In der Zeit vom 12. bis 17.11.1934 fand vor dem II. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm in Wuppertal der Prozess Andreas Pflüger statt. Von den 62 Angeklagten waren zwölf Frauen. Die Gestapo hatte zunächst gegen 91 Angeklagte, darunter 22 Frauen, ermittelt.
von Werner Faeskorn
Sophie Elisabeth Henkel geb. Lange wurde am 10.4.1883 im Kreis Frankenberg in Hessen geboren. Sie kam nach Wermelskirchen und später nach Remscheid. 1907 hat sie den Arbeiter Otto Henkel geheiratet. Lieschen (wie sie von Freunden und Verwandten genannt wurde) und Otto Henkel hatten zwei Söhne: Erwin, geb. am 24.3.1908 und Gerhard, geb. am 27.4.1913.
Wie viele Menschen in den Jahren nach dem 1. Weltkrieg waren Elisabeth Henkel und ihr Mann politisch interessiert. 1925 wurde Elisabeth Henkel Mitglied der Kommunistischen Partei Deutschlands. Sie kandidierte 1929 bei den Gemeindewahlen für den Remscheider Stadtrat, wurde jedoch noch nicht Stadtverordnete. Sie rückte 1930 für einen ausgeschiedenen Abgeordneten ins Stadtparlament nach. Am 12.3.1933 kandidierte sie erneut für die KPD bei den Gemeindewahlen, gehörte aber nicht zu den 14 gewählten Kandidaten.
Auch ihre Söhne und ihr Mann waren konsequente Gegner der Nazis. Die Söhne waren aktiv in der Remscheider KPD tätig. Die Familie Henkel war 1933 bereits kurz nach der Machtübergabe an die Nazis Schikanen und Verfolgungen ausgesetzt. Elisabeth Henkel hat über die Leiden ihrer Familie schon 1945 und in späteren Jahren mehrmals schriftlich berichtet. Diese Berichte befinden sich zum Teil im Stadtarchiv Remscheid oder im Archiv der Landesvereinigung der VVN - Bund der Antifaschisten in Wuppertal.
Im April 1933 wurde der damals 20-jährige Sohn Gerhard auf offener Straße von einer Schlägertruppe der Nazis zusammengeschlagen und verhaftet. Danach fand in der Wohnung der Familie Henkel die erste Hausdurchsuchung statt. Elisabeth Henkel berichtet (Bericht v. 22.5.1948): Anschließend fuhr ein Überfallwagen bei uns vor, mehrere Polizeibeamte drangen in unsere Wohnung ein, richteten ihre Gewehre auf uns, während wir bei der Durchsuchung unserer Wohnung auf den Befehl mit Hände hoch! verharren mussten. Gefunden wurde nichts!
Die zweite Haussuchung, welche Anfang Mai 1933 durch den Kriminalbeamten K. und zwei Hilfsbeamte durchgeführt wurde, verlief wieder ergebnislos. Am 18.8.1933 fand die nächste Hausdurchsuchung statt. Sie schreibt in ihrem oben genannten Bericht dazu: Im August 1933 überfielen uns früh morgens fünf Gestapobeamte. Es waren Reuber, Lendermann, K., M. und H. Sie alle waren ziemlich rabiat und versuchten, uns auf allerlei Art herauszufordern. Da die Gestapo-Leute auch bei dieser Hausdurchsuchung nichts fanden, haben sie ein von ihnen mitgebrachtes Flugblatt als Beweisstück genommen. Elisabeth Henkel, ihr Mann Otto und der Sohn Gerhard wurden verhaftet. Sie schreibt dazu in ihrem Bericht vom 17.5.1948:
Mein Mann, mein Sohn Gerhard und ich kamen in das Polizeigefängnis in der Uhlandstraße. Nach mehreren Hungertagen wurde ich nachts um zwei Uhr aus der Zelle zum Verhör geholt. Ich war zurzeit fünfzig Jahre alt, aber noch nie in meinem Leben bin ich mit solch brutalen Menschen in Verbindung gewesen. Mit den unflätigsten Ausdrücken wurde ich beschimpft und auf das Unglaublichste verhöhnt und provoziert. Da man aus mir nicht die von ihnen gewollten Aussagen herauspressen konnte, wurde Reuber so wütend, dass er mich mit geballter Faust voller Wucht in das Gesicht schlug. Der Beamte M., welcher während des Verhörs auf einem Stuhl dicht hinter mir saß, hatte seine rechte Hand auf meiner Schulter liegen und knipste seine Pistole vor meinem Ohr ständig auf und zu und drohte mir fortwährend mit der Kemna. Lendermann tobte in Wutausbrüchen um mich her, so dass ich sein ganzes Gebaren nicht für normal halten oder ihn für betrunken halten musste. Später erst wurde ich gewahr, dass Reuber in derselben Nacht auch meinem Manne mehrere Zähne eingeschlagen hatte.
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