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Die Frauen im Prozess gegen Selma Hahn

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Am 9.5.1934 fand vor dem 1. Senat des Oberlandesgerichts in Hamm der Prozess „Selma Hahn“ statt. Er beschäftigte sich mit den Aktivitäten der Gruppe um Selma Hahn für die „Rote Hilfe“, einer Unterstützungsorganisation für politisch Verfolgte in der Nazizeit und deren Familien. Von den insgesamt 26 Angehörigen des Prozesses waren nur elf aus Remscheid. Angeklagt waren neun Frauen, drei Frauen aus Remscheid. Drei Angeklagte sind freigesprochen worden. Die übrigen 23 Angeklagten wurden insgesamt zu einer Gefängnisstrafe von 26 Jahren und vier Monaten verurteilt.

Selma Hahn, die Die Hauptangeklagte, wurde am 14.6.1906 in Remscheid geboren. Sie erlernte den Beruf einer Kontoristin und trat schon früh in die KPD ein, wurde dort Funktionärin und war bei den Kommunalwahlen am 12.3.1933 in den Remscheider Stadtrat gewählt worden. Da die Nazis aber bereits die KPD verboten hatten, konnte sie dieses Mandat nicht ausüben.

Selma Hahn war gleich nach der Machtübernahme der Nazis als Kassiererin der „Roten Hilfe“ des Bezirks Niederrhein tätig, organisierte die Verteilung von Informationsmaterial über Verhaftete und die Unterstützung der vorwiegend mittellosen Familienangehörigen. Am 11.9.1933 erfolgte ihre Verhaftung. In dem Prozess am 9.5.1934 in Hamm erhielt sie eine Gefängnisstrafe von einem Jahr und sieben Monaten. Sie war vom 11.9.1933 bis 9.4.1935 inhaftiert in den Gefängnissen Remscheid, Wuppertal, Düsseldorf, Hamm und Anrath. Durch diese Haft erlitt sie schwere gesundheitliche Schäden, deren volle Anerkennung ihr durch die Wiedergutmachungsbehörde des Landes Nordrhein-Westfalen verwehrt wurde.

Selma Hahn hat sich nach dem 2. Weltkrieg in der KPD und der VVN - Bund der Antifaschisten engagiert. Viele Jahre war sie Kreisvorsitzende der letztgenannten Organisation in Remscheid. Nachfolgend ein von Selma Hahn verfasster Bericht über ein Erlebnis als Kassiererin der „Roten Hilfe“:

Wie viele Nächte wusste man nicht wohin...!

„Es war im Frühjahr 1933, in den ersten Apriltagen, als ich als Kassiererin des Bezirks Niederrhein der „Roten Hilfe“ abends in Hagen in Westfalen meine letzte Kassierung getätigt hatte und nun mit der Kassiererin dieser Stadt beratschlagte, wo ich die Nacht unterkommen konnte, da ich den nächsten Tag nach Lüdenscheid weiter musste. Dies war neben manchen anderen schwierigen Problemen ein besonders heikles, denn überall waren Späheraugen, Denunzianten und unverantwortliche Menschen, die durch unbedachte Redensarten die illegal gegen das verruchte System arbeiten-den Genossen und Freunde in Haft und Tod brachten.

Gegen Mitternacht endlich fand ich Unterkunft bei einem Ehepaar, das zwei kleine Kinder hatte. Der Mann war, wie viele andere, arbeitslos und die Lebensverhältnisse waren äußerst schwer, auch bei ihnen. Froh, wenigstens für die Nacht untergekommen zu sein, schlief ich bei den Kindern in einem Bett gemeinsam, halb entkleidet und ohne Schlaf zu finden. Mit offenen Augen starrte ich in das Dunkel der Nacht und grübelte darüber nach, wie ich die morgigen Verhältnisse vorfinden würde. Am nächsten Morgen, der für mich eine Erlösung von fruchtloser Grübelei war, standen wir frühzeitig auf und tranken gemeinsam Kaffee, aßen einige Brötchen, die ich besorgt hatte, und wollten gerade die kärgliche Mahlzeit beenden, als es an die Tür klopfte. Herein traten zwei Männer, die sich als Kriminalbeamte auswiesen und die Wohnung zu durchsuchen begannen.

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