Teil I
Nachdem Napoleon im Jahre 1806 Preußen besiegt und damit fast alle festländischen Staaten unter seine Botmäßigkeit gezwungen hatte, versuchte er auch gegen das meerbeherrschende England, dem er mit seinen Heeren nicht beikommen konnte, einen vernichtenden Schlag zu führen. Am 21. November 1806 verhängte er von Berlin aus die Blockade über die britischen Inseln, indem er allen Handel und Verkehr, sowie jeden Briefwechsel mit englischen Firmen aufs strengste untersagte. Alle aus England und seinen Kolonien kommenden Waren sollten beschlagnahmt und der Handel mit ihnen sollte verboten werden. England parierte diesen Schlag, indem es den neutralen Mächten den Handel mit Frankreich und das Einlaufen ihrer Schiffe in französische oder unter französischer Botmäßigkeit stehende Häfen untersagte. Darauf erließ Napoleon am 25. Januar 1807 von Warschau aus ein neues Dekret, wodurch die Konfiskation sämtlicher in den Hansastädten beschlagnahmten englischen Waren verfügt wurde. England antwortete mit der Blockierung der Elbe, Weser und Ems, die später noch auf alle anderen, den englischen Schiffen verschlossenen Häfen ausgedehnt wurde. Ferner wurde bestimmt, dass jedes mit einem französischen Pass versehene Schiff gekapert und nur den Neutralen der Verkehr zwischen den Kolonien und ihrem Vaterland gestattet sein sollte. In dieser Weise wurde der Kampf zwischen den Gebietern des Festlandes und des Meeres mit immer schärferen Mitteln bis zum Jahre 1813 weitergeführt.
Hier Teil II |
Das Kontinentalsystem, dessen Folgen in der Verteuerung wichtiger Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände jeder am eigenen Leibe zu spüren bekam, machte den Namen des Gewaltherrschers bald in den weitesten Kreisen unbeliebt. Da die ausländischen Waren nicht entbehrt werden konnten, so setzte bald ein umfangreicher Schleichhandel ein, und Napoleon selbst sah sich später veranlasst, die Einfuhr gewisser Waren, allerdings nur gegen hohe Abgaben zu gestatten.
Weil das Bergische Land unter französischer Herrschaft stand, ohne jedoch mit Frankreich verbunden zu sein, so wurde die Ausfuhr seiner Erzeugnisse besonders scharf überwacht und zeitweilig fast ganz unmöglich gemacht. Unter den Maßnahmen der fremden Behörden hatten sowohl die Wuppertaler Weberei und Bandfabrikation als auch die Waffen- und Werkzeugindustrie der Solinger, Remscheider, Cronenberger und Lüttringhauser Gegend zu leiden. Gerade in diesem Gewerbezweige machte sich der englische Wettbewerb besonders fühlbar, und es bestand die Möglichkeit, dass englische Waren durch Vermittlung Remscheider Handelshäuser als Bergische Erzeugnisse nach den französischen Gebieten eingeschmuggelt wurden. Dem suchte man durch scharfe Kontrollbestimmungen, drakonische Strafandrohungen und Einführung vonUrsprungszeugnissen vorzubeugen. Wie rücksichtslos man dabei namentlich in der späteren Zeit, als die Verhältnisse sich immer mehr zuspitzten, vorging, beweist ein Handelsbericht, den der Präses in Elberfeld, Johann Caspar Nieland, im März 1812 an die Bergischen Kaufleute versandte. Nachdem er auf die Notwendigkeit genauerer Deklarierung, richtiger Gewichtsangabe und vollständiger Übereinstimmung der Waren mit den Ursprungszeugnissen hingewiesen hat, fährt er fort: Früher stand auf dem Defraudieren keine andere Strafe als Verlust der Ware und Geldstrafe, jetzt aber Wegnahme der Ware, Konfiskation des Schiffes und des Wagens mit Zubehör, Arrestierung der Schiffer und Fuhrleute und Arrestierung des Spediteurs; außerdem wird der Prozess eingeleitet und nach Artikel 15 des bekannten Dekrets vom 18. Oktober 1810 zehn Jahre Zwangsarbeit und das Brandmal auf die Schulter nebst Schadenersatz für den Staat verhängt.
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