Bei dem Mangel an Nachrichten über die Entstehung eines eigenen Kaufmannsstandes und den dürftigen uns überkommenen Angaben über die Entwicklung des Absatzes in der älteren Zeit stehen wir um 1600 vor der Tatsache, dass ein schon außerordentlich vielseitiger und tüchtiger Kaufmannsstand vorhanden ist, der sich anscheinend schon früh in Richtung der Absatzländer orientier. (...)Zu Beginn des 19. Jahrhunderts lassen sich bereits zwei Gruppen von Kaufleuten unterscheiden: Kommissionäre, die als Verleger zugleich Fabrikanten" waren, und Exporteure, die ausschließlich Geschäfte nach dem Ausland tätigten. Schon rein äußerlich zeigte sich damals die Bedeutung der Kaufleute: Um die stattlichen, auf den Höhen liegenden Bergischen Kaufmannshäuser hatten sich die Schmiede in kleinen Höfen angesiedelt.
Export wie auch Inlandabsatz der Remscheider Erzeugnisse hatten unter der französischen Handelspolitik (Kontinentalsperre) schwer zu leiden. Die Absatzmärkte wurden völlig verschoben. Im 18. Jahrhundert war Frankreich ein Hauptabsatzgebiet gewesen, aus dem nun der Bergische Handel, als Napoleon eine eigene nationale Wirtschaft großzog, verdrängt wurde. Auch der Absatz nach den Indien" ging verloren. Die Geschäfte waren unbedeutend und unsicher, Fabriken" und Manufakturen entstanden in großer Zahl auf dem Festlande. Sie sahen sich gezwungen, gleichfalls in den überseeischen Ländern Absatz zu suchen. Als nach dem Friedensschluss obendrein England seine während des Krieges in ungeheuren Massen aufgespeicherten Waren in alle Welt versandte, musste notwendig ein großer Warenüberfluss entstehen, der die Preise senkte, von ferneren Unternehmungen abschreckte und die für das Bergische Land verlorenen Märkte auf lange hinaus versorgt hielt. Es gab 1817 in Remscheid 53 Handelshäuser nur für den Export, die schon damals in großem Umfange Waren ausführten. Als Exportländer werden Frankreich (freilich nur mehr von geringer Bedeutung), Spanien, Portugal, Italien, Schweiz, Russland, Holland, Amerika angegeben. Den Geldwert der jährlich versandten Fabrikate schätzte man 1827 auf ungefähr 1,2 Millionen Taler.
Die neue Zeit verlangte im Interesse des Gewerbes einen energischen Schritt zur Eroberung neuer Märkte. Mutig und erfolgreich unterzogen sich die Bergischen Kaufleute der schweren Aufgabe. Man schenkte dem russischen Markt erhöhte Aufmerksamkeit. Im Schlitten bereisten die Kaufleute das Zarenreich und kehrten oft erst nach einem Jahr mit ihren erlangten Aufträgen zurück. Die Fabrikation der bestellten Warenmengen wurde auf eine bestimmte Zeit verteilt, und dann ging der Kaufmann auf eine neue Reise. Dank dieser mühseligen Arbeit wurde Russland bis zum Weltkriege ein Hauptabnehmer der Bergischen Industrie. Als dann der Krieg alle Beziehungen mit den russischen Kunden zerstörte, sahen sich die Remscheider Firmen um die Früchte ihrer Arbeit betrogen; die erlittenen Verluste waren ungeheuer.
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