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Krimi-Autor und "Landstraßen-Missionar" Ommerborn

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Johann Christian Josef Ommerbornvon Dr. Wilhelm R. Schmidt

Die Rubrik Lennep-Literatur auf der Website http://www.lennep.eu/lenneper-literatur wächst und enthält auch Literatur, die nicht im Buchhandel erschienen ist, sondern die nur digital, jedoch frei zugänglich vorliegt, z.B. in wissenschaftlichen Bibliotheken oder Archiven. Die jüngste Erweiterung ist der Link auf einen historischen Roman, der kurz vor 1900 in Lennep spielt: „Pastor Hans Kroppmann“ des Schriftstellers J.C.J. Ommerborn, 1923 entstanden und heute allenfalls antiquarisch verfügbar.

Johann Christian Josef Ommerborn wurde 1863 in der preußisch-bergischen Kreisstadt Lennep geboren. Einer seiner Vorfahren war der bekannte Pastor Johann Peter Ommerborn aus Hof Ommerborn in Wipperfürth, der 1795 den Widerstand der bergischen Bauern gegen die französischen Revolutionstruppen organisiert hatte. Von seinem Vater erbte Ommerborn nach eigener Aussage die Lust zu fabulieren und die ausgeprägte soziale Anteilnahme, ebenso ein tiefgehendes religiöses Bedürfnis. Eine höhere Schulbildung blieb ihm aufgrund einer bescheidenen Herkunft versagt. Bis zum 30. Lebensjahre war Ommerborn Fabrikarbeiter und gehörte wechselnden sozialdemokratischen bzw. anarchistischen Bewegungen an. Schon früh schrieb er unter verschiedensten Pseudonymen zahlreiche Kriminal- und Kolportageromane, später Novellen und Erzählungen mit christlichen und sozialen Themen. "Dass ich schreibe, ist lediglich meine Parteinahme für die Letzten der Gesellschaft" formulierte er in einem eigenhändigen Lebenslauf, der in der Universitätsbibliothek Bonn erhalten ist, und "seit 1910 gehöre ich der reformierten Kirche an".

Hinweis auf Ommerborns Missiontätigkeit.Ein Kriminalroman des Lenneper AutorsOmmerborns Lebensweg war unruhig, vagabundenhaft und hat Anzeichen psychischer Erkrankung. In fortgeschrittenem Alter gründete er eine Landstraßenmission in Wuppertal-Barmen, war ihr Leiter, ging selbst missionierend und helfend auf die Straße und gab die "Vierteljahreshefte für Landstraßenmission" heraus. Sein Verhältnis zur etablierten Kirche war zwiespältig bis ablehnend. Mit Bethel lag er in Fehde und warf den Bodelschwinghschen Anstalten unchristliche Herrschaftsstrukturen und die Ausbeutung ihrer Schutzbefohlenen vor. Ommerborns Lebensanschauung kann man am ehesten als einen individuellen radikalchristlichen Sozialisms bezeichen.

„Pastor Hans Kroppman“ schildert die Entwicklung des katholisch geborenen Titelhelden zum evangelischen Pfarrer ebenso wie die damaligen soziale Zustände (wie z.B. die Armut oder das Schnapstrinken)  und innerkirchliche Richtungskämpfe. Ommerborn lebte überwiegend in Wuppertal, wo er 1938 auch starb. Ein vor dreißig Jahren nachträglich aufgelegter Band mit Erzählungen Ommerborns zeigt deutliche Spuren fremder und glättender Bearbeitung. Heute interessieren sich für Ommerborn nur noch Historiker der Trivial- und Kriminalliteratur sowie der Sozial- und Anarchismusforschung.

 


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