Das Gerresheimer Register von 1312 nennt Eisenhandwerker in der Pfarrei Solingen: Tylo den Schmied und Gerhard den Schleifer, und in einem Brächten (Strafgelder)-Verzeichnis vom 20.2.1363 sind ein Schmied Gerlacus sowie der Scheidwörter (Scheidenmacher) von Gräfrath aufgeführt. Im Solinger Stadtprivileg" von 1374 erscheinen dann u. a. Peter der Schmied, ein Haus in der Schmitten" und ein Slyfers Gut.
Zeigen schon diese rein zufälligen Erwähnungen, dass die eisengewerbliche Entwicklung im Solinger Gebiet kontinuierlich weitergegangen war, so wird das noch deutlicher, wenn in der 1360 durch den flandrischen Grafen Ludwig III. von Male erneuerten Maklerrolle wieder die Solinger Faßgebinde erscheinen Item von alrehande grote bände, Frankenvords, Bremes ende Solinghe, von elken vate eenen groten" und wenn in den Zollrollen der Zeit nach wie vor Fässer und Karren mit Schwertern aufgeführt sind. Aber das Solinger Klingenhandwerk hatte zu dieser Zeit auch schon eine feste Organisation gefunden. Nicht nur, dass Graf Adolf VIII. (VI.) von Berg (1308 -1348) den Schwertfegern und Reidern erste Privilegien verlieh; in der Amtsrechnung des Burger Kellners Dietrich Smende vom Jahre 1363 erscheint auch ein Beauftragter der Handwerker, der eine Abgabe von dem Verbünde" entrichtet. Die Privilegierung der Feger und Reider sowie die Erwähnungen der Schmiede, Schleifer und des Scheidwörters von Gräfrath zeigen aber auch, dass schon eine Spezialisierung der Schwerthandwerker im Gange war. Nicht anders stand es in Ratingen, wo 1362 neben der Fraternitas fabrorum, der Bruderschaft der Schmiede, die Schleifer besonders genannt werden.
Spezialisierte Handwerker waren auch die Schleifer, die in jener Zeit in den rheinnahen bergischen Gemeinden tätig waren. Bereits 1230 erscheint ein Hermann, genannt Scleiph, in der Umgebung von Kaiserswerth, das selbst sogar eine Scleiverstraße besaß. 1327 wird eine Schleifmühle am Muhrbach bei Leichlingen erwähnt, und der bereits genannte Graf Adolf VIII. (VI.] von Berg verlieh zwischen 1308 und 1348 einer Bruderschaft von Messerschleifern in Bergisch-Gladbach Ordnung und Privileg. Aus dem Bruderschaftsbrief geht hervor, dass die Zunftgenossen außer Messern auch andere Waffen schliffen. Sie arbeiteten wohl, wie die Leichlinger Schleifer, in der Hauptsache für Köln, während in Kaiserswerth die heimischen Harnischmacher den Schleifern Beschäftigung gaben.
1355 und 1385 erscheinen auch Schleifer in der Herrschaft Hardenberg, was darauf hinweist, dass in dieser Gegend ebenfalls ein Eisengewerbe bestand. Überhaupt treten uns in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts immer wieder Schmiede und Schleifer in bisher noch nicht genannten Orten entgegen, so, um nur einige zu nennen, 1359 Tilmann, der Schmied zu Eiperkusen (Eipringhausen bei Wermelskirchen], 1362 die Sporenmacher Johann und Gerhard in Vohwinkel und im gleichen Jahre der Schmied Conrad und der Schleifer Gobel in Angermund. In Vohwinkel war damals auch Johann, der Sohn des Tacken, zuhause, dessen Name uns an die Lüttringhauser Sylverentacken des Jahres 1312 erinnert. Und in Angermund trägt 1362 ein Einwohner namens Henricus den bezeichnenden Beinamen Stahlofen (stailouen]! Aus allem ergibt sich, dass im Laufe des 14. Jahrhunderts der Eisenbedarf im Bergischen erheblich gestiegen war. Das erkennen wir vor allem, wenn wir uns klarmachen, dass neben den für die Ausfuhr produzierten Gütern, Schwertern, Sicheln, Sensen und Scheren, auch die vielen Kleineisenwaren des bäuerlich-bürgerlichen Eigenbedarfs, wie Nägel, Haken, Krampen, Tür- und Fensterbeschläge, Ketten, Ringe, Hufeisen usw., herzustellen waren. Das alles mag zum Teil noch Bauernarbeit aus hausgemachtem" Rennfeuereisen gewesen sein. Aber es ist unverkennbar, dass damals auch das Kleinschmiedehandwerk zu seiner Ausprägung kam.
Im 15. Jahrhundert wird die Entwicklung deutlicher. Die Solinger Schwerthandwerker erhalten in dem Zeitraum von 1401 bis 1472 neue Privilegien, die sämtlich auf älteren Begünstigungen aufbauen und erkennen lassen, dass sie im vorhergehenden Jahrhundert wurzeln. Die alte Ratinger Fraternitas fabrorum erscheint jetzt als Bruderschaft St. Loye, unter dem Schutz des hl. Schmiedes und Bischofs Eligius. Aber auch sonst treten überall Schmiedezünfte auf den Plan, die bereits im 14. Jahrhundert vorgebildet waren.
Die 1462 im Wupperviereck beheimatete Bruderschaft der Sichtschmiede wurde bereits genannt. In der Stadt Wipperfürth bestand um die gleiche Zeit eine Schmiedezunft. Und auch in der Tuchmacherstadt Lennep werden Schmiede genannt. In Radevormwald hatte sich ein Stahlschmiedeambacht gebildet, das, wie 1491 bekundet wird, schon seit Menschengedenken und darüber hinaus bestand. Ebenfalls in Radevormwald wurden damals auch Büchsen, Feuerrohre, hergestellt. Dasselbe war im oberbergischen Engelskirchen der Fall. Ein anderes Erzeugnis Engelskirchener Schmiede waren Pfannenscheiben, die wiederum auch im Eigen von Eckenhagen ausgeschlagen wurden. Alle diese Handwerker brauchten Eisen, um existieren zu können. Aber trotzdem der Eigenbedarf des Landes an diesem Werkstoff so gewaltig angestiegen war, wurde auch noch Eisen und Stahl aus dem Bergischen ausgeführt! In der Hauptsache lief diese Ausfuhr über Köln. Aber auch Dortmund wird vor allem in der ältesten Zeit daran beteiligt gewesen sein. (nach: Geschichte des Hütten- und Hammerwesens im ehemaligen Herzogtum Berg. Von E. Erwin Stursberg. Remscheid 1964. Beiträge zur Geschichte Remscheids, herausgegeben vom Stadtarchiv Remscheid)