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Blausensen verhalfen Sensen-Industrie zu letzter Blüte (I)

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Alte Gasse im Ortsteil Büchel. Zu beiden Seiten die eigenwillig und regellos zusammengeschachtelten Wohnungen und Werkstätten der Kleinschmiede. Im Hintergrund ein stattliches Kaufmannshaus, erbaut von Engelbert Luckhaus 1765. Foto: Schmidt.Teil I

Durch die Fabrikation von so genannten Blausensen sollte die Sensen-Industrie im Bergischen nochmals zu einer kurzen Blüte kommen. Aus der Verordnung des Kurfürsten Johann Wilhelm vom 20. März 1709 geht hervor, dass damals schon sogenannte Klopfsensen, das sind Stahlsensen, aus andern Gegenden bei uns eingeführt wurden. Da dieselben sich großer Beliebtheit erfreuten, gaben sich einige der Bergischen Sensenschmiede die größte Mühe, hinter das Geheimnis ihrer Herstellung zu kommen. Es sind also schon vor 1750, namentlich in Cronenberg, Versuche mit dieser neuen Fabrikation gemacht worden, die allerdings durch die Eifersucht der Schleifer und wahrscheinlich auch durch den Mangel an Mitteln stark behindert wurden. Im Jahre 1763 ließ die Düsseldorfer Regierung eine Erhebung darüber anstellen, ob und in welchem Umfange schwarze Sensen in den Ämtern Elberfeld, Bornefeld und Beyenburg hergestellt worden seien. Aus den verschiedenen Berichten geht hervor, dass einzelne Schmieden erhebliche Mengen von Stahlsensen geliefert hatten. In den Jahren 1750 bis 1752 waren 2.242 Stück für die Gebrüder Busch hergestellt worden. Peter Brink hatte im Jahre 1752 500 Stück, Johann Putsch 663 Stück anfertigen lassen, und die Gebrüder Brink versandten in den Jahren 1752 und 1753 1.500 Stück. Auch Johann Tilmans, Johann Ernenputsch, Engel Caspers, Kasper Hahn, Johann Rodt und Clemens Friedrichs, sämtlich in Cronenberg, werden als Hersteller von schwarzen Sensen genannt. Johann Rodt auf dem Sudberg und Clemens Friedrichs in der Kohlfurt sind an anderer Stelle ebanfalls als Erzeuger von schwarzen Sensen urkundlich erwiesen.

Hatte man sich in Düsseldorf vor lauter Erwägungen und Bedenken nicht zu einem Entschluss aufraffen können, so kam nun ein frischer Zug in den Gang der Verhandlungen. Trotz aller Proteste der um ihr Monopol besorgten Schleifer sollte jetzt der Versuch gemacht werden, an die Stelle der veralteten Weißsensenherstellung die Erzeugung der Stahlsensen zu setzen, um der Gewerbetätigkeit wieder aufzuhelfen. Natürlich interessierte man sich in Düsseldorf am meisten für die Frage, ob die bisher heimlicherweise und im Gegensatz zu den Handwerksbestimmungen gefertigten blauen oder schwarzen Sensen sich auf den verschiedenen Märkten als wettbewerbsfähig erwiesen hatten. Man veranlasste deshalb die betreffenden Kaufleute zu einer Äußerung, „ob die schwarzen Sensen so gut als die Steiermärker und Schmalkalder gewesen". (…) Aus den verschiedenen Antworten geht hervor, dass die Cronenberger Sensenschmiede sich eifrig bemüht hatten, die Ge­heimnisse der steierischen Sensen zu ergründen, dass sie aber bis zum Jahre 1763 noch nicht zur „Perfektion", d. h. zur Erzielung einer einwandfreien Ware gelangt waren. (… Zweifellos war aber eine ganze Reihe schätzenswerter Vorarbeiten vorhanden, als sich im Jahre 1769 zahlreiche Remscheider, Cronenberger und Lüttringhauser Kaufleute vereinigten, um die Stahlsensenerzeugung leistungs- und wettbewerbsfähig zu machen. Unter dem Vorsitz des Geheimrats von Buininck fanden sich folgende Kaufleute und Besitzer von Stahlhämmern zur Beratung ein: Johann Peter Hilger, Johann Peter Hasenclever, Peter Busch, Johann Müller für sich und namens Johann Busch, Wittib und Söhne, Gebrüder Honsberg, Peter Johann Arnold Clarenbach, Gebrüder Hilger, Johann Peter Hasenclever in Remscheid, Arnold Hasenclever, Peter Hasenclever, Ehringhausen, Johann Peter Bünger, Cronenberg, Gebrüder Müller jun., Luther Mannes, Johann Graber, Goldenberg, Johann Hasenclever und Söhne, Wilhelm Hasenclever und Söhne, Gebrüder von den Steinen, Johann und Caspar Halbach und Söhne, Johann Hasenclever, Peter Christoph Knipping, Johann Müller, Johann Dietrich Corras, Friedrich Caspar Herbertz, Wilhelm Grund, Gottfried Frantzen Wittib und Söhne, Peter Reinshagen und Gebrüder Berger.

Sie erklärten sich sämtlich bereit, „an der einzuführenden schwarzen Sensenfabrique" teilzunehmen. Es wurde als notwendig erachtet, ein Kapital von 1500 Reichstalern zusammen zu bringen. Dann sollten einige Kaufleute versuchen, in der Steiermark Meister zu werben, die die schwarzen Sensen zu machen verständen. Diese Leute sollten dann die einheimischen Meister und „Fabrikanten" mit den Geheimnissen der steirischen Sensenherstellung bekannt machen. (Schließlich gelang es, den Märkischen Sensenschmied Karl Röntgen nach Remscheid zu ziehen und mit seiner Hilfe das Müngstener Sensenwerk in Gang zu bringen. Letzterer soll einem österreichischen Soldaten, der nach dem Siebenjährigen Kriege in der Mark zurückgeblieben war, das Geheimnis der Stahlsensenbereitung abgelauscht haben. Auch ein sächsischer Bergmann namens Schildbach, wahrscheinlich derselbe, der im Jahre 1765 sich in dem Reinshagener Bergwerk des Jacob Grothaus und der Gebrüder Busch als Steiger betätigte, wird als Mithelfer genannt.)

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Auf Erkundung mit einem Remscheider Stadtführer

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1. Februar, 19 Uhr
Mit dem Nachtwächter durch Lennep
Erleben Sie unter dem Motto "Altes bewahren und Neues entdecken" den Nachtwächter "Gustav om Hackenberg" auf seinem Weg durch den mittelalterlichen Kern der fast 800-jährigen Handels- und Tuchmacherstadt im Zentrum des Bergischen Landes. Während des 1,5 bis 2-stündigen Rundgangs wird spannend die Geschichte von der Stadtgründung bis zur Eingemeindung nach Remscheid geschildert. Beim Wandern durch die alten Straßen und Gassen werden Sagen und Geschichten aus der alten Kreisstadt wahr. Leitung: Lothar Vieler. Treffpunkt: Röntgenmuseum Lennep. Anmeldungen unter Tel. RS  666861 oder E-Mail IGStadtfuehrer.RS@T-online.de.

 

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Stadtführer bieten auch neue Ziele und Formate an

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In ihrem 13. Jahr setzt die Interessengemeinschaft (IG) der Remscheider Stadtführer ihr abwechslungsreiches Angebot an traditionellen Führungen fort, hat sich aber auch einige neue Zielen und Formate einfallen lassen. Mit 45 Terminen bietet das Jahresprogramm 2019, das die IG am Dienstagabend auf einer Pressekonferenz im „Euler, das Esszimmer, Lennep" in der Lenneper Altstadt präsentierte,  wieder eine breite Palette an Angeboten. Wenngleich sich zwei langjährigen Stadtführer, Klaus R. Schmidt und Harald Blondrath alias „Herr Röntgen“, aus Altersgründen dazu entschlossen haben, künftig etwas kürzer zu treten nur noch für individuelle Buchungen zur Verfügung zu stehen! Für Remscheid würden sich Christine Otto, Linda Kessler, Claudia Holtschneider, Lars Johann und Lothar Vieler, wie sie betonten, deshalb alsbald eine Verstärkung wünschen. Voraussetzungen: Interesse an Heimatgeschichte, Erzählkraft, Begeisterungsfähigkeit und Liebe zu Remscheid.

Die Stadtführer Lars Johann, Ute Freihoff und Klaus Fickert (letztere am Dienstag verhindert) haben sich der Remscheider Vergangenheit verschrieben und stellen den Teilnehmer/innen bei ihren Stadtführungen interessante Ziele in Remscheid auf die verschiedenste Weise vor. Beginnend mit kulinarischen Rundgängen durch Remscheid, über Betriebsbesichtigungen, Wanderungen zwischen Wasserturm und Polizei, Spaziergänge durch Hasten, mit und ohne Whisky, sowie der Suche nach dem verschwundenen Müngsten geht es bis zu Wein- und Whiskywanderungen im Eschbachtal.

Linda Kessler hat sich wieder Geschichte und Geschichten aus Lüttringhausen und das Thema „Vom Mittelalter zur Kaiserzeit" in Lennep auf ihre Fahnen geschrieben. Überhaupt liegt der Schwerpunkt der Stadtführrungen in diesem Jahr in Lennep. Christine Otto wird nicht nur vieles über Mönche, Bademeister und Unbekanntes aus der Wallstraße erzählen können, sondern sie veranstaltet auch in diesem Jahr wieder die beliebte vorweihnachtliche Führung durch die Lenneper Altstadt („Alle Jahre wieder....“). Regelmäßig und mit einem zwinkernden Auge auf Vergangenes, Vergängliches und Zukünftiges in Lennep begeht auch Nachtwächter „Gustav om Hackenberge" alias Lothar Vieler die Lenneper Altstadt. Zu dem bekannten Schlemmerformat „Lenneper Nachschwärmer" wird es ab April auch Führungen am Nachmittag durch die Lenneper Neustadt geben, die ihren Abschluss in einer zünftigen „Bergischen Kaffeetafel" finden werden.

Er habe seine Führungen seinen Erfahrungen angepasst, sagte Lothar Vieler. Auf Postkarten mit dem Konterfei von Nachtwächter „Gustav om Hackenberge" findet sich auf der Rückseite das „Bergische Heimatlied“. Falls gewünscht, will Vieler seine Stadtführungen mit dem gemeinsamen Singens des Liedes enden lassen. Das wurde auf der Pressekonferenz am Dienstag erstmals getestet – leider nur mit mäßigem Erfolg, wohlwollend ausgedrückt. ;-)

Bei Wikipedia im Internet finden sich heute noch alle seinerzeit gedichteten Strophen, auch wenn einzelne davon heute nicht mehr zeitgemäß sind und dementsprechend nicht mehr gesungen werden (siehe [[...]]:

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Wochenrückblick vom 28. Januar bis 3. Februar 2019

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Da irrte sich Ansichtskartenhersteller Wilhelm Fülle

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von Wilhelm R. Schmidt

Diese historische Postkarte zeigt die "Cölnerstraße" in Lennep mit der katholischen Kirche im Hintergrund. Wie bitte? Cölnerstraße? Natürlich handelt es sich um die Berliner Straße in Lennep. Der Fehler unterlief damals dem Ansichtskartenhersteller Wilhelm Fülle im nahen Wuppertal-Barmen.

Die schwarzen Ränder an manchen alten Lennep-Ansichtskarten rühren übrigens daher, dass diese bei der fotografischen und digitalen Langzeitrettung zunächst auf einen Unterlagetisch gelegt wurden, um die wirkliche Begrenzung der Ansichtkartenvorlage deutlich zu machen.

Zu den historischen Ansichtskarten der "Sammlung Lempe", deren Originale sich inzwischen im Remscheider Stadtarchiv befinden, gibt es auch so genannte Langzeitsicherheitsfilme und Scans in den Dartenformaten JPG und TIFF. Im Internet findet man sie unter http://publikationen.ub.uni-frankfurt.de/opus4/frontdoor/index/index/year/2008/docId/19626, man kann sie aber auch googlen mit Bildpostkarten Lennep.

Der Kampf der bergischen Kleinschmiede um ein Privileg (I)

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Als um die Mitte des 18. Jahrhunderts der Niedergang des Sensenhandwerks klar vor Augen lag, kam manchen Kleinschmieden der Gedanke, durch Erlangung eines Privilegs ihr blühendes Gewerbe vor einem ähnlichen Geschick zu bewahren. Diese Bestrebungen wurden aber von den Kaufleuten sehr ungern gesehen, und es setzte ein langjähriger Kampf ein. Die Klagen und Widerklagen der Parteien füllen eine Reihe von umfangreichen Bänden in dem Aktenstand des Jülich-Bergischen Geheimen Rats. In diesem Kampf der Geister vertraten die Kleinschmiede den Gedanken des zunftmäßigen Zusammenschlusses, während die Kaufleute für Handels- und Gewerbefreiheit ihre Stimme erhoben. Am 20. Januar 1759 wandten sich die Kleinschmiede nach Düsseldorf mit der Bitte um landesherrlichen Schutz durch Verleihung eines Privilegs unter der Begründung, dass eine zügellose Freiheit zu allerhand Unordnung und zum „Verderben des gemeinen Wesens" gereiche. Dass der Niedergang des Sensenhandwerks durch den Zunftzwang verursacht worden sei, wollten sie nicht gelten lassen, sondern machten die Eisen- und Stahlhändler dafür verantwortlich, die den Preis für 1.000 Pfund Stahl um 15 und für 1.000 Pfund Eisen um zehn Reichsthaler erhöht hätten. Sie beklagten sich bitter, dass auch das Kleinschmiedehandwerk unter dieser Teuerung der Rohstoffe schwer zu leiden habe, da seine Erzeugnisse im Preise nicht gestiegen seien und die Kaufleute den Schmieden die Löhne noch mehr herunterdrücken wollten.

Die Eingabe der Kleinschmiede war von folgenden Vertretern unterzeichnet: Johannes Engelbert Henckels, Christoffel Kothhaus, Wilhelmus Scherber, Peter Hessenbrock, Johann Wilhelm Hessenbrock, Johannes Berger, Engelbert Brandscheidt, Johann Kasper Kornbusch, Engelbert Halbach, Friedrich Herberg und Consorten. Der Elberfelder Amtmann Freiherr von Schirp als Obervogt des Sensenhandwerks trat für die Leute ein; aber die Erwiderung der Gegenpartei ließ nicht lange auf sich warten. Die Führer der Kaufleute waren die Gebrüder Busch, die Gebrüder Honsberg und Johann Peter Hilger. Sie suchten den Ausführungen der Kleinschmiede in einer längeren Eingabe zu begegnen. Die von ihnen zur Begründung angeführten Beispiele machen zum Teil den Eindruck der Kleinlichkeit. So wird u. a. behauptet, dass unter den Kleinschmieden einige seien, die nachgewiesenermaßen täglich mit Hilfe eines Knechtes einen Goldgulden und mehr verdienten, so dass sie sich des Nachmittags einen französischen Sprachmeister halten könnten. Ferner bezichtigten die Kaufleute ihre Gegner der Unwahrheit, indem sie behaupteten, dass sie ihre Löhne viel zu niedrig angegeben hätten. „Nur die Tagelöhner, die nichts vom Handwerk verständen und ihre rauhe Arbeit mit sogenanntem Draufschlagen verrichteten", verdienten täglich nebst der Kost 7,5 bis 9 Stüber, die Meister aber, wie bemerkt, mit einem Knecht über einen Goldgulden.

Zur Bestätigung, dass Handel und Gewerbe am besten in völliger Freiheit gedeihen könnten, verweisen die Kaufleute auf Holland und prophezeien ihren Gegnern, „dass sie bei ihrem eigensinnigen Verharren dasselbe Schicksal haben würden, wie die zum Brandenburgischen transferierte Sensenfabrik". Bemerkenswert ist die Angabe der Kaufleute, dass die Schmiede in ihrer freien Zeit sich in der französischen Sprache zu bilden versuchten. Wir haben hier einen Beweis für das Streben der Bergischen Gewerbetreibenden, sich emporzuarbeiten und selber Handelsbeziehungen anzuknüpfen, wozu der Gebrauch des Französischen damals unerlässlich war. Hatten doch die meisten Kaufleute und wahrscheinlich auch die Beschwerdeführenden oder ihre Väter selber einst als Schmiede vor dem Amboß gestanden.

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Der Kampf der bergischen Kleinschmiede um ein Privileg (II)

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Teil II

Als am 25. Mai 1764 die Meldung nach Düsseldorf erging, dass der erwähnte Johann Hens mit seinem Sohne wirklich außer Landes gezogen sei und auch der „Prinzipal-Werkstätten-Zimmermeister" Peter Kläuser nach Neu-England ziehen wolle, um daselbst Hämmer und sonstige Werkstätten zu bauen, wurde man doch nachdenklich. Sofort erging ein Befehl an den Richter des Amtes Bornefeld, „dass die Emigration der Landeseingesessenen verboten und dem Peter Kläuser die Requisition seines Vermögens und körperliche Arrestierung angedroht werden solle". Trotzdem sahen sich die Vertreter der Kleinschmiede bald darauf veranlasst, die Mitteilung zu machen, „dass nicht nur einige der besten Meister wirklich mit Sack und Pack emigriret seyen, sondern auch 36 märkische Unterthanen, um hiesige Handwerke zu erlernen und sich hernach anderweitig zu etabliren, sich wirklich inner Landes auf den Werkstätten befinden täten".

Nun wurde eine Untersuchung vom Kurfürsten Karl Theodor, der damals in Schwetzingen residierte, angeordnet. Der Richter Mülheim in Hückeswagen ließ durch die Remscheider Scheffen Johann Hermann Habernickel und Franz Dahm, sowie durch den Vorsteher Peter Hütz Erkundigungen einziehen. Diese lauteten für die Angeber wenig schmeichelhaft. „Der verzogene Johann Hens und sein Sohn seien Grobschmiede, gehörten also nicht unter die Sechzehn-Kleinschmiedehandwerker. Es sei also den Commercien und der Fabrique kein Nachteil entstanden, weil an Grobschmieden kein Mangel sei". Gleiche Bewandtnis habe es mit Peter Kläuser. „Dieser sei ein einfacher Zimmermeister, der wegen seiner Geschicklichkeit wenig belobt werde und an den Werkstätten mehr verdorben als gebessert habe". „Auch habe sich dieser Kläuser seit verschiedenen Jahren und fast die mehrste Zeit an entlegenen Ürtern aufgehalten", folglich „sei er mit allem Recht als ein Vagabund zu consideriren". Auch die Behauptung von den Märkischen Eindringlingen sei eine „listige Vorspiegelung und ein ausersonnen Märlein". „Der Flor des Commercii und der Fabrique wäre nicht so hoch gestiegen, wenn nicht einige hundert Fremdlinge sich zu Remscheid niedergelassen und etablirt hätten. Es könnte noch eine merkliche Anzahl zur Behelf gebraucht werden, wenn solche zu erhalten". Die Angabe, dass die gnädigste Verordnung vom 17. April bezüglich der Emigration zu Remscheid nicht publiziert worden, sei „mit boshafter Falschheit bekleidet".

Indem der Richter die Behauptungen der Kleinschmiede mit den stärksten Ausdrücken zurückwies, nahm er gleichzeitig Partei für die Gegenseite und bat den Kurfürsten, den Remscheider „Fabrikanten" und Kaufleuten die Bestätigung ihrer bisherigen Freiheit widerfahren zu lassen. Diese schweren Vorwürfe konnten die Kleinschmiede nicht auf sich sitzen lassen. Ihre Vertreter verteidigen sich in geschickter Weise unter Beifügung von Zeugnissen. Eine Reihe von Handwerksmeistern bekräftigen mit ihrer Unterschrift, dass Johann Hens einer der besten Meister und Peter Kläuser ein guter Werkstattzimmermann sei. Die Kleinschmiede Johann Peter Peters, Peter Berger und Peter Angermundt bestätigen ferner (1. Juli 1765), dass auch noch weitere Meister ins Märkische gezogen seien, nämlich Engelbert Hammes, Lihn, Johann Schlieper, Johann Ehlis, Matthias Blasberg und Peter Harelt.

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Welterbe: Struktur für Bewerbungsverfahren steht

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Pressemitteilung der Stadt Solingen

Die Spur ist eingezeichnet - jetzt gilt es, Arbeitsschritt für Arbeitsschritt den Weg bis ins Ziel zu gehen: Das soll am Ende ein Platz auf Weltkulturerbe-Liste der UNESCO sein, sowohl für die Müngstener Brücke als auch für die fünf Partner-Brücken aus Portugal (2), Frankreich (2) und Italien (1). Zusammen unternehmen sie den Anlauf, serielles, transnationales UNESCO-Weltkulturerbe zu werden. Ein erster Versuch, für die Müngstener Brücke allein dieses Gütesiegel zu erlangen, war vor Jahren gescheitert. Jetzt sollen es die sechs Brücken zusammen schaffen. Solingen hat für diese erneute Bewerbung die Federführung übernommen. Während die deutsche und die italienische Bahn die Welterbe-Bewerbung als Eigentümer der jeweiligen Brücken bereits offiziell unterstützen, stehen die Zusagen der französischen und der portugiesischen Bahngesellschaft derzeit noch aus. In beiden Ländern laufen aktuell Gespräche, um auch von dort eine Zusage zu erhalten. Die Bewerbungs-Partner wissen: Alle Brückeneigentümer müssen das Verfahren mittragen.

Um dieses ambitionierte Ziel konsequent verfolgen zu können, kamen hochrangige Vertreter aller beteiligten Kommunen, von Eisenbahngesellschaften sowie Experten für Welterbe-Fragen gestern und heute auf Einladung der Städte Solingen und Remscheid auf Schloss Burg zum ersten internationalen Arbeitstreffen zusammen. In den beiden Tagen gelang es, eine Organisationsstruktur zu schaffen, in der jetzt die künftigen Zuständigkeiten der Beteiligten definiert sind. "Es ist uns gelungen, wichtige Eckpunkte zu fixieren", sagt Carsten Zimmermann. Er ist bei der Stadt Solingen Abteilungsleiter für die Strategische Planung im Büro des Oberbürgermeisters und zugleich internationaler Projektleiter für die Welterbe-Bewerbung. "Bei der festgelegten Struktur ist darauf Rücksicht zu nehmen, dass die beteiligten Länder, Städte und Gemeinden unterschiedliche Organisationsformen und Potentiale im Hinblick auf die personelle und die finanzielle Ausstattung haben." Durch die Klärung der Verfahrensfragen könnten die Interessen nun koordiniert und die jeweiligen Kompetenzen gezielt eingebracht werden.

Die Bewerbung müsse durch eine feste Arbeitsgruppe getragen werden, die wiederum durch eine Steuerungsgruppe der Bürgermeister und Eigentümer begleitet werde. In dieser seien folgerichtig die Bürgermeister aller Kommunen politischen Gremien sowie die Eigentümer der Brücken (Bahngesellschaften) vertreten, erklärt Zimmermann. Zudem sei auch ein Fachbeirat nötig, in dem technische und inhaltliche Fragen diskutiert werden. Eine internationale Steuerungsgruppe, in der die Welterbe-Beauftragten aller vier Länder sitzen, managt den Gesamtprozess und gibt die Richtung vor. Die tragende Arbeitsgruppe, die für die Kernarbeit zuständig ist, tausche sich wiederum mit vier Untergruppen aus, die folgende vier Hauptfelder bearbeite:

Nominierungsprozess / Außergewöhnlicher universeller Wert
Management, Erhaltung und Nutzung
Finanzierung und Marketing
Vermittlung, Schulung und Besucherorganisation

"In dieser Organisationsform können sich alle Beteiligten in unterschiedlichem Umfang in einzelnen Themenbereichen engagieren", sagt der Welterbe-Experte Rolf Höhmann. Er begleitete das Burger Arbeitstreffen als Moderator und Fachmann und ist in den Bewerbungsprozess eng eingebunden. Solingens Oberbürgermeister Tim Kurzbach ist beeindruckt von den operativen Fortschritten, die in den vergangenen eineinhalb Jahren erzielt worden sind - vom Auftakt-Kongress in Müngsten im Herbst 2017 über den zweiten Welterbe-Kongress in Porto im vergangenen Sommer bis hin zu den Ergebnissen des aktuellen Arbeitstreffens. "Hier wächst eine neue europäische Städtefreundschaft heran, über deren weiteres Potenzial wir längst nachdenken - über die Brücken-Bewerbung hinaus", sagt Kurzbach. "Das alles passiert mit einem ehrgeizigen Ziel vor Augen. Erreichen wir es, wird dies alle beteiligten Gemeinden weit voranbringen. Und ich bin sehr optimistisch, dass es wirklich gelingen kann. Denn alle Teams arbeiten mit Begeisterung, Fleiß und Kompetenz an diesem Projekt.

Für OB Kurzbach ist das UNESCO-Projekt ein Musterbeispiel europäischer Freundschaft und Zusammenarbeit. Das Bild vom Brückenbau über die Nationengrenzen hinweg dränge sich förmlich auf. "Wenn wir dieses Bild benutzen wollen, dann können wir wohl sagen, dass die Fundamente und Pfeiler dieser Brücke inzwischen stehen. Diese symbolische Brücke wird die beteiligten Kommunen und Länder dauerhaft miteinander verbinden. Das ist lebendiges Europa. Das sollte denen zu denken geben, die aus diesem Europa aussteigen wollen." Für die Müngstener Brücke hofft Kurzbach, dass es gelingt, dieses Aushängeschild der Region mit einem UNESCO-Gütesiegel noch viel besser vermarkten zu können. "Das gilt insbesondere mit Blick auf unsere Tourismus-Ziele in der Region.".

Auch Remscheids Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz stellt heraus, dass bei dem Vorhaben, die internationalen Brücken gemeinsam zum Weltkulturerbe zu erheben, die Wertigkeit Europas besonders im Vordergrund stehe. Das sei auch bei den Vertretern aus Italien, Frankreich und Portugal deutlich so zu spüren. „Die Brücken haben allesamt nicht nur historische Bedeutung als Denkmäler der europäischen Industrialisierung, sondern sie besitzen vielmehr auch einen sehr hohen Symbolgehalt für den europäischen Gedanken. Das gilt vor allem in Zeiten, in denen Europaskeptiker und Europagegner immer mehr Gehör finden." (Thomas Kraft)


Wochenrückblick vom 4. bis 10. Februar 2019

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Auf Erkundung mit einem Remscheider Stadtführer

Der Zeichenzwang und die Zeichenrolle (I)

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Teil I

Der Gebrauch von Warenzeichen im Bergischen Sensenhandwerk geht bis weit vor 1600 zurück. Das Privilegium von 1600 erhob diesen Brauch in den Paragraphen 13 bis 15 zum Zeichenzwang und übertrug dem Cronenberger Handwerksgericht die Überwachung des Zeichenwesens. Von ihren Besitzern wurden die Warenzeichen als altes Familiengut geachtet und gehütet. Das Streben der Schmiede war darauf gerichtet, durch gutes Material und beste Arbeit den alten Ruf der väterlichen Zeichen zu vermehren. In der Wahrung des ererbten Zeichens ehrten sie das Andenken ihrer Ahnen, und mit echt bergischer Zähigkeit bekämpften sie jeden Übergriff in ihre alten Rechte. Die Schlichtung von Zeichenstreitigkeiten und die Ahndung von Zeichenverletzungen bilden deshalb einen wesentlichen Teil der Cronenberger Gerichtsverhandlungen.

Nach den Bestimmungen des Handwerksprivilegs (§ 15) ging das Zeichen beim Tode des Besitzers auf den ältesten Sohn über, und die anderen Söhne durften es nur „gebrochen", d. h. mit gewissen Abänderungen verwenden. Auch der älteste Sohn war, solange der Vater noch seinen Betrieb fortsetzte, gehalten, ein abgeändertes Zeichen zu führen. Stiefsöhne waren von dieser Berechtigung ausgeschlossen. Deshalb beschwerte sich Peter Grote zu Büchel in der Sitzung des Handwerksgerichts vom 11. Dezember 1601 über seinen „Halbbruder" aus der zweiten Ehe seines Vaters: Johann Tilen zu Schwabhausen, der das väterliche Zeichen, den „Bären", mit einem Stern schlug. Man stellte Johann Tilen anheim, sich mit seinem Stiefbruder zu vergleichen, oder aber ein anderes Zeichen zu schlagen und beim Gericht eintragen zu lassen.

Das Zeichen musste als „Erbgut" den Söhnen eines Verstorbenen verbleiben. So beklagte sich Ern Heysiepen am 11. Dezember 1601 beim Handwerksgericht, dass sein Stiefvater Johann im Heysiepen seines Vaters Zeichen: „drei Sterne und eine gellersche Blom" (Mispelblüte im geldrischen Wappen) benutzte. Das Gericht bestätigte ihm, dass die Zeichen als „Erb" anzusehen seien, worauf sich sein Stiefvater bereit erklärte, sich des Zeichens zu entäußern und ein anderes zu schlagen.

Die Vererbung der Zeichen führte oft zu recht verwickelten Verhältnissen. Im Jahre 1620 klagte Zenses zum Büchel gegen Zehlis zum Hütz und dessen Sohn Hens, dass sie seinem Zeichen, den „drei Muscheln", zu nahe kämen. Hierauf behaupteten die Beklagten, zum Gebrauch dieses Zeichens in gebrochener Form solange berechtigt zu sein, als des Klägers Großvater lebe. Man legte ihnen auf, den Beweis der Verwandtschaft zu erbringen und bis auf weiteres das Zeichen der „drei Muscheln" mit einem Stern oder Ringelchen zu brechen.

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Wochenrückblick vom 11. bis 17. Februar 2019

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Der Zeichenzwang und die Zeichenrolle (II)

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Teil II

Die größten Schwierigkeiten entstanden dem Bergischen Gewerbe durch das Nachschlagen seiner Warenzeichen im Märkischen Gebiet, das namentlich von ausgewanderten Schmieden betrieben wurde. Zwar bedrohte das Privilegium von 1600 diese Überläufer als Eidbrüchige mit der Entziehung ihres Eigentums und dem Verlust ihres Zeichens. Aber jenseits der Landesgrenze stand der Weiterführung eines Zeichens natürlich nichts im Wege. Am 30. April 1790 wurde das Zeichen „der Hirsch" des Schmiedes Jakob Röllinghoff vom Handwerksgericht als verfallenes Gut versteigert, weil er ins Preußische ausgewandert war. Ähnlich erging es dem Feuerstahlschmied Gottfried Schlüter mit dem Zeichen der Pistole, als er 1798 ins Märkische zog. Engel Hartkopf sah sich im Jahre 1723 gezwungen, sein bisheriges Zeichen „die sieben Sterne" fallen zu lassen, weil es ihm nachgeschlagen wurde und die damit versehenen Waren in solchen Misskredit geraten waren, dass die Kaufleute Sensen mit den „sieben Sternen" nicht mehr abnehmen wollten. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts häuften sich die Klagen, dass eine ganze Reihe Bergischer Warenzeichen und gerade der ältesten und berühmtesten im Märkischen Gebiet wahllos auf minderwertige Sachen nachgeschlagen würden.

Als das alte Handwerk der Herstellung von weißen Sensen im Erlöschen begriffen war und die Herstellung von Werkzeugen mehr und mehr an seine Stelle trat, bestand die Hauptaufgabe des Cronenberger Handwerksgerichts in der Führung der Zeichenrolle und der Schlichtung von Zeichenstreitigkeiten. So musste der Sägen-„Fabrikant" Wilhelm Brand auf dem Hütz, dessen bewährte Warenzeichen „Blumenpott" und „Sonne" besonderen Angriffen ausgesetzt waren, mehrfach die Hilfe des Gerichts in Anspruch nehmen. Er beschwerte sich am 20. Februar 1777, „dass Engelbert Dussel auf dem Sudberg seinem Sägenzeichen „Blumenpott" zu nahe schlage", worauf dem Schmied Dussel die Verwendung dieses Zeichens bei einer Strafe von drei Reichstalern verboten wurde. Aber bei der nächsten Gerichtssitzung am 29. März suchte Engelbert Dussel sein Vorgehen durch die Ausrede zu entschuldigen, „er vermeine keinen Blumenpott son­ern einen Lilienpott auf seine Sägen zu schlagen." Dieses Zeichen habe er vor 16 Jahren von Engelbert Daum gekauft und zur Handwerksrolle angemeldet. Brand machte dagegen geltend, dass er den sogenannten Blumenpott, in Fletten (Nelken) bestehend, von seinem Vater ererbt, der das Zeichen ungehindert gebraucht und auch zur Rolle angemeldet habe, dass aber der Lilienpott demselben zunahe käme. Vogt und Ratmänner kamen zu dem Beschluss, den Parteien einen Vergleich vorzuschlagen, der auch angenommen wurde. Der Vermittelungsvorschlag ging dahin, „dass der Lilienpott hinfüro ein Lilienbaum geheißen werden solle und anstatt den Pott einen Baum mit der Wurzel, einen Lilienbaum (!) präsentiere, hingegen der Blumenpott mit den Fletten ein Blumenpott sein und bleiben solle und am Handwerksgericht nächstkünftig diese beiden eingesiegelt werden sollten".

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Februar 2009: Der Waterbölles blättert zurück

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Unternehmer und IHK suchten 2009 Wege aus der Krise. „Die Situation ist ernst, für die Automobilzulieferer sogar sehr ernst“, hieß es im Februar 2009 in einer Pressemitteilung der Industrie- und Handelskammer (IHK) Wuppertal-Solingen-Remscheid. Es gehe jetzt vor allem darum, die Liquidität der Unternehmen zu sichern. Wenn man damals schon die heutige Diesel-Krise mit den Betrügereien von Automobilhersteller geahnt hätte...

Überhaupt war der Februar 2009 für einige Remscheider unternehmen ein Fiasko. Insolvenzanträge stellten damals Edscha und die Firmengruppe Runkel mit der  Bauunternehmung Christian Runkel GmbH & Co. KG, der Christian Runkel Bauunternehmen GmbH, und der Betonform GmbH. Und die Firma Thyssen-Krupp Gerlach, Hersteller von Pkw-Kurbelwellen, macht ihr Remscheider Werk dicht. Darüber wurden die 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am 21. Februar 2009 in einer außerordentlichen Betriebsversammlung informiert. Grund: die schlechte Auftragslage.

Am Aschermittwoch 2009 war für Sinn-Leffers alles vorbei. An einer Schaufensterscheibe des Textilkaufhauses Sinn-Leffers an der Alleestraße klebte damals ein handgemaltes Schild: „Hier sterben wieder Arbeitsplätze“. Und darunter 38 Kreuze. Den Verkäuferinnen im Inneren des gähnend leeren Verkaufsraums standen zum Teil Tränen in den Augen. Ein Reporter der WDR-Lokalzeit aus Wuppertal würde gerne mit ihnen sprechen. Doch die Reaktion ist nur ein Kopfschütteln. Ob ihnen von der Geschäftsleitung ein Sprechverbot erteilt wurde oder ob ihnen in dieser Situation die Worte fehlen, ist unklar – die Türen bleiben geschlossen.

Den Antrag auf eine sinnvolle Nutzung der Aula der Albert-Einstein-Schule stellte zur Ratssitzung am 12. Februar 2009 die SPD-Fraktion, und der Fraktionsvorsitzender Hans Peter Meineckesprach von einem bisher kaum genutzten Juwel. Der Umbau könne darin bestehen, dass die Räumlichkeiten in der Aula aber auch im Foyer zu einer multifunktionellen Nutzung hergerichtet würden zwecks erweitertet Veranstaltungsnutzung. Leider dauerte es zehn Jahre, bis der Plan realisiert wurde.

'Fairness und Stil sind öfter verloren gegangen!', stellte der SPD-Fraktionsvorsitzende Hans Peter Meinecke in der Ratssitzung vom 12. Februar 2009 fest. Den Kommunalpolitikern gab er mit auf den Weg: „Ich würde mich freuen, wenn wir wieder eine echte Diskussionskultur hier im Rat zeigen könnten. Was in den vergangenen Jahren und insbesondere in den letzten Wochen und immer mehr festzustellen war, lässt nur eine Folgerung zu: Der Rat, dieses oberste Organ unserer Stadt, entzieht sich seiner Aufgabe, führt keine Diskussionen mehr, sondern die Fraktionen haben eine Art Verlautbarungskultur entwickelt, die nicht meinen Vorstellungen einer demokratischen Streitkultur entspricht!“ In einem Kommentar nahm der Waterbölles darauf zwei Tage später Bezug: „Tagesordnungspunkte (werden) im Schweinsgalopp abgehandelt, und die gelegentlichen, meist kurzen Wortwechsel zwischen Ratsmitgliedern und Mitarbeitern der Verwaltung wirken auf die Bürgerinnen und Bürger ... nicht selten wie Kauderwelsch.“

„Von der Disco ‚Exit‘ ist nur noch eine Baugrube geblieben“, berichtete der Waterbölles vor zehn Jahren von der legendären Rockdisco  im Brückenpark Müngsten, die im November 1986 eröffnet worden war. Viele Jahre lang hieß das Gebäude „Bergische Schweiz“ und war als Sommerfrische und Hotel-Restaurant bekannt. Auf Fotos vom Bau der Müngstener Brücke (Kaiser-Wilhelm-Brücke) ist es schon zu sehen. Die Geschichte des Gebäudes hat der Solinger Michael Tettinger auf einer Internetseite in Text und Bild anschaulich dargestellt.

Im Februar 2009 kündigten Bernd Liebetrau vom Diakonischen Werk, Maria Wickendick von der Albert Einstein Gesamtschule und Marion Marxen vom Röntgengymnasium ein Arbeitspapier an zur Ausbildung von Schülern („Peers“) als Ansprechpartner zum Thema Sucht. Denn an den Remscheider Schulen sei eine  verstärkte Suchtprävention geboten. Und Frauke Türk vom Fachdienst Gesundheitswesen berichtet im Jugendrat, in den voraufgegangenen fünf Jahren habe sich die Anzahl Jugendlichen verdoppelt, die extrem riskant Alkohol konsumieren und auffällig werden. Das örtliche Krankenhaus schätze, dass jedes Wochenende ein bis zwei Kinder/Jugendliche aufgrund von Alkoholmissbrauch eingeliefert werden. Im gleichen Monat wurden beim Rosenmontagszug in Lennep bei einem 17-Jährigen 2,4 Promille festgestellt. Mit 26 Jungen und Mädchen unter 18 Jahren war die Zahl er alkoholauffälliger Jugendlicher damals aber rückläufig. Nur eine Momentaufnahme?

„Viele Häuser an der Kölner Straße sind sanierungsbedürftig“, hieß es im Februar bei einer kaum besuchten Bürgeranhörung in die Aula der Freiherr-vom-Stein-Schule in Lennep. Dabei hatte die Stadt Remscheid die Bewohner des Viertels ausdrücklich aufgefordert, am Erneuerungsprozess des „Stadterneuerungsgebietes Bahnhof Lennep“ mitzuwirken. Private Investoren seien, so Stadtplaner Michael Happe damals, an der Kölner Straße gefordert. Die werde zwar mit Einzelhandel, Dienstleistern und Gastgewerbe dem Anspruch eines städtischen „Nebenzentrums“ durchaus gerecht, nicht aber dem eines „Boulevards“. Dagegen sprächen leerstehende Ladenlokale und der bauliche Zustand vieler Häuser, insbesondere zwischen Kölner Straße und Alter Kölner Straße.
Was leider fehle, sei eine Sichtachse zwischen dem Bahnhof Lennep und der Altstadt. Um diese herzustellen, bedürfe es öffentlicher Mittel für den Abriss der alten Parkpalette an der Bergstraße. Diese Möglichkeit sahen die Planer damals durchaus, ebenso eine Grünzone in diesem Bereich. Die die Parkpalette fand sich dann später ein Investor...

Das Möbellager befände sich nunmehr an der Königstraße, teilte am 9. Februar 2009 in einer Pressemitteilung die Arbeit Remscheid gGmbH mit. Sie hatte das Mietverhältnis im Möbelbunker in Remscheid-Honsberg zum 31.12.2008 gekündigt und war schon im Laufe des Dezembers in das frühere OBI-Gebäude Königstr. 27 – 35, umgezogen. Dass der Geschäftsführer der Arbeit Remscheid, Michael Hagemann, im Juni 2009 die Leitung des Berufsbildungszentrums der Metall- und Elektroindustrie (BZI) übernehmen werde, kündige das BZI zwei Wochen später an.

Angekündigt wurde von der Stadt vor zehn Jahren auch ein ambitionierter Ideenwettbewerb mit folgendem Satz: „Eine freizeitbezogene und in die Landschaft eingebundene Folgenutzung der rund 22 Hektar großen Fläche  der Deponie Solinger Straße eröffnet jetzt große Chancen - für unsere Stadt und für die ganze Region. Ein Lehrpfad für regenerative Ideen, eine Mountainbike-Arena und die Anbindung an die Trasse des Werkzeugs und damit an den zukünftigen Bergischen Trassenverbund - dies sind bereits schon jetzt Ideen, die in die Auslobung des derzeit laufenden Wettbewerbs einfließen.“ Es handele sich um ein „regional bedeutsames Projekt - nicht nur von der Größe her, sondern insbesondere auch von seiner tourismuswirtschaftlichen Dimension“. Ziel des Wettbewerbs sei die Entwicklung der Deponiefläche zu einem bedeutsamen landschaftlichen Freizeitschwerpunkt, der auch Angebote einer wohnortnahen Grünfläche für die Bevölkerung biete. Da scheinen noch ein paar Jahre voller Geduld von Nöten zu sein.

Auch im kalten Eis kann die Phantasie Blüten treiben. Das bewies die Remscheider Fotografin Maria Müller vor zehn Jahren mit ihrem Bild "Eis-Phantasien" (Foto rechts)  im Waterbölles. Selten war es im Bergischen so lange kalt wie 2009.

Als Nachfolgerin des am 24. Mai 2008 abberufenen n Beigeordneten und Stadtkämmerers Jürgen Müller, wählte der Rat der Stadt am Dienstag, 10. Februar 2009, einstimmig Bärbel Schütte (CDU), seit Juli 2001 als Stadträtin (Beigeordnete) bei der Stadt Celle. Sie war von der Firma Kienbaum Executive Consultants GmbH und der städtischen Personalfindungskommission die geeignetste gehalten worden. Die „Gastspiel“ in Remscheid währte nicht lange.

64 Bürgerinnen und Bürger gründeten am 18. Februar 2009 in der Hauptschule an der Ewaldstraße einen Bürgerverein will für den Stadtteil Rosenhügel. In den Vorstand wurden gewählt: Vorsitzende Angelika Saure, Hans Herbert Wilke als stellv., Vorsitzender, Schatzmeisterin Manuela Hasse, Schriftführer Friedhelm Hucke sowie Erden Ankay-Nachtwein, Silke Eller und Osman Tissoudali als Beisitzer.

Ötzi aus Rheinbach lebte vor ca. 4.500 Jahren

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von Claudia Holtschneider

So mancher Remscheider kennt mich durch mein Wirken als Historikerin in der Agentur „Via Temporis“, als Ausbilderin der Remscheider Stadtführer oder auch durch meine Tätigkeit als Stadtführerin in Remscheid. Dass ich aber auch Archäologin bin, wissen nur Wenige. Nach meinem Studium der Archäologie habe ich nicht nur viele Jahre lang Ausgrabungen im Rheinland geleitet, sondern war auch mehrere Jahre die Stadtarchäologin von Rheinbach, einer kleinen Stadt in der Nähe von Bonn. Aber die Arbeit einer Archäologin, die in der praktischen Archäologie arbeiten möchte und somit in ganz Nordrhein-Westfalen tätig sein muss, ist nur schwer mit dem Wunsch nach Familie zu vereinbaren. Als ortsansässige Historikerin war für mich die Vereinbarkeit von Familie und Beruf einfacher.

Vor drei Jahren habe ich mich jedoch entschieden, wieder als Archäologin zu arbeiten. Viele meiner ehemaligen Kommilitonen haben Ende der 1980er Jahre „archäologische“ Firmen gegründet, die im Auftrag unterschiedlichster Auftraggeber archäologische Untersuchungen durchführen. Und in eine dieser Firmen bin ich nun „eingestiegen“: Die arthemus GmbH hat ihren Sitz in Frechen. Unsere Auftraggeber sind im gesamten Rheinland ansässig, von Emmerich bis Bad Honnef. Es sind Städte und Gemeinden, Energieträger wie RWE, Verbände wie der Erftverband, Straßen NRW oder auch private Bauherren u.v.m. Unsere archäologischen Untersuchungen  waren in den vergangenen Jahren u.a. in Schloss Burg, an der Großen Ledder in Wermelskirchen, aber auch in Weeze, Dormagen und Bonn.

Seit 2017 sind wir in der Stadt Rheinbach tätig. Rheinbach liegt in der Nähe von Bonn, nur wenige Kilometer vor der Grenze nach Rheinland-Pfalz. Das Stadtgebiet ist landwirtschaftlich geprägt, vorrangig wird hier der Anbau von Äpfeln und Birnen betrieben. Durch ihre Lage an der Autobahn A 61 ist die Stadt Rheinbach verkehrstechnisch gut angebunden. Dies und die vielen unbebauten Flächen begünstigen in Rheinbach seit vielen Jahren die Erschließung großer Gewerbegebiete, die sich in einem Gürtel östlich um den Stadtkern gruppieren. Das jüngste projektierte Gewerbegebiet in Rheinbach Wolbersacker wird sich über eine Fläche von ca. 39 ha ausdehnen. Der Verkauf der Flächen hat begonnen. Und als der erste Käufe – DHL – 2017 die Errichtung eines großen Logistikzentrums plante, kam die Archäologie ins Spiel.

Die fruchtbaren Lößböden in Rheinbach förderten seit tausenden von Jahren die Ansiedlung von Ackerbau und Viehzucht treibenden Kulturen. Vor ca. 7.500 Jahren siedelten sich die ersten sesshaften Bauerngemeinschaften in Rheinbach an. Nach der Bänderverzierung auf ihrer Keramik werden sie Linearband- oder Bandkeramiker genannt. Die weilerartigen, bäuerlichen Ansiedlungen bestanden aus mehreren Gebäuden, die aus Holz und Lehmfachwerk errichtet waren. Große Gruben, die parallel zu den teilweise bis zu ca. 30 Meter langen Häusern lagen, dienten zur Lehmentnahme beim Hausbau und später als „Mülltonnen“ der Bewohner. Heute sind die Gebäude obertägig nicht mehr sichtbar, aber kreisrunde, dunkle Verfärbungen im Boden lassen erkennen, wo einst die Pfosten der Häuser im Boden standen. Dunkle, große und unregelmäßige Verfärbungen, die meist mit Scherben und Erde verfüllt sind, sind die Reste der „Mülltonnen“.

Bereits seit 2004 war bekannt, dass auf dem Gelände des geplanten Gewerbegebietes eine bandkeramische Siedlung zu erwarten war, die im Vorfeld der geplanten Bebauung archäologisch untersucht werden musste. Und muss. Seit November 2017 graben wir diese bandkeramische Siedlung aus, die sich als bisher größte bekannte bandkeramischen Ansiedlung im Rheinland entpuppt hat. Voraussichtliches Grabungsende wird Ende 2019/Anfang 2020 sein. Das DHL Logistikzentrum wurde übrigens mittlerweile auf den von uns untersuchten und frei gegebenen Flächen errichtet.

Aber nicht nur die Bandkeramiker ließen sich auf den fruchtbaren Böden nieder. Ihnen folgten in den tausenden von Jahren zahlreiche weitere Bevölkerungsgruppen. Heute noch deutlich fassbar ist die römische Besiedlung im 2./3. Jahrhundert n. Chr., als dort im Abstand von wenigen Kilometern eine römische Villa neben der anderen stand.

Weniger gut erforscht ist der Zeitraum nach dem Ende der bandkeramischen Kultur im Rheinland, ab ca. 5.000 bis 4.900 v. Chr. bis zum Erscheinen der Römer im 1. Jh. v. Chr. Sicher ist, dass neue Siedler folgten, ihre Siedlungen sind jedoch selten und kaum nachweisbar. Aber genau aus dieser Zeit stammt ER, der so genannte Ötzi aus Rheinbach, der in den vergangenen Wochen im Fokus des öffentlichen Interesses stand. Im Gegensatz zum Südtiroler Ötzi handelt es sich hier aber nicht um den Fund einer Mumie, sondern „lediglich“ um einen Skelettfund. Zudem ist der Rheinbacher „Ötzi“ vermutlich ca. 700 Jahre jünger.

Da ca. 150 Meter südlich der bandkeramischen Siedlung der Boden tiefgründig abgetragen werden sollte, war es unsere Aufgabe, im Vorfeld dieser Arbeiten zehn Meter breite und bis zu 250 Meter lange Sondagen anzulegen (Abb.1). Diese waren ca. 0,70 m tief, da wir in dieser Tiefe archäologische Befunde, also Verfärbungen, vermuteten. Wir fanden zwar Fahrspuren der mittelalterlichen Aachen – Frankfurter Krönungsstraße, aber sonst eigentlich „nichts“. Bei einer Nachkontrolle fiel mitten in einer der Sondagen eine ca. 1,80 m x 1,00 m große, leicht rechteckige Verfärbung auf. Sie zeigte sich in einem sehr hellen Beigegrauton und hob sich kaum vom umliegenden Lehmboden ab. Die rechteckige Form ließ auf einen anthropogenen Bodeneingriff schließen. Nachdem wir diesen Befund in der Aufsicht= Planum tachymetrisch eingemessen hatten, folgte als nächster Arbeitsschritt das sog. „Schneiden“ des Befundes. Dabei wird dieser der Länge nach halbiert, so dass hinterher eine Hälfte noch unangetastet steht, die andere Hälfte aber „entnommen“ und somit zerstört ist. So entsteht ein Profil, an dem Archäologen erkennen können, um welche Art Bodeneingriff es sich einst handelte. War es ein Pfosten, eine Grube oder nur ein Tierbau? Für diese Arbeit des „Schneidens“ kommen Spaten und Schaufel zum Einsatz, nicht gerade Feinwerkzeuge.Nach dem „Schneiden“ war im Profil des Befundes fast nichts zu erkennen, lediglich kleine weiße Pünktchen fielen auf. Und diese weißen Pünktchen sind häufig Indizien für ein Grab, denn es können Reste von Knochen sein. Daraufhin wurde das oben erwähnte Profil nochmals vorsichtig abgestochen und es kam ein fest im Profil steckender, scheinbar vollständiger Topf aus Keramik zum Vorschein (Abb. 4). Aber noch war diese Verfärbung nichts Außergewöhnliches. Zwar deuteten die Knochenpünktchen und der Topf auf ein Grab, aber die Lößböden im Rheinland sind für ihre schlechte Knochenerhaltung bekannt. Durch die Lagerung im Boden wird den Knochen der Kalk entzogen und sie lösen sich auf, erst recht nach vielen tausenden von Jahren. So erwarteten wir nicht viel... (siehe Seite 2)

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Die ersten Heimatgeschichten im Seniorenbüro

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Als neues Quartalsangebot bietet das Seniorenbüro künftig die Veranstaltungsreihe “Heimatgeschichten“ an. Sie begann am vergangenen Donnerstag mit Stadtführer Lothar Vieler. Er erinnerte an „die Trümmerkinder von Remscheid“ und fragte seine zahlreichen Zuhörerinnen „Wisst Ihr noch?“ Das ergab bei Kaffee und Kuchen eine lebhafte Erinnerungsrunde. Da war den beiden Gastgebern Annette Mores und Ralf Krüger schnell klar: Mit diesem neuen Angebot lagen sie goldrichtig. Das können die Videos des Waterbölles belegen.

Hammer als Geschenk zum 4. Geburtstag

Panzer und Kapitulation

Schule, Schlitten und Stelzen

Zigaretten und Schrott

Bombenangriff auf Remscheid

Tanzschule an der Schönen Aussicht

Der Vater im Bullenkloster

Das bergische Heimatlied

Wochenrückblick vom 18. bis 24. Februar 2019

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Vorwort zu „Zeitzeuginnen des 20. Jahrhunderts“

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Mit dieser Broschüre hat die Stadt Remscheid den vielen Remscheider Frauen, die wegen ihrer politischen Überzeugung, menschlichen Verantwortung oder aus ganz persönlichen Gründen während der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt und inhaftiert wurden, ein Denkmal gesetzt. Die teilweise umfangreich geschilderten Lebensschicksale waren ganz unterschiedlich und haben mich sehr berührt. Ich lernte die politisch engagierten Frauen als starke, selbständig denkende und handelnde Persönlichkeiten kennen, die teilweise ihre männlichen Partner an Aktivität und Kreativität übertrafen. Viele hatten auch vor der Nazizeit wichtige politische Funktionen bekleidet. Nur wenige Frauen standen im Schatten ihrer männlichen Partner oder sonstigen Familienangehörigen. Ihren Beitrag zur Menschlichkeit in einer unmenschlichen Welt ans Licht treten zu lassen und sie nicht zu vergessen, ist die Absicht dieser Broschüre.
Die 2. Auflage dieser Broschüre aus dem Jahr 2007 hält die Erinnerung wach an die vielen Frauen und Männer, die in der Zeit des Nationalsozialismus litten und ermordet wurden.

(Christel Steylaers, Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte)

Remscheid hatte einmal eine starke Arbeiterbewegung, die vor dem 1. Weltkrieg sozialdemokratisch und in der Weimarer Republik kommunistisch geprägt war. Entsprechend kam auch der Widerstand in der Hauptsache aus den vielfältigen Organisationen der Arbeiterbewegung.

Die Remscheider Frauen hatten am Widerstand gegen den Faschismus einen beachtlichen Anteil. Aus unvollständigen Unterlagen der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten in Remscheid – geht hervor, dass sich unter 374 Bürgerinnen und Bürgern, die hauptsächlich wegen politischer Betätigung inhaftiert waren, immerhin 52 Frauen befanden. Unter ihnen alte Mütter wie die Kommunistin Maria Katzenberger, die durch den Faschismus alle drei Söhne verlor, weil sie wie ihre Mutter im Widerstand waren; unter ihnen die alte Frau Alders, die mit Tochter und Sohn verhaftet wurde, weil sie einem Illegalen Zuflucht in ihrer Wohnung in der Freiheitstrasse gewährt hatte, unter ihnen Elisabeth Henkel, die durch den Faschismus ihren Mann und zwei Söhne verlor, unter ihnen aber auch junge Mütter mit kleinen Kindern wie Milli Hilbert, Hanni Schäfer, Liesbeth Stillger und Elfriede Eisenberg.

Schon gleich nach der Machtübernahme waren Funktionärinnen und Funktionäre der Arbeiterbewegung, Stadtverordnete weiblichen und männlichen Geschlechts durch die Gestapo in sogenannte Schutzhaft genommen worden. Nach der VVN vorliegenden Unterlagen sind folgende weibliche kommunistische Stadtverordnete aus Remscheid in der Nazizeit inhaftiert worden: Selma Hahn, Elisabeth Henkel, Milli Hilbert, Gertrud Tillmanns und Trude Wybierala.

Maria Katzenberger war Kandidatin der KPD für die Stadtverordnetenwahlen in Remscheid im März 1933, ebenso Maria Redlich.

Es mussten mindestens vier Frauen aus Remscheid in der Nazizeit emigrieren:  Margarete Salz geb. Müller; Elfriede Bohlen, geschiedene Gilden, geb. Winsen; Hildegard Koll, geb. Arndt, Ehefrau von Otto Koll; Else Wolf geb. Dreibholz, Ehefrau des Schriftstellers und Arztes Friedrich Wolf.

Mindestens drei Remscheider Frauen wurde in der Nazizeit die Staatsbürgerschaft aberkannt: Hildegard Koll, geb. Arndt geb. am 15.5.1908 in Remscheid, Ehefrau von Otto Koll; Hildegard Koll, geb. am 23.2.1912 in Wermelskirchen, in den 30er Jahren in Remscheid wohnhaft; Else Wolf geb. Dreibholz.

Warum haben alle diese Remscheider Antifaschistinnen solch eine Bürde auf sich genommen? Wie verliefen ihr Lebensweg und ihr politischer Werdegang? Wo hatten sie ihre Wurzeln? Diesen Fragen sind wir nachgegangen und haben einige Biografien von Remscheider Antifaschistinnen für dieses Büchlein zusammengestellt.

Von drei Frauen lagen selbstverfasste Lebensberichte vor, von einigen Tonbandprotokolle. Wenn von anderen Frauen nur Wiedergutmachungsakten oder Akten des Hauptstaatsarchivs in Düsseldorf vorhanden waren und die Biografien kürzer ausfallen, heißt das nicht, dass diese Frauen weniger gekämpft oder weniger gelitten haben. Dieses Buch soll Auskunft geben über die Kämpfe und die Leiden dieser Frauen, ihren Mut und ihre Standhaftigkeit. (Die Schicksale jüdischer Frauen sind in dieser Arbeit nicht erwähnt, da sie in dem Buch „Geschichte der Remscheider Juden“ von Jochen Bilstein und Frieder Backhaus gewürdigt wurden.)

Stadt schlägt Gedenktafel für NS-Opfer in Lennep vor

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„Welche schriftlichen und sonstigen Quellen liegen zur Geschichte des Lenneper Kreishauses (zum Beispiel im Stadtarchiv) in der Zeit der NS-Diktatur vor?“, wollte die CDU-Fraktion der Bezirksvertretung Lennep wissen und bekam in der Sitzung am vergangenen Mittwoch von der Verwaltung eine Antwort (auf Grundlage einer Ausarbeitung des Historischen Zentrums). Demnach findet sich in den städtischen Akten kein „amtlicher“ Hinweis auf die Nutzung des ehemaligen Kreishauses durch SA und SS. Doch dem Lenneper Adressbuch von 1935 zufolge sei im damaligen Hermann-Göring-Haus die NSDAP-Ortsgruppe Lennep sowie die Nationalsozialistische Betriebszellenorganisation (NSBO) und die Nationalsozialistische Handwerks-/Handels- und Gewerbeorganisation (NS-Hago) untergebracht  gewesen. Ein Hinweis auf SA oder SS findet sich aber auch dort nicht. Auch in den Verwaltungsberichten der Stadt Remscheid von 1933 bzw. 1934 werde das Gebäude Kölner Str. 82 (bzw. seinerzeit Hermann-Göring-Str. 82) mit keinem Wort erwähnt. „Die Untere Denkmalbehörde besitzt ebenfalls keine sich aus der Bauakte ergebenden Informationen über die Nutzung des 1888 erbauten Kreishauses in den Jahren 1933-1934“, so die Verwaltung mi ihrer Mitteilungsvorlage für die BV Lennep. Erst  im folgenden Teil ihrer Stellungnahme nennt die Stadt in ihrer Mitteilungsvorlage Funkstellen zu den Aktivitäten von SS und SA in Lennep.

Wer suchen will, kann fündig werden

„Einzig die Wiedergutmachungsakten geben Auskunft über Misshandlungen im ehemaligen Kreishaus. Die Namen der Misshandelten sind durch die Recherchen von Armin Breidenbach bekannt. Ob es weitere Zeugenaussagen dieser Art gibt, kann nur durch systematische Durchsicht der 1.197 Wiedergutmachungsakten hier im Archiv festgestellt werden. Diese aufwendige Recherche kann durch das Archivpersonal leider auf absehbare Zeit nicht geleistet werden, wäre jedoch eine lohnende Aufgabe für eine/n Historiker/in“, so die Stadt weiter. Die Wiedergutmachungsakten seien als Quelle geeignet, Zeugnis von den Folterungen abzulegen und Hinweise auf die Täter zu geben, die im Übrigen teilweise wegen dieser Taten 1949 vor Gericht gestanden hätten. „Hier könnte man für weitere Informationen eine Anfrage ans Landesarchiv NRW Abtl. Rheinland richten; möglicherweise sind die Akten dort im Bestand. Um mehr über die Täter zu erfahren, könnte man auch eine Anfrage ans Bundesarchiv (Akten des ehem. Berlin Document Center) richten, allerdings kann es mehrere Monate dauern, bis eine Antwort erfolgt.“ Da es im Remscheider Stadtarchiv keine amtlichen Belege für die Nutzung des Hauses durch SA und SS gebe, könnten als Quelle darüber hinaus nur noch Zeitungsartikel herangezogen werden. Sowohl das Lenneper Kreisblatt als auch der Remscheider Generalanzeiger habe damals von der Übergabe des seit der Eingemeindung von Lennep nach Remscheid leer stehenden Gebäudes Hermann-Göring-Straße 82 an die NSDAP berichtet. In einem Artikel des Lenneper Kreisblattes vom 12. April 1933 werde die Aufteilung der übernommenen Räume geschildert. Demnach waren „gleich rechts vom Eingang der Kampfbund für den gewerblichen Mittelstand […], die Räume für die Betriebszellen-Organisation, für den Motor-Sturm, ferner für die SS und die Kriegsopferversorgung; links vom Eingang [befand] sich die Wachtstube der SA, der Raum für den SA-Führer und der Unterkunftsraum für die SA selbst. Im ehemaligen Beratungszimmer des Kreisausschusses“ war der Sturmbann untergebracht. (Später war ausweislich des Adressbuchs von 1935 im selben Gebäude auch die NS-Volkswohlfahrt und die NS-Frauenschaft untergebracht.) Die Misshandlungen haben sich daher anscheinend in der unteren Etage, linke Seite abgespielt.

Aus einem Artikel des Lenneper Kreisblattes vom 24. April 1933 kann man ersehen, dass das Kreishaus als „Hermann-Göring-Heim“ am 22. April 1933 eingeweiht wurde. Noch im selben Monat fanden die ersten als „Verhöre“ bezeichneten Folterungen statt (siehe Wiedergutmachungsakte). Wann diese ihr Ende fanden, ist der Stadt Remscheid nicht bekannt. Zu Folterungen sei es – ausweislich einer Wiedergutmachungsakte – auch noch im November 1933 gekommen. „Was sich 1933 und 1934 in dem Gebäude abgespielt hat, wurde der Öffentlichkeit (abgesehen von Augen- oder Ohrenzeugen) erst bekannt, als die Zeitungen im Juli 1949 von den Verfahren gegen die Täter berichteten. So berichtete das „Rhein-Echo“ in seiner Ausgabe vom 21. Juli 1949 über ein Verfahren vor dem Wuppertaler Schwurgericht, in dem der SS-Unterscharführer Heinz Berg und Heinrich Schnettker (SS) wegen schwerer Misshandlung der KPD-Funktionäre Leukert, Köster und Hahnenfurth im Hermann-Göring-Haus. Sie seien zu 14 Monaten Gefängnis verurteilt worden.

Des Weiteren verweist die Verwaltung auf eine Dissertation von  David Thompson, wonach sich „Anwohner der Straßen rund um den regionalen Hauptsitz der NSDAP in Lennep, das Hermann-Göring-Haus, vor der Polizeistation versammelten, um sich über die Behandlung von Verdächtigen durch die SA zu beschweren. Diese Anwohner waren alarmiert worden durch die Schreie gefolterter Gefangener über einen Zeitraum von mehreren Tagen nach einer Razzia gegen Verdächtige. Von dem misshandelten Verdächtigen wurden nach seiner Entlassung Fotos gemacht und schließlich als Beweise vorgelegt bei einer Gerichtsverhandlung gegen drei örtliche SA Männer nach dem Krieg. Es ist nicht bekannt, ob die Polizei Schritte unternahm, solche Praktiken in Lennep zu drosseln, und es gab Gerüchte, dass einige der Anwohner selbst mit Gefängnis bedroht wurden, wenn sie die Angelegenheit weiter verfolgten.“ Verwiesen wird weiter auch einen Bericht Armin Breidenbach vom 18.11.2000 im RGA über das Kreishaus als Folterstätte der SA und den Beitrag „Es erblüht eine weiße Rose…“ von Ilse Faeskorn über die Widerstandsgruppe um Hans Salz, in dem sie Bezug nimmt auf die „Verhöre“ im Kreishaus.

Die Verwaltung abschließend: „Zusammenfassend kann gesagt werden, dass es im Stadtarchiv Remscheid keine amtlichen Quellen gibt, die die im ehemaligen Lenneper Kreishaus erfolgten Misshandlungen durch SA und SS belegen, abgesehen von den Aussagen der Betroffenen, die sich in den Wiedergutmachungsakten finden. Diese allerdings sind sehr präzise in ihrem Inhalt, auch was die Angaben bezüglich der Täter betrifft (die daraufhin auch teilweise verurteilt wurden). Insofern können die Opfer, derer erinnert werden sollte, durchaus namhaft gemacht werden. Zeitgenössische Zeitungsartikel belegen zudem, dass und in welchem Umfang das Haus tatsächlich durch die Lenneper SA genutzt wurde. Eine Form der Erinnerung könnte die Anbringung einer Gedenktafel sein, wie sie beispielsweise an der ehem. Polizeikaserne Uhlandstraße (Foto rechts) angebracht wurde. Sofern möglich, sollte auf das Schicksal der namentlich bekannten Opfer hingewiesen werden, bspw. durch Kurzbiographien und Fotodokumente.“

Auf Erkundung mit einem Remscheider Stadtführer

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​1 März, 19 Uhr,
Mit dem Nachtwächter durch Lennep
Erleben Sie unter dem Motto "Altes bewahren und Neues entdecken" den Nachtwächter "Gustav om Hackenberg" auf seinem Weg durch den mittelalterlichen Kern der fast 800-jährigen Handels- und Tuchmacherstadt im Zentrum des Bergischen Landes. Während des 1,5 bis 2-stündigen Rundgangs wird spannend die Geschichte von der Stadtgründung bis zur Eingemeindung nach Remscheid geschildert. Beim Wandern durch die alten Straßen und Gassen werden Sagen und Geschichten aus der alten Kreisstadt wahr. Lothar Vieler. Treffpunkt: Röntgenmuseum Lennep. Anmeldungen unter Tel. RS  666861 oder E-Mail IGStadtfuehrer.RS@T-online.de.

Auf der folgenden Seite finden Sie das komplette Jahresprogramm:
 

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