von Uwe Blass
Der 29. Oktober 1923 gilt als die Geburtsstunde des deutschen Rundfunks. Drei Komponenten waren dazu nötig, nämlich die Tonaufnahme, die Übertragung und natürlich der Empfang. Das erste brauchbare Tonaufzeichnungsverfahren stammte von Thomas Alva Edison und war damals bereits knapp 50 Jahre alt. Wie gelang ihm das?
Prof. Dr.-Ing. Dietmar Tutsch: Edison hatte die Idee, auf einer Walze Stanniolpapier aufzutragen. Dann hat er mit einer Nadel in dieses Papier mit einer Membran am anderen Ende und einem Trichter eine Aufzeichnung machen können, indem diese akustischen Schwingungen der Sprache über diese Nadel in mechanische Wellen übertragen wurden - durch die Vertiefungen, die in der Folie entstanden. Das Abspielen geht dann in umgekehrter Richtung. Diese Vertiefungen bringen die Membran und die Nadel zum Schwingen, und man hört es am Ende des Trichters.
Die Erfindung des Mikrofons war dann der nächste Schritt, um eine Übertragung zu erreichen. Da spielte die Entwicklung des Telefons auch eine wichtige Rolle, oder?
Tutsch: Ja, für das Telefon benötigt man natürlich erst einmal ein Mikrofon, um die Sprache entsprechend umsetzen zu können, denn ein Mikrofon transferiert Luftschwingungen, also Schall in elektrische Schwingungen im Gegensatz zu diesem Phonographen, den ich gerade nannte, wo es mechanische Schwingungen sind. Wir haben hier also elektrische Schwingungen, und das geschieht über verschiedene Techniken, also zwei Varianten. Entweder die Membran erzeugt durch seine Bewegungen in einem sogenannten statischen magnetischen Feld einen Strom –das nennt man Induktion und ist ein elektrotechnisches Prinzip - oder die Membran ist Teil eines Plattenkondensators, und durch die Schwingungen ändert sich dessen Kapazität und damit auch der Stromfluss. D.h. am Ende überträgt man Schall in Stromänderungen, fließender Strom ändert sich, und den kann man über tausende Kilometer übertragen, im Gegensatz zu normalem Schall, der nur wenige Meter weit kommt.
Und dann der Empfang. Da ist in der Geschichte Guglielmo Marconi zu nennen, der als Erfinder des Radios gilt und sich die kommerzielle Nutzung der elektromagnetischen Wellen für die Übertragung patentieren ließ. Seinen Erfolg verdankte er auch dem deutsche Physiker Ferdinand Braun, mit dem er 1909 sogar den Nobelpreis für Physik erhielt. Wie funktionierte denn die Übertragung?
Tutsch: Das Telefon ist ja noch leitungsgebunden, wir brauchen also ein Kabel. Bei elektromagnetischen Wellen hat man den Vorteil, sie breiten sich in Luft und sogar im Vakuum aus. Das sind gekoppelte, elektrische und magnetische Felder. Auch Licht gehört zu dieser Art der Felder, nur mit einem anderen Frequenzbereich als die Radiowellen. Ein Frequenzbereich bedeutet, die Geschwindigkeit der Schwingungen ist anders. Bei den elektromagnetischen Wellen ist es nun so, dass ein zeitlich sich ändernder Strom, der durch so ein Kabel fließt, ein elektromagnetisches Feld erzeugt. Ein Kabel erzeugt nur ein schlechtes elektromagnetisches Feld, das man aber durch eine Antenne optimieren kann. Wenn man also mit einem Mikrofon Sprache in solch eine elektromagnetische Welle überträgt, dann kann man diese über das Vakuum oder die Luft ausbreiten. Bei niedrigen Frequenzen, wozu ja auch die Sprache gehört, ist das sehr stark gedämpft, die Welle kommt nicht besonders weit. Der Trick dabei ist, man verwendet sehr hohe Frequenzen, und die eigentliche Sprache wird dort in diese hohen Frequenzen integriert. Man spricht dann vom Aufmodulieren. Man kann sich das so vorstellen, dass sich die Intensität der Welle damit ändert. Bei einer Schallwelle würde z. B. dann die Lautstärke geändert. Und bei einer elektromagnetischen Welle ist das eben die sogenannte Amplitude (Amplitude ist ein Begriff zur Beschreibung von Schwingungen, Anm. d. Red.), die geändert wird.
„Achtung, Achtung! Hier ist die Sendestelle Berlin, im Vox Haus. Auf Welle 400 Meter. Meine Damen und Herren, wir machen Ihnen davon Mitteilung, dass am heutigen Tage der Unterhaltungsrundfunkdienst mit Verbreitung von Musikvorführungen auf drahtlos-telefonischem Wege beginnt“, waren die ersten Sätze, die Friedrich Georg Knöpfke, damaliger Direktor der Funkstunde Berlin, an die Zuhörer richtete. Um eine sogenannte „Hör-Gewährung“, also eine Lizenz, zu erhalten, mussten die Kunden aber ordentlich in die Tasche greifen. Warum?
"Lizenz zum Hören – über die erste Radiosendung in Deutschland" vollständig lesen