von Dr. Wilhelm R. Schmidt
Liebe Freunde des Bergischen Landes, liebe Lenneper,
bald schon ist Heiligabend, und trotz Corona werden Geschenke ausgepackt. In vielen Haushalten kommt eine Gans auf den Tisch oder andere schöne Gerichte, die die meisten von uns sich heutzutage leisten können. Wir leiden sehr unter der Pandemie, aber der Blick zurück zeigt uns, dass es früher auch schwierige Zeiten gab, u.a. solche, in denen man sich genau überlegen musste, was man überhaupt auf den Tisch bringen konnte. In meinen Lenneper Materialien fand ich dieser Tage ein Original eines Schulspeisezettels, schön "abgenudelt" wahrscheinlich auf einer frühen Rotaprint-Kurbelmaschine für eine beschränkte Anzahl von Kopien. Solche Maschinen waren in der nichtdigitalen Zeit unersetzliche Arbeitsmittel für Behörden, Firmen und Ausbildungsbereiche. Das Remscheider Original ist, auch wegen der damals schlechten Papierqualität, entsprechend vergilbt und brüchig. Was den Nachkriegsschülern damals als von den Besatzungsmächten eingerichtete Schulspeisung geboten und den einzelnen Schulen zugeteilt wurde, war sehr übersichtlich (oft Gries- oder Haferflockenbrei); der Nährwertdurchschnitt sollte (nur) 353 Kalorien liegen.
Unterzeichnet ist der historische Print von Dr. Hans Tigges, von dem beim Geschichtsverein noch ein Bändchen zur Remscheider Nachkriegsgeschichte erhältlich ist. Es trägt den Titel "Eine Stadt half sich selbst - Remscheid nach dem Kriege - Aus den Erinnerungen eines Zeitzeugen". Unter dem Motto "Remscheid hilft sich selbst fand in den Wintern 1946/47 und 1947/48 eine beispiellose Hilfsaktion zugunsten der Bombengeschädigten, der KZ-Entlassenen, der Flüchtlinge und der heimkehrenden Kriegsgefangenen statt. Dabei zeigte sich die Solidarität der Bevölkerung mit denen, denen der Krieg alles genommen hatte. Gespendet wurden Berge von Bekleidung, Hausrat, Möbel, alles das, was es regulär nicht zu kaufen gab. Obwohl es nach den Kriegsjahren an fast allem mangelte - die Menschen teilten! Die Aktion erregte weit über die Stadt hinaus großes Aufsehen. U.a. gab es eine Verlosung zu Gunsten dieser Aktion. In meinen Archivunterlagen finden sich hierzu noch zwei gut erhaltene Losexemplare, die ich Ihnen nicht vorenthalten möchte. Und damit einen besinnlichen dritten Advent in einer durchaus besseren Zeit!