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Offen für bildungsbürgerliches Gedankengut

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1813 erwarben die Ehringhauser Bürger ein eigenes Schulgebäude, welches gleichzeitig auch als Wohnhaus für den Lehrer diente. Diese Schule besuchte auch Ernst mit allen anderen Kindern in Ehringhausen. Es bestand zwar in preußischer Zeit bereits eine Schulpflicht vom 6. bis zum 13. Lebensjahr, die aber mangels vorhandener Verwaltungsstrukturen nicht immer ernsthaft durchgesetzt werden konnte. So hing der Schulbesuch in erster Linie von der Einsicht der Eltern in die Notwendigkeit einer Schulbildung und natürlich auch von den finanziellen Verhältnissen der Familie ab. Bei diesen Erwägungen ging es nicht nur um das zu zahlende Schulgeld, sondern vor allem auf dem Land auch darum, ob auf die Arbeitskraft der Kinder verzichtet werden konnte. Diese Gedanken spielten bei den finanziellen Verhältnissen der Familie Hasenclever sicherlich keine Rolle. Ganz im Gegenteil gaben sie 1813 2600 Reichstaler als Darlehen für den Ankauf des neuen Schulgebäudes.

Das Schulgeld betrug damals 52 Stübber pro Kind und Monat. Unterricht war täglich von 8 bis 11 Uhr und von 13 bis 16 Uhr. Am Mittwochnachmittag und täglich von 11 bis 12 Uhr und von 16 bis 17 Uhr hatte der Unterricht in französischer Sprache zu erfolgen.32 Ein Unterricht in französischer Sprache bereits in der „Grundschule“ erscheint aus heutiger Sicht recht modern. Dies zeigt aber bereits die Ausrichtung der Schule auf das sich entwickelnde Bürgertum. Die Beherrschung mindestens einer, meist sogar mehrerer Fremdsprachen gehörte zur Ausbildung der Oberschicht, zu der sich auch das Bürgertum zählen wollte. Für die Aktivitäten einer Handelsfamilie wie den Hasenclevers waren Fremdsprachenkenntnisse unerlässlich. Für den zukünftigen Nachfolger einer Kaufmannsdynastie war die Ausbildung nur auf einer Elementarschule nicht ausreichend. Josua Hasenclever schreibt dazu: „Unsere Kinder waren indessen teilweise in das Alter gekommen, dass wir für sie auf besseren Unterricht, als sie in der hiesigen Elementarschule erlangen konnten, denken mussten.“ 33

Es zeigt sich die Einigkeit der Brüder David und Josua, die gemeinsam mit ihrem ältesten Bruder Johann Bernhard beschließen, einen Hauslehrer für die weitere Ausbildung ihrer Kinder anzustellen. Dadurch waren die Kinder zusätzlich unter der Kontrolle und Aufsicht ihrer Eltern. Aufgrund der großen gemeinsamen Kinderzahl entstand ein regelrechter „Klassenverband“, den Josua als positiv für die Entwicklung der Kinder ansah: „...wurde der Überstand vermieden, der gewöhnlich stattfindet, wenn nur eins oder zwei unterrichtet werden.“ 34

Die Kinder der Familie wurden während ihrer Ausbildung in Ehringhausen von drei verschiedenen Hauslehrern unterrichtet. Sie wurden von Josua Hasenclever wie folgt charakterisiert: „Der erste Lehrer hieß Hochdörfer, ein Mann von vielen Kenntnissen und rechtschaffendem Charakter, aber heftig, starrköpfig und sehr eingenommen von sich selbst, so dass er außer der Universitätsbildung eigentlich gar keine andere wollte gelten lassen, auch die Kinder sehr streng behandelte.“35 Trotz dieser nicht eben freundlichen Charakterisierung blieb Hochdörfer einige Jahre bei der Familie in Ehringhausen. Ihm folgte ein Kandidat Kunz „der aber unseren Erwartungen nicht entsprach, daher nicht lange blieb.“ 36

Auf Kunz folgte als letzter Hauslehrer ein Kandidat Becker, der 1830 in Ehringhausen starb. Dieser Lehrer Becker fand sich auch in den „Epochentabellen“ der Familie Hasenclever. Seine Mutter Henriette schrieb dazu als erste Eintragung mit einem Bezug zum Leben ihres Sohnes am 30. April 1830: „Ernstens Abschied aus dem elterlichen Hause in Begleitung seines Lehrers Becker, nach Crefeld, in das Haus des Herrn Rectors Vogel, wo er zu unserer Ruhe und Freude wohl versorgt ist.“ 37 (…)

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