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Als im Bergischen die Schleifer die Schmiede verdrängten

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Der Brucher Kotten bei Müngsten im unteren Morsbachtal. Besitzer war der Schleifermeister Julius Picard auf dem Sudberg bei Cronenberg. Zwei Schleifkotten im ‚Pickerts-Bruch‘ werden schon 1598 genannt. Später standen dort drei Kotten, von denen der Brucher Kotten übrig geblieben ist. Foto: SchmidtZu ihrer Fertigstellung bedurften die geschmiedeten Waren des Schliffs. Deshalb spielten die Schleifer eine wichtige Rolle innerhalb der Sensenzunft. Weil man sich früher die Entstehung und die schnelle Entwicklung der Industrie in den abgelegenen Tälern des Bergischen Landes schlecht erklären konnte, hat man versucht, die Einwanderung des Eisengewerbes oder wenigstens seine Beeinflussung von außen her nachzuweisen. In erster Linie hatte man es dabei auf die Schleifer abgesehen, bei denen die Namen Pickardt, Tesche, Berger und Jasper die Vermutung der französischen Abstammung nahelegten. Der erste, der diese Behauptung aufstellte, war der von Reinshagen bei Remscheid stammende Prediger und Schriftsteller Wilhelm Aschenberg, der in seinen zahlreichen Veröffentlichungen, wie später namentlich durch den Elberfelder Geschichtsforscher Crecelius nachgewiesen wurde, Wahrheit und Dichtung wahllos miteinander vermengte.

Die Pickert saßen schon 1549 auf dem „Pickertz-Subberch." Die Bezeichnung „Tesche" (Tasche), eine Abkürzung des Handwerkernamens Teschenmacher, war schon früh im Wuppertal, sowie in Lennep und Solingen verbreitet, da die Lederbereitung und die -Verarbeitung schon in alter Zeit hier ihre Stätten gefunden hatte. Die „Berger" stammen wahrscheinlich von dem Hofe Berg bei Cronenberg, wo noch in den Jahren 1777 und 1778 die Schleifer Abraham und Johann Berger wohnten, und der Name Jasper oder Casper war neben Melchior oder Melcher früher im Bergischen eine der beliebtesten (von den ersten der heiligen drei Könige entlehnten) Personenbezeichnungen. In den Cronenberger Gerichtsprotokollen tritt ein Schleifer Jasper schon im Jahre 1613 als Ratmann auf, und im Jahre 1614 wird sein Sohn Johann als Meisterknecht vereidigt. Als die ersten von den Pickert erscheinen 1617 in den genannten Niederschriften gleich drei: Herbert, Drieß (Andreas) und Engel (Engelbert) Pickert, die als Schleifer eingetragen wurden. Ein Gördt Berger aus der Gerstau wurde 1663 zum Ratmann erwählt, und aus dem Schleifergeschlecht der „Tesche" wird Rütger im Jahre 1685 als Schleifermeister und zehn Jahre später als Ratmann in die Handwerksrolle eingetragen. Doch kommt der Name Tesche unter den Solinger Kaufleuten, die der Sensenzunft beigetreten waren, schon im Jahre 1600 vor.

Wenn diese Schleifer im Laufe des 17. Jahrhunderts aus Frankreich oder Belgien zugewandert wären, so müsste in den Niederschriften des Cronenberger Handwerksgerichts, die mit dem Jahre 1601 einsetzen, etwas davon erwähnt sein. Es ist undenkbar, dass man Fremden ohne weiteres den Zugang zum Handwerk gestattete, während man es für Einheimische, deren Vorväter nicht von Anfang an dabei gewesen waren, streng verschlossen hielt. Wären die genannten Schleiferfamilien aber schon früher hier eingewandert und im Jahre 1600 der neugegründeten Bruderschaft beigetreten, so müssten ihre Namen eher in den Gerichtsprotokollen erscheinen, als es tatsächlich der Fall ist. Wir müssen daher die Erzählung von der Einwanderung französischer Schleifer in das Reich der Sage verweisen. Wenn, wie der Beyenburger Rentmeister Karsch berichtet, schon zu Anfang des 17. Jahrhunderts Schleifkotten in erheblicher Zahl an unseren Bächen lagen, so dürfen wir annehmen, dass auch die Kunst des Schleifens ebenso wie die des Schmiedens in unseren Bergen alteinheimisch gewesen ist.

Wie aus dem Heberegister des Burger Kellners Johann Bernhard Francken (1692), aus dem Remscheider Lagerbuch (1675) und aus den Karten der Ämter Elberfeld, Bornefeld und Beyenburg (1715) hervorgeht, lagen die meisten Schleifkotten am unteren Morsbach von der Gerstau bis Müngsten. Als ihre Besitzer erscheinen außer einer Reihe von Sensenschleifern mehrere Kaufleute des Sensenhandwerks. Folgende Schleifer der Sensenzunft waren hier am Morsbach Inhaber eigener Werkstätten:

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