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In 550 Jahren ernährte der Leyerhammer viele Familien

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von Günther Schmidt

Überlieferungen zufolge ist der Leyerhammer etwa um 1460 n. Chr. erstmalig erwähnt bzw. gebaut worden. Er ernährte in diesen 550 Jahren viele Familien. Und er hatte durch viele Besitzerwechsel natürlich auch viele Namen, die ich kurz erwähnen muss, damit man weiß, um welchen Hammer es sich handelt: Hilbertshammer, Hasenclevers Hammer, Haddenbacher Hammer, Stursberger Hammer, Grimms Hammer. Die Bezeichnung Grimmshammer ist die letzte geläufige Namensgebung und wird sich wohl auch nicht mehr ändern. Aber verfolgen wir mal den Werdegang dieses Hammerwerkes:

Die Ersterrichtung war um 1460. Zwischendurch verfallen, war er vor 1607 aber wieder in Gebrauch und wurde 1648 von Johannes Hilberts auf Stursberg übernommen, abgerissen und neu gebaut, wobei erwiesen ist, dass er im 30jährigen Krieg wieder zerfiel. Der Name Hilbert oder Hilberts stammt laut E. Erwin Stursberg von dem Lüttringhauser Hilbert Stursberg. Ausgangspunkt solcher Überlegungen ist eine Hebeliste der Lüttringhauser Kirchenrenten aus dem Jahre 1690, worin neben Frantz Stursberg zu Ronsdorf (geb. 1646) und Milcher (Melchior) auf Stursberg (geb. 1640) noch ein Dirich Hilberts Sturssberg genannt wird. Nach dem damals herrschenden Sprachgebrauch kann man diese Schreibweise nur so deuten, dass es sich um einen Dietrich-Sohn oder Enkel eines Hilbert (abgeschliffene Kurzform von Hildebrant) Stursberg - handelt. Dass Hilbert und Hildebrant identisch sind, ergibt sich unter anderem daraus, dass im Lüttringhauser Lagerbuch von 1654 ein Bewohner von Wüstenhagen wechselweise Hildebrant und Hilbert genannt wird.

Aufgrund verschiedener Hinweise kann man davon ausgehen, dass die Hilberts wie auch andere Zweige der Stursberger durchweg neben einer kleinen Bauernschaft auch noch ein Gewerbe betrieben haben, da die heimatliche Scholle infolge mehrfacher Aufspleißung der Güter ihren Mann nicht ernährte. In der Hauptsache waren es Sichel- und Kleinschmiede oder auch Messermacher. Manche besaßen daneben noch Wasserhammer und Schleifkotten, soweit dies die oftmals sehr strengen Zunftvorschriften zuließen.

Die noch heute existierende Solinger Messermacherrolle beinhaltet viele Remscheider Erzeugernamen. 1710 ist ein neuer Eigentümer mit "Diederich auf Stursberg-Goldenberg" eingezogen, genannt Hilberts, der gleichfalls mit einer Tochter des Stursberg-Stammes, Anna Catharina Noltze-Stursberg genannt Hülsberg, verheiratet war. Eine der zwölf Kinder, Anna Catharina,. Benannt nach ihrer Mutter, ehelichte im Alter von 20 Jahren am 14.1.1713 einen Johannes Honsberg, Sohn von Johannes Honsberg dem Älteren auf der Halbach. Offenbar ist der Leyer-Hammer durch Kauf oder Erbschaft an Dietrich Hilberts übergegangen oder aber von ihm selbst neu erbaut worden. Später wurde er von seinem Schwiegersohn übernommen.

Dietrich Hilberts von Wittens-Stursberg übernahm den Hammer 1732. Er hinterließ auch den topografischen Namen "Hilbertshammer". 1750 pachtete diesen Hammer ein "Kaspar Honsberg auf der Leyerbach", und in der Burger Liste erscheinen 1750 die Gebrüder Honsberg (die Söhne) als Hammerpächter. Wahrscheinlich war in diesem Jahr die Übergabe vom Vater an die Söhne. Kaspar Honsberg war ein Sohn des Hamman Honsberg, der den darüberliegenden Bornscheider Hammer als Raffinierstahlhammer besaß. Anna Maria brachte 1751 als Tochter der Hilberts in die dritte Ehe des Heinrich Stursberg vom Kranen diesen Hammer mit ein.

1784 erscheint Johann Wilhelm Haddenbroich als Verkäufer seines sogenannten Hilbertshammers (Reckhammer under der Leyermühlen) "erb- und eigentümlich den Eheleuten Peter Caspar Haddenbroich und Catharina Margarethe Hilger für 2600 Reichsthaler" verkaufend. Warum Johann Wilhelm Haddenbroich den Hammer erbte, ist nicht festzustellen. 1818 ist ein neuer Hammerschmied verzeichnet: Johann Gottfried Hasenclever, Hammerschmied zu Stursberg an der Leye.

1821 übernimmt sein Sohn Johann Gottlieb, Hammerschmied zur Leye den Reckhammer. Er ist mit zwei Feuern, einem Amboß und drei Wasserrädern ausgestattet. Drei Arbeiter  produzierten etwa 40.000 Pfund Rohstahl pro Jahr. 1829 wird der Hammer als Hilbertshammer von P.J. Hasenclever in der Gemeinde Lüttringhausen geführt. Er war der Sohn des Johann Gottlieb. In der Regierungsliste erscheint der Hammer 1853 unter Gebrüder Hasenclever als Stahlraffinierhammer. 1870 verkauft die Firma Peter Caspar Hasenclever & Söhne zu Goldenberg den Hammer an Caspar Friedrich Stursberg, Hammerschmied und Wirt am Kranen. Mit seinen Söhnen Karl (1837-1912), Johann Friedrich (1839-1932), Richard (1842-1924) und Albert (geb. 1856) gründete er die Firma C.F. Stursberg & Co. Am Leyerbach war sie eine der letzten Raffinierstahl-Schmieden, was sich aufgrund der qualitativ immer besser werdenden Konkurrenzstähle (Zementstahl, Puddelstahl, Gußstahl usw.) ergab. Das Raffinierstahlschmieden trat immer mehr in den Hintergrund und es wurden vermehrt Kleineisenteile für die Werkzeugindustrie geschmiedet. In diesem Hammer blieb allerdings das "Verstählen" von Eisenrippen für Maschinenmesser und Papiermesser übrig.

Johann Friedrich Stursbergs Sohn Karl bekam den Hammer überschrieben. Da es recht viele Stursbergs gab, wurde er nach seiner Mutter (geb. Grimm) genannt, also Karl Grimm. Er arbeitete im Hammer als Raffinierstahl-Spezialist nur mit der Wasserkraft, was zu dieser Zeit der Dampfmaschine und des Kraftstromes äußerst ungewöhnlich war. In der Firma Grimm hängt noch ein großes Gemälde, welches ihn am Schwanzhammer zeigt. Natürlich war er auch einer der letzten Kenner der Fachsprache eines Hammerschmiedes und deswegen sehr geschätzt. Nach seinem Tod ging der Hammer an die Firma Gustav Grimm in der Haddenbach, die 1956 eine Totalrestaurierung vornahm und fortan dort Lehrlinge ausbildete. (Aus: Hämmer- und Kottenforschung in Remscheid Herausgegeben von Günther Schmidt Band 4 - Leyerbach, Diepmannsbach, Mückenbach)


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