Das Festhalten der Remscheider an ihren Leichenzügen durch die Stadt war mit der stetigen Ausdehnung des Straßenverkehrs nicht mehr in Einklang zu bringen. Allmählich wurden die Leichenzüge als unliebsame Verkehrsbehinderung empfunden, wie ein Bericht aus dem Jahre 1929 zeigt: Vor kurzem konnte man an der Unterführung eine enorme Stockung des gesamten Straßenverkehrs beobachten. Dort stauten sich fünf Straßenbahnwagen (einer in der Neuenkamper Straße, zwei in der Unterführung mit Fahrtrichtung Bahnhof, und zwei Wagen standen mitten auf der Bismarckstraße (Foto rechts) in der Fahrtrichtung nach der Unterführung). Neben, vor und hinter den Straßenbahnwagen standen wohl über zwanzig andere Gefährte: Last- und Personenautos, Pferdefuhrwerke, Ziehkarren, Motorräder. Was war der Grund dieses beängstigenden Gedränges? Ein Leichenzug kam aus der Unterführung heraus, um die Bismarckstraße aufwärts nach dem Stadtfriedhof zu ziehen."
Wie schwer es jedoch war, den alten Brauch abzuschaffen, lässt die Replik des Evangelischen Gemeindeamtes in der RGA-Stadtchronik" ahnen: Seit Jahren ist die Kirchengemeinde bemüht, eine Änderung in dem Beerdigungswesen herbeizuführen, in der Absicht, dass alle Beerdigungen von den Friedhofskapellen aus erfolgen müssen. Sie hat zu diesem Zwecke bereits 1912 in den Friedhofskapellen der drei kirchlichen Friedhöfe (Stadt-, Süd- und Westfriedhof) Ruhekammern eingerichtet, in denen die Särge bis zur Trauerfeier im Kapellenraum aufgebahrt werden und die jederzeit den Angehörigen zugänglich sind. Leider ist von dieser Einrichtung bisher wenig Gebrauch gemacht worden. Ein vor Jahren unternommener Versuch, die Überführung der Leichen in die Ruhekammer durch Polizeiverordnung vorzuschreiben, hatte keinen Erfolg. Nach einem Beschluss des Presbyteriums wird jetzt erneut versucht werden, die Benutzung der Friedhofskapellen einzubürgern."
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