von Günther Schmidt
Der alte Pferdeteich in der Gerstau entlang der Morsbachtalstraße ist völlig verschwunden. Er war der Obergraben für die Gerstauer Mühle und die Gerstauer Hämmer. Da er so nah an der Morsbachtalstraße lag, wurden hier immer die Pferde getränkt. Gegenüber ist aber noch die Haltestelle mit Wartehäuschen der Ronsdorf-Müngstener-Eisenbahn, Station Gerstau, zu erkennen. Frau Flüs, die noch am Bollenhammer wohnt, wusste als Zeitzeugin noch allerhand zu erzählen: "1948 sind wir erst hier runter gezogen. Da war der Teich bereits zugeschüttet. Ich weiß aber noch, wie ich tagelang am Teich gesessen habe und von den Lkw-Fahrern, die dort abkippen wollten, die Gebühren kassierte. Denn ein gewisser Herr Lohmann als neuer Besitzer der Parzelle konnte nicht schwimmen, und deshalb war es ihm egal, ob der Teich zugeschüttet wurde oder nicht. Der erste Hammer wurde umgebaut zum Wohnhaus; der zweite Hammer stand nicht mehr.
1867 wird das Hammerwerk am großen Bach von Johann Peter Ibach mit 12 bis 15 PS erwähnt. In einer Katasterzeichnung, die sich im Besitz von Frau Flüs befindet, ist 1880 als Inhaber Carl August Picard genannt, der eine Lokomobile einbauen will. Es ist der gleiche Carl August Picard, der später in der Hasteraue seine große Firma aufbaute. Um 1900 wurde der Hammer in einen Schleifkotten umgebaut und später zum Wohnhaus umfunktioniert.
1824 wird zum ersten Mal der zweite Hammer, der "Bullerhammer", namentlich genannt. Die Schreib- und Sprachversion verändert sich um 1820 (Bullenhammer),um 1829 als Bollerhammer seinen letzten Namen zu bekommen. Der kleinere Hammer stand bis 1925 und diente noch als Knochenmühle für die Gebrüder Müller in der Gerstau. In der Steuerliste 1895/98 erscheint Ferdinand Flüs als Fabrikant und Wirt, 1908 Heinrich Kronenberg als Restaurateur und Eigentümer, dann wieder 1915 Ferdinand Flüs zu Remscheid.
Der Bollerhammer gewann seine Berühmtheit aber erst durch die Schiffsbahn und die anschließende Achterbahn, die von der Kratzberger Straße oberhalb des Teiches kommend eine einzigartige Attraktion darstellte. Siegfried Horstmann hat in seinem Buch "Von Bergischen Menschen und den Stätten ihrer Arbeit" sehr authenisch geschrieben, was damals ablief. Damals, um 1900. hatte der Hammerschmied Ferdinand Flüs gerade den Bollerhammer gepachtet mitsamt Teichflächen und Umland. Er sinnierte schon lange, wie er schneller Geld verdienen könnte, als es mit dem Hammer möglich war. Auf der Industrie- und Gewerbeschau 1902 in Düsseldorf war dann die Idee geboren, denn es befand sich dort eine Wasserrutschbahn. Ein großes Schiff für 42 Personen, Drahtseile und Gerüste waren die Grundlage für das Vorhaben am Hammerteich. Die Voraussetzungen waren gut, denn der Waldhang unterhalb der Kratzberger Straße hatte die richtige Neigung, der Hammerteich war auch schon da, und nach dem Kauf mit 18 000 Goldmark (zu damaliger Zeit zwei Einfamilienhäuser!) konnte das Unternehmen starten. Eine Schneise gerodet, ein Motor mit Drahtwinde (Strom kam vom Wasserrad am Hammer), ein paar Treppen, ein Kassenhäuschen und die Schienenverlegung: Fertig war die bis dahin größte Attraktion im Bergischen Land. Es folgte die behördliche Abnahme, die Freigabe, und mit einem großen Fest startete die Bahn zum ersten Fahrvergnügen. Das Gartenrestaurant Flüs mit den angeblichen 2.000 Plätzen drinnen und draußen war an diesem Tag dank des herrlichen Wetters proppenvoll. Als der Schüttjunge das Wasser über das Wasserrad des Bollerhammers laufen ließ, regte sich die Elektrik. Das Seil spannte sich und zog das Schiff den Hang hinauf. Großes Gedränge war am Kassenhäuschen, denn jeder wollte der erste sein ...
Dann löste sich die Kupplung, und 42 Touristen sausten den Abhang herunter. Das Schiff wurde immer schneller, bis es mit einer Riesenfontaine ins Wasser fuhr. Was nun kam, hatten weder Flüs noch die Terrassengäste erwartet, denn die Gischt verwandelte alle Schreckens-schreie in dumpfes Gurgeln. Es dauerte eine gewisse Zeit, bis die Jungfernfahrer und -fahrerinnen sich artikulieren konnten, denn es hatte keiner mehr etwas Trockenes am Körper. Die Beobachter des Szenarios hielten sich vor Lachen die Bäuche und kniffen verstärkt die Beine zusammen. Die Schlange der Kassensteher löste sich umgehend auf, als wenn nie jemand die Absicht gehabt hätte, einmal abzufahren.
Ferdinand Flüs reagierte schnell und baute einen großen Gartenschirm auf das Schiff, um das meiste abzuhalten. Er kam aber nicht umhin, das ganze Schiff mit Segeltuch einzupacken, um trockene Fahrgäste zu gewährleisten. Danach ging es viele Jahre blind den Hang herunter. Die Wasserrutschbahn wurde ein voller Erfolg und rechnete sich. Das Gartenrestaurant war an Wochenenden immer voll, nur hatte das Ganze einen Haken: Neider. Die Gastwirtschaft Schlieper direkt gegenüber auf der Cronenberger Seite wollte auch partizipieren an der Attraktion. Nach langen Überlegungen brachte der Wirt ein großes Schild an auf dem er "den besten Blick auf die Wasserrutschbahn" anpries, und setzte gleichzeitig Gartenstühle und Tische vor seine Restauration.
Doch Flüs wollte keinen Kunden abgeben. Er stellte fest, dass sein Kontrahent die Stühle und Tische auf Flüs'schem Grund und Boden aufgebaut hatte und ließ sie sofort entfernen. Doch nun entbrannte ein Kleinkrieg, denn Schlieper bestellte Zimmerleute und ließ eine geräumige Veranda an seiner Gaststätte anbauen. Flüs wusste sich kurzerhand zu wehren und baute auf seinem Gelände am Schlieper'schen Ufer einen riesigen Bretterzaun (siehe vorige Postkarte) auf, um die Einsicht zu verwehren. Somit waren das Schild und die Aussicht für Schlieper bedeutungslos geworden.
Zehn Jahre war das Schiff die Attraktion im Tal, dann wurde es ruhiger. Flüs verpachtete, und sein Nachfolger machte sich Gedanken, wie er neues Leben ins Tal bringen kann. Sein Sohn brachte ihn auf den Gedanken, eine Rodelbahn am Berg zu bauen. Er kramte alle Ersparnisse zusammen, bestellte Zimmerleute und ließ eine abenteuerliche Rodelbahn bauen. Die Rodelfreude dauerte leider nur 14 Tage, denn die Polizei erklärte die Anlage für lebensgefährlich und ließ sie schließen. Der Nachfolger von Flüs war somit pleite und zog vom Clemenshammer weg. (Aus: Hämmer- und Kottenforschung in Remscheid von Gerstau bis Haddenbach , herausgegeben von Günther Schmidt.. Mit Textkürzungen)