Teil II, Paul Legers: Die Remscheider Werkzeug- und Eisenindustrie von der Einführung der Gewerbefreiheit bis zum Ausbruch des Weltkriegs
In der Natur des kollektivistisch" eingestellten Staates der Gegenwart liegt es erst recht, dass er auf die Kleinen" im Wirtschaftsgefüge keine Rücksicht nimmt, weil ihnen die sinnfällige Wirkung mit Menschenmasse und Betriebsgröße versagt ist. Ihre Lage muss sich daher umso gefahrvoller gestalten, weil die gesetzlichen Maßnahmen, besonders auf dem Gebiete der Festsetzung und Erhebung der staatlichen Gefälle und Steuern, schematisch aufgebaut sind und diesen Zwischenstufen zwischen Industrie und Handwerk keine Rechnung tragen. In wachsendem Umfange werden für alle industriellen Betriebe, unabhängig von ihrer Größe, gleiche Grundsätze aufgestellt. So wird es unmöglich, einzelnen Gruppen Sonderregelungen zuzuerkennen, wo es deren Natur angemessen und der allgemeinen Rechtsgleichheit nicht zuwider ist.
Die soziale Gesetzgebung umspannt die Kleinen" mit den gleichen Auflagen wie die größeren Unternehmungen. Kapital- und Kreditnot wirken sich für jene schärfer aus. Zugleich findet eine steigende Syndizierung aller Vor- und Hilfserzeugnisse statt, durch die gleiche Zahlungsbedingungen für jeden Abnehmer geschaffen werden. So sieht sich die Schicht kleiner Betriebe in einen Verwaltungs- und Organisations-Apparat hineingestellt, dem weder der Umfang der Arbeitsstätten noch Denkungsart und Vorbildung der Inhaber im allgemeinen entsprechen. Damit wird ihnen ihre Überlegenheit über den größeren Fabrikbetrieb genommen, die in ihrer Arbeitszeit, ihrer spesenlosen Absatzweise und den daraus entstehenden billigen Gestehungskosten begründet war.
13. Die größeren Fabrikanten, deren Daseinskampf sich in der Gegenwart gleichfalls verschärfte, hätten den Stamm der Führer stellen können, um die sich leichter die große Masse der kleineren Betriebsinhaber vereinigt hätte. Die ihrer Wirtschaftskraft nach bedeutenderen Betriebe der Werkzeugindustrie des Bergischen Landes sind jedoch in ihrer Organisationskraft schon deshalb gehemmt, weil ein Teil von ihnen an den deutschen Großhandel, der andere an den letzten Verbraucher unmittelbar liefert, wodurch sich manche Unterschiedlichkeit in der Beurteilung wirtschaftlicher Faktoren erklärt. Ihr Streben blieb vor allem eingeengt durch die Einstellung der Mehrzahl der kleineren Unternehmer. Da diese fast ausschließlich auf den Absatz ihrer Waren an den ortsansässigen Handel angewiesen sind, ist eine Einheitlichkeit der Betrachtung wirtschafts- und verbandspolitischer Aufgaben in hohem Maße in Frage gestellt.
"Organisation war die Sache der kleinen Fabrikanten nicht" vollständig lesen