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Über Tadschikistan und Moldawien nach Deutschland

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Viktor Zerbe, geboren am 26.09.1959 in Solikamsk /Ural in der damaligen Sowjetunion, seit 1.08.1975 in Remscheid:

Solikamsk (russisch ?????????) ist eine der ältesten Städte der russischen Region Perm. mit 100.443 Einwohnern (2005), hinter Perm und Beresniki die drittgrößte Stadt der Region und nimmt eine Fläche von 165,50 km² ein. Der Name der Stadt kommt von sol (russisch für „Salz“) und dem Fluss Kama. Durch den sowjetischen Geheimdienst NKWD wurden ab Dezember 1944 Hunderttausende deutscher Zivilisten zur Zwangsarbeit in Lager (Gulag) der Sowjetunion deportiert, überwiegend Frauen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden auch deutsche Kriegsgefangene als Zwangsarbeiter nach Sibirien transportiert. Die Region Perm (russisch ???????? ????/ Permski krai) ist eine Verwaltungsregion (Kraj) in Russland. Die Region liegt im äußersten Osten Europas westlich des Uralgebirges und grenzt im Norden an die Republik Komi und im Westen und Süden an Udmurtien und Baschkortostan.

Meine Mutter lebte bis 1944 in einem deutschen Siedlungsgebiet im Kreis Odessa am Schwarzen Meer in der UdSSR. Sie siedelte nach Kalisch um. Von 1939 bis 1945 gehörte Kalisch als Stadtkreis und Sitz des Landrates für den gleichnamigen Landkreis zum deutschen Reichsgau Wartheland. Am 23. Januar 1945 wurde Kalisch von der sowjetischen Armee zerstört. Auf der Flucht vor der russischen Armee wurde meine Mutter im Alter von 17 Jahren im Juni 1945 von der russischen Armee nach Perm im Ural verschleppt. Sie hat dort meinen Vater, Friedrich Zerbe , ebenfalls einen verschleppten Deutschen, im Lager kennen gelernt und geheiratet. Beide haben dort, wie viele andere auch, als Arbeitssklaven oder Zwangsarbeiter gelebt. Im Mai 1960  ging meine Familie, ich war neun Monate alt, von Perm nach Kasachstan. Dort lebten wir bis 1969. Meine Großeltern als Volksdeutsche hatten 1966 als Rentner die Ausreise nach Deutschland beantragt und auch die Genehmigung der sowjetischen Behörden erhalten. 1969 haben meine Eltern, die ebenfalls Volksdeutsche waren, auch einen Antrag auf Ausreise nach Deutschland gestellt. Der Antrag wurde abgelehnt. Wir stellten immer wieder Ausreiseanträge; immer wieder wurden die Anträge abgelehnt. Wir wussten, dass wir hier, in diesem Teil der Sowjetunion, als Deutsche keine Chancen hatten.

Wir sind dann nach Tadschikistan in die Stadt Warsch nahe der Grenze zu Afghanistan umgezogen. Das Klima dort war Wüstenklima. Dort waren mehr Deutsche. Es hieß, dort habe man bessere Chancen auf eine Genehmigung für die Ausreise. Mein Vater bekam dort auch sofort als Zimmermann Arbeit. Wir bekamen vom Staat ein „Reihenhaus“. Auch hier in Warsch stellten wir eine Ausreiseantrag nach Deutschland. Auch hier wieder kein Erfolg, auch hier erhielten Deutsche in der Sowjetunion keine Chance.

Mein Vater entschied dann, dass wir wieder in den europäischen Teil der Sowjetunion umziehen sollten. So sind wir 1972 nach Moldawien, Kreis Teraspol, Dorf Glinoe gezogen. Dort haben wir ein Haus gekauft. So etwas wie Mietobjekte gab es nicht. 1973 starb urplötzlich mein Vater. Meine Mutter stand dann mit sieben Kindern im Alter von 7 bis 20 Jahren alleine da.

Wir haben wieder eine Ausreiseantrag gestellt. Diesmal hatten wir allerdings Hilfe von den richtigen Leuten und auch Schmiergeld. Und diesmal hatten wir Erfolg. Die Ausreisegenehmigung wurde erteilt. Im Mai 1975 sind wir ausgereist! Zunächst von Moldawien nach Moskau in die deutsche Botschaft, um die Papiere und Ausreisepässe abzuholen. Das Ausreisevisum war einen Monat gültig. Von Moskau mit dem Zug nach Hannover, von Hannover nach Friedland. Dort haben wir uns ca. zehn Tage aufgehalten, dann ging es weiter nach Unna Massen. Hier waren wir ca. drei Monate.(weiter auf der 2. Seite)

Klicken führt zum'Zeitstrahl' der AusstellungZur 200-Jahr-Feier der Stadt Remscheid stellte Heike Hildebrandt vom damaligen Migrationsbüro der Stadt eine Ausstellung („Zeitzeugen-Projekt“) zusammen mit Schilderungen zahlreicher „Zeitzeugen der Zuwanderung“, deren neue Heimat Remscheid geworden war. Das ist jetzt zehn Jahre her. Doch die Geschichten sind es wert, nach vorne gestellt zu werden. Denn darin erzählen die „Zugereisten“, warum sie ihre Heimat verlassen haben, wie sie hier in Remscheid ankamen, welche Erwartungen, welche Hoffnungen, welche Enttäuschungen sie erlebten und warum sie sich trotzdem mit Remscheid verbunden fühlen. Zuwanderung begann aber nicht erst mit den "Gastarbeitern", sondern schon Ende des 19. Jahrhunderts mit italienischen Straßenbauern. Und nach dem nach dem Zweiten Weltkrieg folgten Vertriebene, Flüchtlinge und Heimatlose.
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