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Das Grundgesetz fordert auch Verantwortung ein

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Aus Anlass des 70. Jahrestages der Feststellung und Veröffentlichung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland durch den Präsidenten des Parlamentarischen Rates hatte Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz zu einer Feierstunde ins Foyer des Teo Otto Theaters eingeladen. Sie begann gestern um 18 Uhr. Die Festreden hielten Amtsgerichtsdirektor Dr. Thomas Künzel sowie Prof. Dr. Martin Wortmann, Präsident der Rheinischen Fachhochschule Köln. Musikalisch umrahmt wurde die Feierstunde vom Streichquartett der Bergischen Symphoniker.

„Sollen wir diesen Geburtstag feiern?“, fragte der OB die Gäste bei der Begrüßung. „Mit dieser Frage haben wir uns in den vergangenen Monaten sehr beschäftigt. Ist die Zahl 70 ein Anlass? Ist es nicht eher eine Aufgabe des Bundes oder des Landes? Nein, meine Damen und Herren, gerade heute ist es wichtig, sich des 23. Mai 1949 zu erinnern, als der parlamentarische Rat das Grundgesetz verkündet hat. Es wurde bewusst noch nicht als Verfassung deklariert, weil diese dem vereinigten Deutschland vorbehalten bleiben sollte. Die Mütter und Väter des Grundgesetzes, unter ihnen zeitweilig auch der Remscheider Hugo Paul, setzten sich bei der Formulierung zum Ziel, die Erfahrungen und Webfehler der Weimarer Politik und die Gräuel der Nazidiktatur einfließen zu lassen. Es sollte Grundlage werden für einen Staat mit starken und unveränderlichen demokratischen Strukturen.“

Sodann zitierte der Oberbürgermeister aus den Artikeln, die zu den Grundrechten gehören:

  • Artikel 1: (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
  • Aus dem Artikel 3: (1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Oberbürgermeister Burkhard  Mast-Weisz begrüßte die Gäste. Foto: Lothar KaiserDiese Grundrechte sind gleichermaßen Grundpflichten und sind die Grundlage für unseren Staat, für unsere Stadt. Sie zu schützen, zu bewahren und mutig zu leben, das ist unsere gemeinsame Verantwortung. Unsere Verfassung schenkt uns das Recht auf Freiheit und Selbstbestimmtheit. Sie nimmt uns aber auch in die Verantwortung. Unsere Verantwortung lautet, dass wir uns gemeinsam für die Würde eines jeden einzelnen Menschen, der in unserer Stadt lebt, einsetzen. Diese Aufgabe gilt jedem und jeder einzelnen von uns. Sie zu leben ist der Kitt unserer Stadtgesellschaft. Niemand von uns kann sich dieser Verantwortung entziehen.“

Am kommenden Sonntag werde das europäische Parlament gewählt, fuhr Burkhard Mast-Weisz fort. „Wir sind dazu aufgefordert, unsere Stimme für ein starkes Europa abzugeben. Für mich ist dieses Wahlrecht eine Wahlpflicht. Das habe ich auch meinen Kindern vermittelt. Es darf nicht sein, dass wir dieses Recht nicht wahrnehmen, während in vielen Staaten dieser Welt Menschen darum kämpfen, wählen gehen zu können.

Ich weiß, dass es manche berechtigte Kritik an der europäischen Bürokratie gibt. Die sollte man auch ruhig laut äußern. Was mich aber entsetzt, sind die europafeindlichen Strömungen, die wir in vielen Mitgliedsstaaten der EU, auch bei uns erleben. Ein geeintes Europa sichert uns seit vielen Jahren den Frieden auf einem Kontinent, der in zwei vom deutschen Boden ausgehenden schrecklichen Weltkriegen verwüstet wurde, dem viele Millionen Menschen zum Opfer gefallen sind. Diese Erfahrungen, meine Damen und Herren, waren Triebfeder für die Autoren unseres Grundgesetzes. Deswegen müssen wir alles dafür tun, unser Grundgesetz und insbesondere die darin formulierten Grundrechte zu schützen.“

Der OB erinnerte an Aufmärsche Rechtsradikaler, vor allem in ostdeutschen Städten, aber auch in der Nachbarschaft, an unverhohlene Aussagen, man sei Hitlers Erben, und er kritisierte die AfD als eine Partei, „die mit Identitären und Reichsbürgern zusammenarbeitet und Neonazis beschäftigt, deren führende Mitglieder das Holocaust- Mahnmal als Schande und den Faschismus als Schiss bezeichnet.“ Und für Europa kandidiere auch Die Rechte, „kürzlich noch in Wuppertal aufgetreten, eine Partei, deren Spitzenkandidatin wg. ständiger Verleugnung des millionenfachen Mordes jüdischer Menschen inhaftiert ist und die deswegen glorifiziert und von ihren Parteimitgliedern als politische Gefangene bezeichnet wird.“ All dies seien Gründe, nicht beruhigt zu feiern; „Wir dürfen den Geburtstag unseres Grundgesetzes feiern und ihn als Aufgabe an uns alle verstehen, diese wunderbaren Grundrechte auch weiterhin zu schützen. Die Würde des Menschen ist unantastbar. Dies ist ein umfassender Auftrag an jede und jeden von uns. Es geht im weitesten Sinne darum, die Schöpfung zu bewahren, sich für würdige und gerechte  Lebensbedingungen aller Menschen einzusetzen. Dieser erste Satz unserer Verfassung muss Grundlage all unseres Handelns sein. Immanuel Kant hat es so formuliert: ‚Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könnte‘!“


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