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Chancen der historischen Brücken auf Welterbe-Status

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„Weltkulturerbe: Brückenkongress in Portugal“, überschrieb der Waterbölles am 7. Juni die Pressemitteilung der Stadt Remscheid, dass die portugiesischen Nachbarstädte Porto und Vila Nova de Gaia vom 21. bis 23. Juni Gastgeber des zweiten internationalen Fachkongresses WORD HERITAGE CONGRESS zu den stählernen Großbogenbrücken des späten 19. Jahrhunderts seien, die es als Weltkulturerbe in den nächsten zehn bis 15 Jahren auf die renommierte UNESCO-Liste schaffen sollen: die Brücken Ponte Maria Pia und Ponte Dom Luis I. in Portugal, der Ponte San Michele in Italien, das Garabit-Viadukt in Frankreich und die Müngstener Brücke in Deutschland. Zu der bergischen Delegation, die inzwischen aus Porto frohen Mutes zurückgekehrt ist, gehörten Solingens Oberbürgermeister Tim Kurzbach und Remscheids Technischer Beigeordneter Peter Heinze. Denn nach ihren intensiven Gesprächen in der portugiesischen Hafenstadt, darunter auch der portugiesische Premierminister António Costa und Kulturminister Luis Filipe Castro Mendes, sehen sie die Welterbe-Bewerbung auf einem guten Weg. „Der Premier ist beeindruckt von der Idee und der partnerschaftlichen internationalen Energie, die in dieser gemeinsamen Bewerbung steckt“, freut sich Tim Kurzbach. „Er will das Projekt sehr genau im Auge behalten. Wir nehmen aus Porto also zusätzlichen Rückenwind mit.“ Zumal Kulturminister Luis Filipe Castro Mendes den Bergischen zusagte, das Gespräch mit seiner deutschen Kollegin in Berlin suchen und so für das Projekt eintreten zu wollen.

Die Unterstützung der Portugiesen ist für einen Erfolg des Vorhabens unabdingbar. Denn über deren Tentativliste sollen die Müngstener Brücke und die anderen Bauwerke auf die Liste der UNESCO gelangen - in einer Art Huckepack-Verfahren. In Deutschland, Italien und Frankreich wären die Aussichten deutlich geringer. Denn deren Listen sind erst vor kurzem aktualisiert worden.

Zusätzlicher Rückenwind aus Porto auch deshalb, weil mit Portos Nachbarstadt Vila Nova de Gaia und Saint Flour in Frankreich jetzt auch die letzten verbliebenen Brücken-Kommunen der Bewerbung beigetreten. Eine weitere Brücke aus Albi in Frankreich soll hinzukommen. Und dass die Bahn-Gesellschaften aus Deutschland und Italien sich schriftlich bereiterklärt haben, das Welterbe-Vorhaben zu unterstützen, spornt Peter Heinze weiter an: „In den Tagen von Porto haben wir einen großartigen Spirit erlebt, der uns weitertragen wird. Ich freue mich jetzt schon auf den 3. Welterbe-Kongress im kommenden Jahr in Italien. Bis dahin werde ich mich überall in Remscheid für diese Bewerbung stark machen.“ Der Beitritt der französischen und portugiesischen Eisenbahn-Eigentümer gilt als nächster Schritt und ist als Ziel für das Jahr 2019 formuliert. Die Deutsche Bahn werde hierfür Dampf machen, wurde mit der Unterschrift von Porto angekündigt.

Aber auch die beteiligten Kommunen wollen auf der Arbeitsebene das Tempo ankurbeln. In Porto wurde vereinbart, dass Solingen jetzt dafür die Federführung übernimmt und im engen Austausch mit den Partnern in den kommenden Monaten die Organisationsstruktur aufgebaut. Für Herbst wurde bereits ein Treffen in Solingen vereinbart.

Bis zum dritten Welterbe-Kongress 2019 in Italien sollen auch die beiden Bahn-Gesellschaften Frankreichs und Portugals ins Boot geholt worden sein. Ein weiteres Ziel der Bergischen ist der Aufbau eines internationalen Netzwerks, bestehend aus Experten, die von der Bedeutung der herausragenden Eisenbahn-Brücken überzeugt sind. Beim Bau dieser Brücken hätten sich die Erbauer noch als Konkurrenten gefühlt („Schneller, weiter höher!“), sagte Peter Heinze gestern im Gespräch mit dem Waterbölles. Zugleich aber hätten sie voneinander gelernt. Denn der technische Standard dieser nach einander entstandenen sei von Mal zu Mal besser geworden. Nunmehr könnten die Brücken aus den beteiligten Kommunen „eine Gemeinschaft in europäischem Geist  schmieden“. Daraus könnten durchaus eines Tages auch Städtepartnerschaften entstehen, meinte der Baudezernent. Vorab jedenfalls Experten-Workshops zu städtebaulichen und/oder verkehrsplanerischen Fragestellungen. Konkretes Beispiel: Wie lässt sich die Umgebung der historischen Brücken für Touristen so gestalten, dass sie diese nicht nur auf der Talsohle, sondern auch in der Höhe gut erreichen können.

Auf der Tagung in Porto oblag es Peter Heinz, die Müngstener Bücke näher vorzustellen, „ ein technisches Meisterwerk der Baupioniere“, wie er betonte. Mit 107 Metern ist sie immer noch die höchstgelegene Eisenbahnbrücke Deutschlands, und während der Bauzeit hatte die Stahlbogenkonstruktion die größte Spannweite (170 m). Der Brückenschlag zwischen Remscheid und Solingen war damals vor allem von den Remscheider Unternehmerschaft gefordert worden. Die neue Eisenbahnstrecke ersparte einen 44 Kilometer langen Transportweg und verkürzt die Reisedistanz auf acht Kilometer. Peter Heinze: „Bis heute ist die Brücke eine direkte Verbindung von Remscheid zum Rheingebiet einschließlich Duisburg oder Rotterdam Hafen - und schließlich ist sie eine Verbindung zur Welt, eine Schlüsselinfrastruktur für die Entwicklung der Industrieregion "Bergisches Städtedreieck" Solingen - Remscheid - Wuppertal“ mit exportorientierten, metallverarbeitenden Industrie.“ Zugleich sei sie aber auch ein authentisches Wahrzeichen, das die Leistungen der Pioniere der Stahlbreitbogenbrücken Ende des 19. Jahrhunderts. In den zurückliegenden 120 Jahren sei die Müngstener Brücke für die neuesten Standards des öffentlichen und industriellen Eisenbahntransports ohne tiefgreifende

Und zum Werbekulturerbe-Projekt sagte Heinze in Porto: „Die einzige Brücke, die zum Weltkulturerbe gehört, ist die Coalbrookdale-Brücke, die etwa hundert Jahre früher als unsere Brücken auf Gusseisenbasis gebaut wurde. Daher glauben wir, dass unser gemeinsames Projekt eines seriellen, transnationalen Welterbes gute Chancen haben wird, in die Welterbeliste aufgenommen zu werden, zumal die Kategorie des industriellen und kulturellen Erbes auf der Liste unterrepräsentiert ist. Es wird ein langer Weg sein - aber ich bin mir sicher, dass es für diese große Bogenbrücken des 19. Jahrhunderts in Europa ein würdiger Weg sein wird“


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