Putin hat Russland völkerrechtswidrig einen Krieg in Europa beginnen lassen. Während sich die ukrainische Bevölkerung verteidigt so gut sie kann, gehen überall auf der Welt Menschen auf die Straßen und setzen gemeinsam Zeichen für Frieden und gegen Krieg. 100.000 Menschen waren es am Sonntag in Berlin. In Köln protestierten gestern 250.000, und in Nordrhein-Westfalen kleinster Großstadt, in Remscheid, sagten fast zeitgleich 500 laut und deutlich Nein zum Krieg! Chapeau! Ein breites Bündnis aus Kirchen, Vereinen und demokratischen Parteien hatte zu einem Friedensmarsch mit vielen Luftballons in Blau und Gelb, den Farben der Ukraine, eingeladen, der der gegen 17 Uhr, nach kurzer Begrüßung durch Citypfarrer Martin Rogalla und Redebeiträgen von Anne Marie Faßbender (Remscheid tolerant) und Antje Menn (Superintendentin des Kirchenkreises Lennep), von der Stadtkirche am Markt zum Rathausplatz führte. Dort sprachen Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz und Max Volk, Mitglied des Remscheider Jugendrates. Zum Abschluss der Kundgebung bildeten die Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus ihren Kerzen als leuchtendes Friedenssymbol ein großes Peace-Zeichen.
Nachfolgend dokumentiert der Waterbölles die Rede des Oberbürgermeisters:
Krieg in Europa. Seit vielen Jahren nicht mehr. Wir erinnern uns noch der schrecklichen Bilder, als der ehemalige Vielvölkerstaat Jugoslawien auseinanderbrach. Wir erinnern uns an die Bilder von Zerstörung, Toten, Völkermord, Flucht. Viele Menschen sind damals nach Remscheid gekommen und haben hier eine neue Heimat gefunden.
Und jetzt herrscht wieder Krieg in Europa. Panzer dringen völkerrechtswidrig aus Russland in die Ukraine ein. Raketenangriffe und deren Explosionen lassen die Nacht taghell werden. Städte und Dörfer werden zerstört. Wieder sterben Soldaten und Zivilisten. Wieder sind es insbesondere Frauen und Kinder, die am meisten darunter leiden. Wieder sind 100.000e auf der Flucht.
Ich bin dankbar, dass alle demokratischen Parteien im Bundestag gestern gemeinsame Haltung zeigen. Ich bin dankbar dafür, dass Europa zusammensteht. Aber ich habe auch Sorgen. Die Rhetorik des Krieges spitzt sich zu. Atomwaffenunterstützte Einheiten der russischen Armee sind seit gestern in Bereitschaft. Wie soll das weitergehen? Ist Putin noch bereit, den Krieg zu beenden? Hat er Berater, auf die er hört und die ihm sagen, wie kurz die Zündschnur zu dem Pulverfass ist? Es ist das Gesprächsthema in jeder Familie. Wir alle haben die gleichen Sorgen, dass es zu einer weiteren Eskalation kommen könnte. Auch das haben mir Menschen aus unserer Stadt geschrieben.
Ich war mehrfach in Russland und mag das Land und die Menschen, die ich dort kennenlernen durfte. Ich wünsche auch ihnen, dass die heute begonnenen Verhandlungen wirklich ernst gemeint sind. Auch die Menschen in Russland müssen unter den Folgen des Krieges leiden, auch sie wären Opfer, wenn es zu einem weltweiten und alles vernichtenden Krieg käme.
Wie jeder andere Vater und Großvater wünsche ich meinen Kindern, meinen Enkeln, dass sie in Frieden aufwachsen. Genau so geht es den Müttern und Vätern in der Ukraine. Auch sie wünschen sich für ihre Familien, dass sie in Frieden leben können.
Doch was erleben sie? Sie erleben Krieg. Sie sitzen in U-Bahnstationen, während über ihnen ihre Welt, ihre Heimat explodiert. Sie sitzen in Autos und versuchen, so schnell wie möglich in Sicherheit zu kommen. Frauen sind häufig ohne ihre Partner, Kinder ohne ihre Väter auf der Flucht, weil viele Männer einberufen werden und als Soldaten kämpfen müssen.
Dieser Krieg, Herr Putin, steht im völligen Widerspruch zu Völkerrecht und Menschenrechten und ist durch nichts zu rechtfertigen. Die Bilder aus der Ukraine sind schrecklich. 1000-facher Tod, Zerstörungen, viele Menschen auf der Flucht.
Einige werden auch zu uns kommen. Wir wissen nicht wann und wie viele es sein werden, müssen uns aber darauf vorbereiten. Lassen Sie uns ihnen zeigen, dass wir eine weltoffene und solidarische Stadt sind. Das hat unsere Stadt, das haben die Menschen hier schon mehrfach gezeigt. Ich erinnere mich gerne an die große Hilfsbereitschaft vieler in den Jahren 2015 und 2016, als viele Flüchtlinge zu uns kamen. Diese Hilfsbereitschaft gibt es immer noch. Noch heute kümmern sich viele Ehrenamtlichen um unsere neuen Nachbarinnen und Nachbarn, helfen bei Behördenbesuchen, unterstützen bei Sprachunterricht und Berufsausbildung, stehen ihnen bei allen Fragen zur Seite. Daher meine Bitte, von der ich weiß, dass sie auf fruchtbaren Boden fällt.
Wenn Menschen aus der Ukraine zu uns kommen, werden wir sie willkommen heißen und ihnen das geben, was sie am dringendsten brauchen: Frieden und Sicherheit. Ich danke allen, die sich in den letzten Stunden gemeldet haben, um ihre Hilfe anzubieten. Das ist sehr berührend und ein starkes Zeichen der Verbundenheit mit den Opfern dieses katastrophalen Krieges. Danke!