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Als noch ganz Lennep eine Gerüchteküche war

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von Dr. Wilhelm R. Schmidt

Liebe Lennepfreunde,

als ich dieser Tage wieder einmal durchs Städtchen schritt, da genoss ich erneut das schöne alte Lennep, oder besser: seinen Stadtkern innerhalb der Wallstraße. Nur die Älteren von uns haben vielleicht noch in persönlicher Erinnerung, dass die heutige Straßenführung im Prinzip zwar nach wie vor dem mittelalterlichen Vorbild folgt, dass es aber Mitte des vorigen Jahrhunderts vielerorts noch viel enger war. Man kann sich das gut vorstellen, wenn man z.B. bedenkt, dass bis 1945 auf dem oberen Alten Markt nicht nur das 1791 erbaute Steinerne Rathaus stand, das lange Zeit auch als Lenneper Amtsgericht diente und die Stadtverwaltung sowie die erste Lenneper Sparkasse beherbergte, sondern schräg dahinter auch noch das so genannte Nattermüllersche Haus, das u.a. eine Tapeten-, Wachstuch- und Glashandlung beherbergte. Das im Krieg stark beschädigte Bauwerk wurde erst 1961 abgerissen.

In den umliegenden Gassen war und ist es auch heute noch so eng, dass man von Fenster zu Fenster kommunizieren und sich das Neueste erzählen kann, wovon in historischer Zeit auch täglich Gebrauch gemacht wurde. Die Lenneper Neuigkeiten brauchten also keine spezielle Gerüchteküche –weil ganz Lennep ein solche war. Davon handelt auch unser heutiger Beitrag in Platt, der auf Erinnerungen einer „alten“ Lenneperin beruht, die lange Zeit in der Wetterauer Straße wohnte, und die deshalb über ihr Umfeld wahrheitsgetreu viel aussagen konnte. Aus diesem Grund kommen bei ihr außer der Wetterauer Straße auch die Brandgasse, die Steeggasse, die Peters- und die Paulsgasse sowie die Poststraße und die Wallstraße vor. Sie werden zwar nicht immer beim wirklichen Namen genannt, sind aber doch erkennbar durch die Beschreibung und Benennung der historischen Persönlichkeiten, die man in den alten Adressbüchern der ehemalig Bergischen Haupt- und Kreisstadt wiederfinden kann.

Es ist nun schon bereits rund vierzig Jahre her, dass diese Erinnerungen anlässlich der seinerzeit anstehenden 750-Jahrfeier den Weg in verschiedene Publikationen fanden. Alt-Lennep hatte damals besondere Konjunktur, und auch die kostenlosen Postwurfzeitungen überboten sich in dieser Zeit nicht nur in geschichtlicher, sondern auch in sprachlicher Hinsicht. Das Lenneper Platt hatte seinerzeit viele, damals im Vergleich zu heute noch kundigere Leser, nach dem Motto: Mundart ist lebendige Heimatgeschichte. Ganz bewusst wollen wir den Originaltext heute nicht im Einzelnen kommentieren; betrachten wir es vielmehr als Denksportaufgabe, den alten Text zu entschlüsseln, so wie man ein Kreuzworträtsel oder eine Sudoku-Aufgabe löst, auch wenn heute nicht ohne weiteres mehr bekannt ist, was Wenkelswaren sind, und dass das entsprechend genannte Geschäft in der Petersgasse lag…

Vertällchen am Fenster

Jans freuer heil man oft bi openem Fenster en Vertällchen. So geschoh et ock en där Wallstrote, wo de Famelje Piepenbosch jemeutlich bim Meddageten tesamen sot, de Anton, et Läuerken un deren sess Kenger. Am Kökenfenster vörbie kohm et Nonnenbruchs Minneken un hadde enen jroten Korf bie Klein Diedrichs Wenkelswar enjekoft. Et tuppde op die Rutte. Jodden Dag tesahmen. wie jeht et önk noch, wat meken de Kenger? - Och danke där Nachfrog Minneken, komm ens op Stell ren, vie mötten dek ens ene janz wichtige Neuigkeit vertällen. Denk ens ahn, däm August sinn Emma hat en stazen Jongen jekregen. De Hebamme, de Frau Schmetz hät en te Hus jeholt. Kik ahn Läuerken, wie sall hei dann hetten? - Jo de August hät en op Kal dopen lohten. Do hät hei awer in wieser Vörussecht jehangelt, Kal sall hei hotten, hei well en bruken en där Schmetten. Wolls du en Spierken met eten Minneken? Et jött Reuwenmaus ongeren. Et wohr mek zwar en wennig stiew jewuhren dürch die völlen mehligen Erpel. Äwer dat es nech de Welt, ek schnie van däm Rest hütt owend Schiewen en de Pann un broh die op de Führung. — Hie hässe ok en Müffken Flehsch dobie. Ek wohr äwen bim Perdsschlächter un häw mek alt fottens Wurschtenbräu metjebracht. Weil ek morjen Pannasch koken well. Dann eten se noch ens wier all wie de Schürendrescher.

Jo wat seih ek dann dobutten op där Strote? Jrade lött dat Perd, wat däm Buhr vam Rotzkotten hört, öntlich wat Perdsköttel fallen. Fritzken, lop schwank op et Hüsken un hohl dän alen Emailleehmer un de Dreckschöppe, un lop fottens op de Strote. Wehsse Minneken. dat es Jold för em Anton sinnen Jahren. Dat jött em Herfst mols staze Kappesköhl. Die schab ek op där jroten Schabe un de Blagen mötten dän alle met ehren Feuten en die jroten Steendoppen endrampeln. Dat jöt dösen Wengkter manche Mohltiet. Wolls du noch en Spierken Jemäus Minneken? - Nä danke Läuerken, ek hadde noch van jestern Pillekeskauken öwer, dann mötten vie fottens noch eten. Ek mak op Stell en jott Pöttschen Koffe. Emilken, hie hässe drei Penning, nömm dan alen Waterkeetel un lop ens schier en de schmerige Pann un hohl Koffewater. Fall dek nech Jong. Pass op. Jo Läuerken, du häss wohljerohene Kenger. Dat Kleinste es jo en leiw Stüppken, et hät so jleunige ögskes. jenau wie de Anton. 

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