Von Günther Schmidt
Von Gründerhammer Richtung Haddenbach kommen wir an der großen ehemaligen Schmiede "Stahlschmidt" vorbei, die 1991 für immer ihre Pforten schloss. Sie wurde 1930 den Gebrüdern Menn abgekauft und fungierte fortan als Schmiede für Schnellstahl in allen Formen und Abmessungen. Es wurde nur eigenes Material aus dem Schmelzwerk in Düsseldorf benutzt und umgeformt. Als Rohstahl wurde dieses Zwischenprodukt fast ausnahmslos nach Düsseldorf zur Weiterverarbeitung geschafft. Selbst in den Kriegsjahren ist die Produktion durchgelaufen. Als Inventar waren zwei 4 Zentner-Hämmer, ein 8 Zentner-, ein 10 Zentner-, zwei 12 Zentner-,ein 20 Zentner- und ein 40 Zentner-Hammer installiert. Nachdem die Werkstücke immer schwerer wurden, schaffte man 1960 einen Manipulator an. 1975 wurde der 40 Zentner-Hammer gegen eine 800 Tonnen-Presse ersetzt. Der Hammer wurde in die Schweiz verkauft. Als man 1991 den Betrieb langsam auflöste, wurde die 800 t-Presse nach Österreich geschafft, und sie produziert heute noch. In Spitzenzeiten waren im Morsbachtal etwa 60 Mitarbeiter tätig waren .In der Endphase um 1990 waren es noch 25 bis 30, wobei die Jahresproduktion in den 1950er Jahren 1.000 t Schnellstahl erreichte, in den 1990er Jahren 5.000 Tonnen - bei weniger Personal. Die Fabrikation in Remscheid wurde, so Betriebsleiter Stünzner, letztlich aufgegeben, weil man andernfalls in den Standort Remscheid zu hohe Summen für Renovierung hätte ausgeben müssen, um der Berufsgenossenschaft und anderen Institutionen gerecht werden zu können. Man hätte außerdem, um wirtschaftlich zu arbeiten. So war denn im Juni 1992 Ende am Standort Gründerhammer. Gegenüber befindet sich ein Ziegelgebäude in dem die Firma Hanenberg Feilen herstellte. Friedrich Halbach erinnert sich, dass er als Junge mehrfach dort die Produktion besuchte. Er spricht von mindestens zehn Feilenhaumaschinen, die dort ihre Arbeit verrichteten. In den 1950er Jahren wurde auch dort die Produktion eingestellt.
Ein paar hundert Meter geht es die Morsbachtalstraße entlang zum Standort der einstigen Spelsberger Hämmer. Gustav Platte, der letzte Besitzer des Spelsberger Hammers, dazu in einem Gespräch 1994: Die Anlage war bis 1929 der Gemeinde Lüttringhausen zugehörig. Als Vorgänger waren ein Hammerschmied Friedrich Wilhelm Hagenböcker (heute am Platz) und ein Hammerschmied August Ehlis verzeichnet. Sie beschäftigten je drei Arbeiter. Die Hämmer besaßen jeweils zwei Schmiedefeuer und je einen Amboss. Gustav Platte gibt an, der Hagenböcker´sche Hammer sei 600 Jahre alt, dann müsste dieser zwischen 1390 und 1400 gebaut worden sein. Der Ehlis´sche Hammer soll um 1500 angelegt worden sein und ist nach dem ersten Weltkrieg abgebrochen worden.
Den älteren Hammer übernahm Carl Platte um 1890 von Hagenböckers und baute ihn aus. Dieser Hammer wurde nach dem tödlichen Unfall des Besitzers an seinen Bruder August Platte übergeben. August hatte zwei Söhne, August jun., geb. 1896, und Gustav, geb. 1901. Gustav arbeitete bis 1975 in dem 1960 letztmalig umgebauten Hammerwerk. In derbem Remscheider Platt erzählte er mir verschmitzt, dass es den jungen Schmieden ein heidnisches Vergnügen war, den Mädels beim allwöchentlichen Baden im Hammerteich still und heimlich zuzusehen, den Kopf stickum über den Teichdamm haltend - und dann das Geschrei, wenn sie entdeckt wurden.
Der Spelsberger Hammer lag mit einem zweiten Hammer (Ehlis) am gleichen Teich. Sollte er im späten 14. Jahrhundert erbaut worden sein, wäre er der älteste erfasste Hammer im Remscheider Raum. 1607 gehört dieses zunächst als Schleifkotten arbeitende Werk einer Frau zum Birken. Rentmeister Kausch schreibt in seinen Unterlagen: "zwei Schleifkotten under Spilsberg, jeder mit einem Geloep". Am 12. November 1673 erhält Theißs Haddenbroch die Erlaubnis, den Schleifkotten in einen Stahlhammer zu verändern. Den fertigen Hammer gibt er 1710 an Clemens Haddenbroch ab. 1824 wird als Besitzer ein Fr. Wilh. Hagenböcker vom Platz genannt. (Somit ist diese Firma Hagenböcker vom Gründerhammer zum Spelsberger Hammer und dann zum Platz gezogen.)
Die Regierungsliste von 1853 berichtet folgendes: Spelsberger Hammer von Fr.Wilh. Hagenböcker, 1 Wehr, keine Konzession, Stahl- und Eisenbreithammer ;Werk errichtet vor 460 Jahren, Jahresproduktion 50.000 Pfund geschmiedetes Eisen. drei Arbeiter, zwei Feuer, drei Wasserräder und ein Amboss. 1895 übernahm Karl Platte dieses Objekt als Stahlhammer und produzierte darin, wie einer Annonce von 1928 zu entnehmen ist, folgende Teile: Schnellarbeitsstahl für hohe Beanspruchung, Werkzeug-Gußstahl für alle Zwecke, Chrom-Wolfram-Stahl, Warm- und Kaltmatrizenstahl, Dauerstahl, Schweiß-, Stähl- und Maschinentahl, Gesenke, Lagereisen, Rohrstangen, Brechstangen, Krätzer und Probelöffel für Elektroschmelzöfen und weitere Freiformschmiedeartikel.
Wann dieser Hammer massiv umgebaut wurde, ist nur zu schätzen, es wird etwa in den 1930er Jahren gewesen sein. Die Nachfolger, zuletzt Gustav Platte, produzierten bis 1975 auf vier Hämmern Freiformschmiedestücke. Die Wasserkraft wurde zusätzlich bis 1970 genutzt (billige Energie). 1975 wurde das stark erneuerte Hammergebäude an die Firma Härterei Steinbach & Co. verpachtet. Bis dahin hatte Gustav Platte mehr als 50 Jahre lang am Hammer gestanden und geschmiedet. Die Firma Steinbach riss die alten Hammereinrichtungen heraus und installierte modernste Härteöfen. Das Wasserrad ist abmontiert, das Gebäude noch zu sehen und die Umrisse des alten Hammerteiches sind mit viel Phantasie noch zu erahnen. Der letzte Umbau erfolgte 1960.
Der Spelsberger Hammer Ehlis soll auch um 1500 gebaut worden sein. 1800 taucht er Hammer auf als dem Peter Josua Hasenclever und Wilhelm Schmitz zugehörig. 1828 gehört der Breithammer dem Gottfried Halbach zu Spelsberg. 1836 wird er Halbacher Hammer genannt, aber schon betrieben durch Reinhard Ehlis zu Büchel. 1846 lesen wir: Stahl- und Breithammer von C. Ehlis zu Remscheid-Haddenbach, Werk errichtet vor 350 Jahren, Konzession nicht vorhanden, Jahresproduktion 40.000 Pfund. Erst 1910 lässt Ernst Ehlis zu Platz den Hammer abreißen. Heute sind keinerlei Spuren davon mehr zu entdecken. Ernst Ehlis baute ausgedehnte Hallen auf dem Hammerplatz auf und dazu etwa 250 Meter unterhalb die große Stahlschmiede, zuletzt "Stahlschmidt & Co. Kommanditgesellschaft", die bis 1991 produzierte. (Aus: Hämmer- und Kottenforschung in Remscheid von Gerstau bis Haddenbach ,herausgegeben von Günther Schmidt, Druck und Vertrieb Paul Hartgen GmbH + Co. KG, Lennep)