Die Idee zu einem Lenneper Erzählcafé kam Dr. Wilhelm Schmidt im Jahre 2011, als er mit einem WDR-Team anlässlich des 50. Jahrestages des berühmten Durbrigdekrimis Das Halstuch mit vielen Lennepern sprach, die damals wie er selber bei den Dreharbeiten des spannenden Sechsteilers dabei waren. Wie wäre es, dachte er öffentlich, wenn man zu interessanten Lenneper Ereignissen seine Erinnerungen zusammen mit anderen vortragen könnte, natürlich auch mit Fotos und anderen Erinnerungsstücken. Nun soll das erste Erzählcafé (im Tuchmuseum, Hardtstr. 2) am Sonntag 16. August, 15 bis ca. 16.45 Uhr, eine zeitlich lockere Reihe begründen, bei der alle Lenneper eingeladen sind, selbst etwas beizutragen.
Den Anfang macht Henning Schmidt, Jahrgang 1937: Er erlebte als Kind das Ende des Zweiten Weltkriegs am Lenneper Mollplatz. Immer mehr Jagdbomber trafen um den Bahnhof herum die Lenneper Neustadt, die Industrieanlagen in der Kammgarnspinnerei und an der Ringstraße, und schließlich auch das alte Lenneper Rathaus am Markt. In der zum Mollplatz führenden Poststraße fiel z.B. am 30. 12. 1944 die 1858 erbaute Villa der Familie Hilger, später Fritz Hardt, zum Opfer, wobei auch das nebenan am Mollplatz liegende große Fachwerkhaus der Familie von Baumeister Schmidt in Mitleidenschaft gezogen wurde. Der damals siebenjährige Henning Schmidt erinnert sich an diesen Vorfall und die zum Kriegsende zahlenmäßig stark ansteigenden Bombenangriffe auf Lennep. Er erinnert sich an die Flucht in die Bunker und die Erfahrungen dort, an die Ankunft der Amerikaner am 13. April 1945, deren sonntägliche Aufmärsche auf dem Mollplatz, an Hausdurchsuchungen, an die durchaus unterschiedliche Mentalität der späteren belgischen, französischen und englischen Besatzer sowie das Werben (damals Poussieren genannt) der fremden Soldaten um die Lenneper Mädchen und Frauen in Hagers Gässchen.
Dieses Gässchen, das die Lenneper Fußgänger noch heute von der Poststraße zur Gartenstraße führt, war seit 1910 die Grenze zwischen den Grundstücken der Fabrikantenfamilie Fritz Hardt und der Familie Baumeister Arthur Schmidt. Die Familie, sofern nicht kriegsbedingt in der Fremde, hatte vor Kriegsende bereits zahlreiche evakuierungsbedürftige Verwandte und weitere Personen aufgenommen. Sie alle erlebten es hautnah mit, als zum Jahresende 1944 die benachbarte Villa von Bomben getroffen wurde. Splitter und sogar große Brocken trafen auch das große Schmidtsche Fachwerkhaus aus den 1820er Jahren und den dazugehörigen Park. Für die Kinder eröffnete sich mit den Bombenschäden aber auch ein Abenteuerspielplatz hinter den hohen Gassenmauer, und noch lange nach Kriegsende gab es dort Kaninchenställe, man sammelte die Bucheckern des ehemaligen Hardtparks (heute: Wohnen im Park) und erntete fremdländische Walnüsse hinter dem Gassenzaun. Einige der uralten großen Parkbäume sind heute noch erhalten.
Die Themen Kriegsende und Einmarsch der Amerikaner werden ganz aus der Perspektive eines damaligen Mollplatzkindes geschildert, locker und ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit, schließlich handelt es sich hier nicht um eine Vorlesung. Vielmehr liefert das Erzählcafé selbst erlebte und selbst erzählte Geschichte. Henning Schmidt wird dabei u.a. auch aus dem Tagebuch seiner Mutter zitieren. Sie wohnte damals wie die anderen Angehörigen der Familie Schmidt in dem Haus gegenüber dem Hotel Berliner Hof (Foto rechts von 1910). Die Villa des Tuchfabrikanten Fritz Hardt lag etwas zurückgesetzt links daneben und wurde am 30. Dezember 1944 durch drei Bomben völlig zerstört, die eigentlich dem Bahnhofsgelände gegolten hatten; Gesteinsbrocken flogen bis ins das Hotel.
Eintritt: drei Euro (Museum und Veranstaltung) Schüler ein Euro. . Begrüßung: Franz Werner von Wismar (Tuchmuseum). Einführung, Moderation, Foto- und Textmaterialien: Dr. Wilhelm R. Schmidt. Anmeldung - wegen der Kaffeeplanung unter Tel. 0641-24318.