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Channel: Waterbölles - Geschichte
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Mit platter Brust und in gebückter Haltung...

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von Dr. Wilhelm R. Schmidt

Liebe Freunde des Bergischen Landes und liebe Lennper, In einer der Hauswurfzeitungen kümmerte vor einigen Jahren auch um das "Image" der Bergischen Menschen. Darin fand ich einen Text aus dem Jahre 1854, in dem die bergischen Menschen wie folgt charakterisiert wurden (entscheiden Sie selbst, ob diese fast 170 Jahre zurückliegende Charakerisierung noch zutrifft):

"Die körperliche Konstitution der Einwohner ist zwar im Allgemeinen, wie bei den Gebirgsbewohnern überhaupt, stark und kräftig. Indes haben die anstrengende und der körperlichen Entwicklung nachteilige Fabrikarbeit sowie der häufige Genuss des Branntweins der physischen Beschaffenheit der männlichen Bevölkerung sehr geschadet. Die zunehmende Schwäche des männlichen Geschlechts stellt sich am traurigsten bei den jährlichen Aushebungen für den Militärdienst heraus, wo unter 100 jungen Leuten im dienstpflichtigen Alter zwei Drittel wegen körperlicher Schwäche oder Fehlern als untauglich zum Dienst erklärt werden müssen. Hochgewachsener, kräftiger und abgehärteter sind im Gegensatz zu den Webern und Fabrikarbeitern in Manufakturen die Arbeiter der Eisen- und Stahlwarenfabrikationen.Die Arbeiter dieser Gewerbe haben in der Regel eine platte Brust und gebückte Haltung, dabei derbe volle Arme im Kontrast zu ihrem übrigen mageren Körper. Bei diesem Gewerbe wird die Muskelkraft merkwürdig ausgebildet, so dass sie imstande sind, mit den schwersten Lasten die steilsten Berge auf- und abzuwandern.
Doch ist eine betrübende Erscheinung, dass zu dieser schweren Beschäftigung die Lehrlinge häufig in einem Alter angenommen werden, wo die körperliche Entwicklung noch weit zurück ist und bei der langen Arbeitszeit notwendig gehemmt, wenn nicht unterdrückt werden muss. Das weibliche Geschlecht ist durchgehend wohlgebaut. Die erwachsenen Mädchen zeichnen sich häufig durch volle, blühende und häufig schöne Gesichter und Körperfülle, selbst in den einfachen Ständen. vorteilhaft aus."Über den Charakter des Volkes im Bergischen Land heißt es: Man findet noch viel Einfachheit und Biederkeit und bei dem verbreiteten, angeborenen industriellen Handelsgeiste noch manche andere gute Eigenschaft wie Unternehmensgeist und Rührigkeit, aber auch manche schlimme, als Misstrauen und Eigennutz.Bei den reicheren Klassen findet sich im Allgemeinen nicht viel Bildung, häufig aber Anmaßung und Überheblichkeit, und in den Fabrikgegenden bei der ärmeren Klasse viel Gemeinheit der Gesinnung. Leichtsinn und Verschwendungssucht."

Bei meinen Recherchen fand ich noch: Der frühere Bundespräsident und Solinger Walter Scheel soll einmal die typischen Eigenschaften der Bergischen - wenn es sie denn wirklich geben sollte - folgendermaßen beschrieben haben: "Querköpfigkeit. Widerspruchsgeist. Unausrottbarer Hang zum Individualismus. Neigung, den Dingen auf den Grund zu gehen. Bereitschaft, die persönliche Freiheit und die eigene Meinung in jedem Moment und notfalls verbissen zu verteidigen. Eine gewisse Neigung zum Mystizismus." Inwieweit dies zutreffend ist, mag jeder Bergische und jeder, der einen solchen kennt, selbst beurteilen. Ganz von der Hand zu weisen ist diese Charakterisierung wohl nicht.


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