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Tackermühle war früher ein Ausflugslokal mit Kähnen

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Tackermühle als Ausflugslokal 1908. Repro: G. SchmidtDirekt oberhalb der Hermannsmühle stand der Hermannsmühler Kotten, von dem heute kein Stein mehr zu sehen ist. Dort stand die Commers Walkmühle seit vielen Jahren und walkte Tücher. Seit wann, ist nicht bekannt. Am 7. Februar 1708 bekam Peter Fuhrmann von Kurfürst Johann Wilhelm die Konzession für den Anbau einer Ölmühle an die Walkmühle der Commers. 1715 tauchte der Name "Walkmühle über der Mahlemühle" auf, mit der dann der 1711 geborene Sohn Peter Johann Fuhrmann im Jahre 1733 das Wollhaus Fuhrmann begründete. Er zog später nach Lennep und wurde durch seine Heirat in den Kreis der Wollfabrikanten Peter Moll, Gebrüder Hardt, Gottfried Wülfing und J. H. Frielinghaus aufgenommen.

Die Ölmühle war nicht rentabel genug, und so entschied sich Fuhrmann, durch Schleifermeister Berger beide Mühlen in einen Schleifkotten umwandeln zu lassen. Die Erbengemeinschaft Fuhrmann verkaufte das Anwesen an Berger. Im Mühlenkataster von 1828 erscheint der Kotten bereits als Bergerskotten. 1829 ist der Eintrag Engelbert Berger zu Hermannsmühle zu lesen. Zu dieser Zeit waren ein oberschlächtiges Wasserrad und drei Steine zum Polieren von Remscheider Fabrikaten vorhanden. Man konnte aber von Mai bis November nur einen Tag pro Woche arbeiten. (…) Abraham Berger ließ dann eine Dampfmaschine einbauen, die von der Kesselfabrik F.A. Neumann in Aachen gebaut war und am 22. Juli 1876 einer Kontrolle unterzogen wurde. 1910 bis 1915 taucht Abraham Berger immer wieder als Besitzer auf, danach wird es ruhig, und ich vermute, dass der erste Weltkrieg sein Übriges dazu getan hat, den Kotten bis 1925 völlig verfallen zu lassen. Mit viel Fantasie kann man sich den Fußweg nach Tackermühle über den Teichdamm und entlang des Obergrabens noch vorstellen.

Tackermühle 1930. Repro: HIZ Remscheid

Allzu viel ist über die Tackermühle nicht überliefert. Der erste Name war Heingenmühle, und sie war als Fruchtmühle bekannt. Sie wurde vorwiegend von den Bauern des freiadeligen Dorfes Lüttringhausen genutzt und als Heintzenmühle erstmalig 1487 urkundlich erwähnt. Den jetzigen Namen hat die Familie Tacke hinterlassen, welche die Mühle 1651 besaß. 1683 ist ebenfalls ein Getreidehändler Tacke zu Tackermühle genannt, und 1710 ist dessen Sohn als Eigentümer angegeben.

Um 1819 wurde die Fruchtmühle von Ferdinand Moll in einen Textilbetrieb umgewandelt. Am 3. Februar 1836 wurde zwischen P.M. Wirths (spätere Wülfingfabrik) und Frau Moll als Inhaberin der Fabrikanlage zu Tackermühle eine Vereinbarung getroffen, in der dem P. M. Wirths eingeräumt wird, den Endringhauser Bach mittels Anlegen eines Teiches und einer Rinne hinter dem Hause des Clevinghaus her zu seiner oberen Fabrikanlage zu nutzen. Sohn Johann Peter Moll nahm die ehemalige Mühle 1919 als Spinnerei in Betrieb, was im Hauptstaatsarchiv Düsseldorf und im Landratsamt Lennep archiviert ist. 1828 ist Ferdinand Moll Besitzer. Im Urkataster ist zu lesen: Spinnerei mit oberschlächtigem Wasserrad. Weil aber das Wasser oft zum täglichen Gebrauch nicht ausreicht, wird aushilfsweise eine "Rossmühle" benutzt: Die Pferde liefen also im Kreis und trieben so die Transmissionen an (Göper).

1853 wird die Tackermühle als Tuchfabrik von Sigismund Schürmann betrieben, der mit Wasser und Dampf arbeitet. 1862 wird sie immer noch als Tuchfabrik am Walkbach von Sigismund Schürmann geführt. Peter Pickert ist als Nachfolger von Schürmann ab 1867 aufgefallen, als er ein „gehöriges Bedenken“ zur Erbauung einer Salmiakgeistfabrik oberhalb seines Teiches schriftlich beim Königlichen Bauinspektor Warsow in Lennep einreichte. Pickert richtete sich in den 1870er Jahren eine Schleiferei mit einem oberschlächtigen Wasserrad ein. Am 1. Dezember 1877 wurde der Dampfkessel von einer Aachener Firma einer "ordentlichen Revision" unterzogen. Das eiserne Wasserrad wog allein schon 1.500 Pfund und hatte eine volle eiserne Achse. Der Teichdamm wurde er so stark angelegt, dass er für die Ewigkeit halten sollte. Der Teich selbst wurde 1925 und danach sehr verkleinert und hat heute nur noch höchstens ein Drittel seines ehemaligen Volumens. Im Zuge der immer größer werdenden Wasserknappheit kaufte die Firma Wülfing die Wasserrechte des ganzen Tales auf und transportierte mit Pumpen durch unterirdische Leitungen das Brauchwasser zur Tuchfabrik an der Trecknase.

1927 ist von der Familie Pickert die Tackermühle an die Hardts verkauft worden. Als Mieter war damals eine Familie Nusch in dem Anwesen, der die Pickertsche Schleiferei in eine Werkzeugschmiede umwandelte. Im Zuge des Umbaus der Hermannsmühle ist die Tackermühle gleich danach als Erholungsheim umgebaut worden. Somit ging die Wassergerechtsame direkt an die Firma Wülfing. Arnold Hardt wollte angeblich den Autobahnbau von seinem Wald fernhalten und spendete eine Million Mark. Dennoch wurde durch den Westerholter Forst gebaut, und ein Pfeiler der Autobahnbrücke steht praktisch im Teich des Lenneper Walkmühlgens.

Unter der Tackermühle befand sich bis zum Ersten Weltkrieg ein Fachwerkhaus, in dem der Viehhändler Fuhrmann wohnte. Die Tackermühle dient heute als Wohnhaus, wobei im unteren Bereich eine Werkstatt für allerlei Reparaturen und Lagerungen genutzt wird. Man sieht heute noch gut den Untergraben, der als Obergraben in den nur noch in seinen Umrissen erkennbaren Teich der Commers-Walkmühle geleitet wurde. Der Teich wurde beim Autobahnbau zur Hälfte mit Abraum zugeschüttet. (Aus: Hämmer- und Kottenforschung in Remscheid Herausgegeben von Günther Schmidt Band 4 - Leyerbach, Diepmannsbach, Mückenbach)

 


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