Quantcast
Channel: Waterbölles - Geschichte
Viewing all articles
Browse latest Browse all 2560

Hufeisen in der Eschenlaube

$
0
0

von Alma Mühlhausen

Als ich eines Tages die Stätte aufsuchte, an der ich geboren bin und mich ins Leben spielte, begrüßte mich beim Betreten des kleinen im bergischen Stil angelegten Gärtchens die Trauereschenlaube. Uralt ist die Esche, deren Zweige bis auf den Boden reichen. Schon als Kind war mir die Stätte liebvertraut, die mir eine Märcheninsel meines Kinderlandes dünkte. Das einstöckige Schieferhäuschen, das zu dem Gärtchen gehörte, wurde im Kriege eingeäschert. Das Gärtchen aber überstand alle Gefahren und lacht noch heute mit blühendem Antlitz dem Vorübergehenden zu. Die Eschenlaube aber hat ihre Geschichte. Der heutige Besitzer des Anwesens, der auf der Trümmerstätte ein neues, der bergischen Landschaft angepasstes Haus gebaut hat, erzählte sie mir; sie hat sich vor Jahren zugetragen und mich zutiefst erschüttert, da ich als Kind an der Ursache des Geschehens mitbeteiligt war.

„Einige Jahre nach dem Kriege", so begann der freundliche Hausherr, „sägten wir einen Nebenstamm der Esche ab. Beim Zerkleinern des Holzes fanden wir, tief hineingewachsen, ein Hufeisen. Es muss über sechzig Jahre im Baum gewesen sein, denn durch die Umklammerung wurde die Rinde im Laufe der Zeit tief eingeschnitten. „Ein Hufeisen?", fragte ich, und ein eigenes Gefühl beschlich mich, als ob etwas, das lange schlief, erwachen wollte. „Ja", sagte der Herr, „ich will es Ihnen gerne zeigen, denn ich habe es mir aufgehoben."

Als ich das etwas rostige Hufeisen, das sich in nichts von anderen unterschied, in der Hand wiegte, stand plötzlich hell und klar ein Bild vor meinen Augen, und mein Herz sang die Weise dazu.

"Hufeisen in der Eschenlaube" vollständig lesen

Viewing all articles
Browse latest Browse all 2560

Trending Articles