„Klausen ist 538 Jahre alt. Im Jahre 1487 wird zum ersten Mal der Ahnherr der Kleusers, ein Herr Claußen mit sechs Höfen genannt. (Er hatte) zwei männliche Nachkommen, Hens und Hermans Clauhusen, erwähnt 1547. Danach wird es einen Peter auf Klausen geben. Aus den Urformen des Namens wird spätestens um 1605 der Name Kläuser. Kurz danach kommt auch der erste Kleuser mit einem E anstelle des Ä zum Zuge, Peter Kleuser. Wer zuerst da war, die Kleusers oder der Ortsteil Klausen, ist nicht ganz klar, möglich ist, dass die Kleusers die Ersten auf Klausen waren und damit namensgebend für den Ortsteil Klausen, wahrscheinlich aber auch mit prägend für die endgültige Bezeichnung Lüttringhausen, ab 1502 hieß es nämlich Lüttriynhusen. Auffällig ist dabei die Namensendung „Husen“… (…)
Die Goldenberger Kleusers spezialisierten sich etwa ab 1600 in Zünften der Hammerschmiede und Kottenbetreiber, später dann waren sie nur noch Hammerschmiede. Im 30-jährigen Krieg, speziell im letzten Teil, dem französisch-schwedischen Krieg ab 1635, kamen das Bergische Land und die Kleusers nicht so ganz glimpflich davon. Sie litten aber nicht übermäßig, blieben von Massakern, Plünderungen und Seuchen verschont und hatten nur geringe materielle Verluste. Allerdings verloren die Goldenberger Kleusers ihre privilegierte Stellung weitgehend, ihre Höfe gingen in Einzelbesitz über an Nachkommen, die etwas Eigenes, Alleiniges haben wollten, oder wurden aufgegeben bzw. zurückgegeben oder verkauft. Lediglich der Hammer im Diepmannsbachtal und der Singerberger Hammer, mit dem gemeinsamen Domizil oben auf dem Goldenberg blieben im Besitz meiner direkten Vorfahren.
Beide am gleichen Bach, Luftlinie ca. 1.000 Meter voneinander entfernt, Ersterer wurde als Wasserhammer benutzt, Letzterer mehr als Kotten, … waren beliebter Anlaufpunkt für die durchziehenden Truppen auf der hier verlaufenden Kohlenstraße, konnten sie doch alles aus einer Hand bieten, nämlich schmieden und schleifen der Waffen, ausbessern von Rüstungsteilen, beschlagen und füttern der Pferde usw.
Da hängen nun meine Ahnen an der Wand in meinem Wohnzimmer, in einem Stammbaum verewigt. In den fünfziger Jahren wurde er das letzte Mal ergänzt von Onkel Emil, der den Plan auch erstellen ließ und meinem Vater zu seinem Ausscheiden aus der Firma schenkte. Unten rechts das Wappen, bestehend aus einem breiten Harnisch, einer Kirche auf einem Hügel, dazu Blüten- und Blätterschmuck. (…) Als mein Vater 1977 in Pension ging, wurde er gefragt, was er sich aus dem Bürohaus des Firma Carl Kleuser als Andenken mitzunehmen wünsche. Die Frage gab er an mich weiter, und ich sagte spontan, den Stammbaum dort. (…) Ein solches Gemälde - obwohl ja gar kein Gemälde, sondern mehr eine Zeichnung - hat etwas Mystisches, etwas Bleibendes an sich, regt die Fantasie an, ist Neugierde pur, ist Glaube, ist Bodenständigkeit, ist lebendige Geschichte und wertlos für die Allgemeinheit, nur nicht für mich.
Wie haben meine Vorfahren getickt? Habe ich auf Umwegen auch ein paar Gene, natürlich von den Herausragenden, abbekommen? (…) Die menschliche Existenz braucht neben Sex, einem Dach über den Kopf, auch Geschichten. Die müssen ja nicht immer in Worte gefasst werden. Reden kann ich auch in meinem Inneren zu denen, die vermeintlich nur an der Wand hängen.
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