Mit dieser Broschüre hat die Stadt Remscheid den vielen Remscheider Frauen, die wegen ihrer politischen Überzeugung, menschlichen Verantwortung oder aus ganz persönlichen Gründen während der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt und inhaftiert wurden, ein Denkmal gesetzt. Die teilweise umfangreich geschilderten Lebensschicksale waren ganz unterschiedlich und haben mich sehr berührt. Ich lernte die politisch engagierten Frauen als starke, selbständig denkende und handelnde Persönlichkeiten kennen, die teilweise ihre männlichen Partner an Aktivität und Kreativität übertrafen. Viele hatten auch vor der Nazizeit wichtige politische Funktionen bekleidet. Nur wenige Frauen standen im Schatten ihrer männlichen Partner oder sonstigen Familienangehörigen. Ihren Beitrag zur Menschlichkeit in einer unmenschlichen Welt ans Licht treten zu lassen und sie nicht zu vergessen, ist die Absicht dieser Broschüre. |
In der Zeit vom 12. bis 17.11.1934 fand vor dem II. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm in Wuppertal der Prozess Andreas Pflüger statt. Von den 62 Angeklagten waren zwölf Frauen. Die Gestapo hatte zunächst gegen 91 Angeklagte, darunter 22 Frauen, ermittelt.
Maria Katzenberger geb. Koch wurde am 1.3.1894 geboren, war verheiratet und hatte eine Tochter und drei Söhne. Sie leitete vor der Nazi-Herrschaft die Frauenarbeit der KPD im Remscheider Stadtteil Honsberg und war Kandidatin für die Stadtverordnetenversammlung in Remscheid vom März 1933. Sie wurde 1933 festgenommen und neun Monate in sogenannte Schutzhaft genommen und in folgenden Haftanstalten inhaftiert: Gefängnis Remscheid, Gefängnis Düsseldorf und KZ Brauweiler. Im Zusammenhang mit den Ereignissen am 20. Juli wurde sie 1944 erneut verhaftet. Sie wurde 1945 wieder Mitglied der KPD und starb am 10.1.1955. Maria Katzenberger hatte ein besonders schweres Schicksal und verlor durch die Nazis drei Söhne.
Sohn Arthur war 1942 zu zwei Jahren Zuchthaus und drei Jahren Ehrverlust verurteilt worden, weil er sich mit einem französischen Kriegsgefangenen unterhalten und sich negativ über das Nazi-Regime geäußert hatte. Er wurde noch in das Strafbataillon SS-Dirlewanger gesteckt und ist dort umgekommen.
Sohn Hans war politischer Leiter der KPD im Stadtteil Honsberg und Mitglied ihrer Unterbezirksleitung in Remscheid auch zu Beginn des Faschismus. Er wurde im März 1933 bis Juli 1934 in sogenannte Schutzhaft genommen und war in dieser Zeit im Zuchthaus Lüttringhausen und in den Konzentrationslagern Kemna, Börgermoor und Esterwegen. Am 19.11.1935 wurde er in dem Prozess Hans Salz wegen erneuter politischer Betätigung zu 5 1/2 Jahren Zuchthaus verurteilt, die er in den Zuchthäusern Lüttringhausen, Butzbach und in dem KZ Aschendorfer Moor verbüßte. Nach seiner Entlassung im Jahre 1941 kam er unter Polizeiaufsicht und wurde im Zusammenhang mit den Ereignissen des 20. Juli im August 1944 erneut inhaftiert. Anschließend kam er in das Strafbataillon SS-Dirlewanger und kehrte im Oktober 1945 aus russischer Kriegsgefangenschaft nach Remscheid zurück. Seine Gesundheit war ruiniert, obwohl er erst 40 Jahre alt war. Er starb zwei Jahre später an den Folgen der Haft.
Sohn Karl war ebenso Funktionär der KPD und anderer Arbeiterorganisationen. Im April 1933 gelang ihm die Flucht in das Saargebiet. Ab 1936 nahm er als Freiwilliger am Kampf der Internationalen Brigaden gegen Franco-Spanien teil. Im 2. Weltkrieg gewann er Anschluss an die französische Widerstandsbewegung und wurde am 11.6.1944 in Lyon von einer Streife der deutschen Feldgendarmerie aufgegriffen und der Gestapo übergeben. Er ist wahrscheinlich im berüchtigten Gefängnis Monluc unter der Herrschaft von Klaus Barbie zu Tode gefoltert worden.
(Quellen: Hauptstaatsarchiv Düsseldorf, Gestapo Akte 61434 von Arthur Katzen-berger; Armin Breidenbach: Widerstand und Verfolgung in Remscheid 1933 - 1945; Liste der VVN über Remscheider Verfolgte in der Nazizeit; Remscheid in der Zeit des Nationalsozialismus - darin Beitrag über die Gruppe Hans Salz, von Ilse Faeskorn)