen lassen. Während in Solingen, Cronenberg, Remscheid und Lüttringhausen zahlreiche Schmiede in den Bruderschaften organisiert" waren, haben sie im freien Handwerk ihr Auskommen gesucht und gefunden. Umso eigenartiger mutet es an, dass den Sichelschmieden gegen Ende des 18. Jahrhunderts unter dem Druck der Kriegswirren und der französischen Fremdherrschaft der Gedanke kam, im Zusammenschluss ihr Heil zu suchen. Das Sichelhandwerk hatte damals vorwiegend in der Gegend des oberen Morsbachtales am sogenannten Leyerbach und den benachbarten Berghängen seinen Sitz. Die dort gelegenen Höfe Boxberg, Klausen, Stursberg, Halbach, Schmitzhalbach und Wüste waren die Hauptstätten. Eine Sichelschmiede befand sich im Grund" und eine weitere auf dem Hohenhagen, der damals wie die meisten der genannten Ansiedlungen noch zum Kirchspiel Lüttringhausen gehörte. Nur wenige Schmieden lagen seitab in der Gegend der oberen Gelpe in den Ortschaften Dahl, Hüpkendahl und Gelpe. ( ) Am einflussreichsten unter den Sichelschmieden waren die Hordenbach, die auf Boxberg und auf der Wüste bei Ronsdorf wohnten. Sie warfen sich zu Führern der Bewegung auf und verstanden es, durch ihr energisches, aber anscheinend nicht ganz einwandfreies Vorgehen fast die gesamten Sichelschmiede, 33 an der Zahl, unter einen Hut zu bringen. Die wenigen Außenseiter, die der Vereinigung nicht beitraten, mussten es bitter entgelten.
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