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Mit den Behörden machte ich nicht die besten Erfahrungen

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Kazem Safarli, geboren 13.1.1945 in Maschhed / Iran, seit 1982 in Remscheid:

„Maschhad ist die Hauptstadt des iranischen Bundesstaates Razavi-Chorasan und die zweitgrößte Stadt Irans. Sie liegt 850 km östlich von Teheran auf einer Höhe von rund 985 m am Fluss Kashaf. Maschhad hat über 2,5 Millionen Einwohner hauptsächlich iranischer, arabischer und afghanischer Herkunft sowie ein große kurdische Minderheit.

Die Vorfahren meiner Eltern stammen aus der damaligen sowjetischen Republik Aserbaidschan, aus Bergkarabach. 1925 sind meine Eltern dann als Flüchtlinge in den Iran gereist. Ich bin nach meinem Abitur im Iran 1967 nach Deutschland eingereist. Ich habe zunächst einen Sprachkurs besucht, damit ich deutsch lerne. Dann habe ich das deutsche Abitur absolviert. In Bonn habe ich Medizin studiert und dort auch promoviert, Juli 1976. 1974 habe ich meine deutsche Frau geheiratet. Wir haben uns im Studium kennen gelernt. Sie ist Lehrerin.

In den Jahren, in denen ich bereits in Deutschland lebte, zeichneten sich die Unruhen im Iran unter dem Regime Khomeni ab, so dass es überhaupt keine Überlegungen einer Rückreise in den Iran gab. Ich habe an verschiedenen Kliniken und Krankenhäusern gearbeitet. 1982 habe ich meine Facharztprüfung abgelegt. Zu dieser Zeit, 1982, war Remscheid aus Sicht der Kassenärztlichen Versorgung ein Notstandsgebiet. In diesem „Notstandsgebiet“ mussten Arztpraxen besetzt werden. Vom damaligen Regierungspräsident wurden Ärzte in diese „Notstandsgebiete“ geschickt. So bin ich nach Remscheid gekommen und seitdem bin ich hier. Mittlerweile ist meine Tochter auch Ärztin. Ab September dieses Jahres betreiben wir die Praxis gemeinsam.

Ich habe den Vorteil, mehrere Sprachen zu sprechen: deutsch, farsi (das ist persisch), aserbaidschanisch und türkisch. Hinzu kommt etwas englisch und ein paar Grundkenntnisse in ein paar europäischen Sprachen.

Als ich 1982 als Arzt nach Remscheid kam, war es schwer, auch eine geeignete Wohnung zu finden. Die Mieten waren sehr hoch. Manchmal äußerte ein Vermieter, das kleine Kind, unsere Tochter, würde stören. Ich war ca. drei Monate lang fast täglich auf Wohnungssuche. Erst als ich dann eine Wohnung gefunden hatte, habe ich mir die Praxis eingerichtet.

Das erste Problem hier in Remscheid hatte ich beim Ausländer– und Einwohnermeldeamt. Die Sachbearbeiterin hat mich bereits bei meiner ersten Vorsprache geduzt. Das hinterließ keinen guten Eindruck. Teilweise passiert so etwas heute noch; erst wenn ich meinen Doktortitel nenne, erlebe ich mehr Respekt.

Meine persönlichen Erfahrungen mit den Remscheider Behörden sind nicht die besten. Es beschränkt sich zwar nur auf einige Vorsprachen, aber die haben meinen Eindruck geprägt. Ich schicke lieber meine Frau oder frage jemanden, den ich kenne. Es wäre wünschenswert, etwas mehr Freundlichkeit und Höflichkeit zu erfahren; schließlich ist die Verwaltung für die Einwohner da und nicht die Einwohner für die Verwaltung.

Ich habe z.B. beim Umzug der Arztpraxis für Umbaumaßnahmen 13 Monate auf eine Baugenehmigung gewartet. Erst als der damalige Oberbürgermeister Reinhard Ulbrich sich meiner Sache angenommen hat, bekam ich die Baugenehmigung.

Allerdings gibt es auch positive Eindrücke, das sind die Mitarbeiter im Gesundheitsamt. Dr. Neveling und sein Team sind immer sehr zuvorkommend, immer sehr hilfsbereit. Dr. Neveling selbst ist ein hervorragender Kollege und ein hervorragender Mensch.

In Remscheid muss eine bessere Zusammenarbeit in der Politik stattfinden. Kulturangebote in Remscheid sind rar, außerdem liegt in Remscheid überall Dreck. Die Trasse des Werkzeugs z.B. ist eine Hundekotweg. Da kommt aber keiner kontrollieren und verteilt Knöllchen. Als ich 1967 nach Deutschland kam, habe ich mich gewundert, wie sauber Deutschland ist, heute liegt überall nur Dreck, Bierflaschen, Schnapsflaschen usw. Es fehlt Respekt und Verantwortungsbewusstsein.

Aber es gibt auch sehr Schönes und Positives in Remscheid: Das ist zunächst natürlich das Röntgenmuseum, in dem das Leben und Arbeiten des wohl bekanntesten Remscheiders anschaulich dargestellt ist,  das ist das Werkzeugmuseum, durch das mich Herr Orth sach- und fachkundig geführt hat, das ist die Müngstener Brücke, die alle meine auswärtigen Besucher bestaunen oder bewundern, • die vielen schönen Wanderwege durch Felder und Wälder, vorbei an der Talsperre oder den zahlreichen alten „Kotten“, und nicht zu vergessen: die köstliche „:Bergische Kaffeetafel“.

Direkt am Anfang der Zeit hier in Remscheid, 1982 oder 1983, habe ich Erfahrung gemacht mit dem typischen Remscheider Sturkopf. Ich habe schnell gelernt. Ich gehe dann zu einer lockeren Art über. Manchmal ist es allerdings erforderlich, auch mal die sture Art anzuwenden, das funktioniert! (weiter auf der 2. Seite)

Klicken führt zum'Zeitstrahl' der AusstellungZur 200-Jahr-Feier der Stadt Remscheid stellte Heike Hildebrandt vom damaligen Migrationsbüro der Stadt eine Ausstellung („Zeitzeugen-Projekt“) zusammen mit Schilderungen zahlreicher „Zeitzeugen der Zuwanderung“, deren neue Heimat Remscheid geworden war. Das ist jetzt zehn Jahre her. Doch die Geschichten sind es wert, nach vorne gestellt zu werden. Denn darin erzählen die „Zugereisten“, warum sie ihre Heimat verlassen haben, wie sie hier in Remscheid ankamen, welche Erwartungen, welche Hoffnungen, welche Enttäuschungen sie erlebten und warum sie sich trotzdem mit Remscheid verbunden fühlen. Zuwanderung begann aber nicht erst mit den "Gastarbeitern", sondern schon Ende des 19. Jahrhunderts mit italienischen Straßenbauern. Und nach dem nach dem Zweiten Weltkrieg folgten Vertriebene, Flüchtlinge und Heimatlose.
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