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Stolpersteine erinnern auch an Homosexuelle

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von Jürgen Wenke

In Krefeld-Uerdingen, Schützenstr. 17, liegt seit  dem 14. November ein „Stolperstein gegen das Vergessen“, verlegt vom Kölner Künstler Gunter Demnig zur Erinnerung an August Kaiser. Am selben Tag wurde auch für den Elektromonteur Carl Becker (Duisburg 1885 - Dachau 1953), der wie Kaiser als Homosexueller verfolgt worden war, in der Dreikönigenstraße in Krefeld ein Stolperstein verlegt.

Die Eltern von  August Kaiser, geboren am 7.2.1889 in Dülken, heute ein Stadtteil von Viersen bei Mönchengladbach, waren der kath. Handelsmann Peter Heinrich Kaiser (geboren in Viersen 1850) und dessen Ehefrau Anna Gertrud Kaiser, geb. Derichs. August Kaiser blieb ledig und zog von Dülken im April 1929 nach Uerdingen und im Mai 1932 nach Köln, kam aber bereits 1936 zurück  nach Uerdingen. Ab 27. März 1937 wohnte er in der Schützenstraße 17. Am 20. November 1941 wurde Kaiser von der Kölner Polizei wegen „widernatürlicher Unzucht“ verhaftet.

Für August Kaiser vergingen nach der Verhaftung bis zur Verurteilung fast sieben Monate, was darauf hindeutet, dass umfangreich von der Polizei ermittelt wurde, mit Sicherheit auch im persönlichen Umfeld. Oftmals waren auch Wohnungsdurchsuchungen und Beschlagnahmungen von Briefen, Postkarten, Adressbüchern, Vernehmungen von anderen Beschuldigten oder Arbeitskollegen usw. Teil der für den Beschuldigten hochgradig belastenden Prozedur. Am 8. Mai 1942 wurde August Kaiser vom Landgericht Krefeld wegen homosexueller Kontakte zu dreieinhalb Jahren Zuchthaus verurteilt unter Anrechnung von vier Monaten U-Haft. Die Anrechnung der U-Haft auf die Strafdauer legt den Schluss nahe, dass Kaiser homosexuelle Kontakte zugegeben hatte. Rechnerisches Strafende sollte der 8. Juli 1945 sein.

August Kaiser war zum Zeitpunkt seiner Verurteilung vor dem Landgericht Krefeld am 8. Mai 1942 ein lebenstüchtiger, gebildeter Mann von 53 Jahren. Er wusste, dass ihm keine wirklich freie Entscheidung blieb: Entweder Haftverbüßung und anschließende Sicherungsverwahrung, mit der Folge, wahrscheinlich in ein KZ deportiert zu werden, falls er sich nicht „freiwillig“ zur Kastration bereit erklärte oder als Alternative Haftverbüßung und anschließende wahrscheinliche Entlassung, wenn er der Kastration zustimmte (Wir wissen heute, dass diese in Aussicht gestellte Entlassung auch in zahlreichen Fällen auch dann nicht gewährt wurde, wenn die Kastration erfolgt war).

Zur Strafverbüßung wurde August Kaiser von Krefeld am 27. Mai 1942 in das Zuchthaus Remscheid-Lüttringhausen überstellt. Dort wurde ihm, vermutlich von einem Arzt, attestiert, dass er „moorunfähig“ war, d.h. er war zu Schwerstarbeit in einem der Moorlager im Emsland nicht fähig. Seine im Urteil verlangte Kastration  wurde wahrscheinlich im Bezirkskrankenhaus des Gefängnisses Düsseldorf-Derendorf vorgenommen. August Kaiser starb während der Zuchthaushaft in  Lüttringhausen am 24. Januar 1944 im Alter von 54 Jahren. Als Todesursache wurde in der Zuchthauskarteikarte „Herzmuskelschwäche“ angegeben, auf der Sterbeurkunde „hochgradige allgemeine Körperschwäche.“

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