Teil II
Mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges, als Panikkäufe und das Horten besonders von Lebensmitteln Engpässe in der Versorgung hervorriefen und die Preise in die Höhe trieben, beschloss die Remscheider Stadtverordnetenversammlung, eine Kriegswirtschaftskommission, den Lebensmittelausschuss, einzusetzen, der die Beschaffung und Lagerung von Lebensmitteln auf Rechnung der Stadt organisieren sollte. Nach und nach musste die Stadtverwaltung neben ihrer eigentlichen Aufgabe, der Leistungsverwaltung, auch die Verwaltung der Versorgung übernehmen: 1915 wurde der städtische Lebensmittelmarkt ins Leben gerufen - von Oberbürgermeister Hartmann, dem Vorsitzenden des Lebensmittelausschusses, scherzend-verzweifelt unser Kolonialwarengeschäft" genannt. Ein bis Oktober 1916 dem städtischen Lebensmittelmarkt angegliederter städtischer Obst- und Gemüsemarkt wurde von diesem Zeitpunkt an selbständige Einrichtung. Ebenfalls im zweiten Kriegsjahr ins Leben gerufen wurden der städtische Fischmarkt und das Kartoffelamt. Darüber hinaus gab es einen städtischen Bekleidungs- sowie Brennstoffmarkt. Allein 1917 besserte die städtische Schuhbesohlungsanstalt 42.020 Paar Schuhe aus. Im selben Jahr zog eine fliegende Schusterkolonne" von Schule zu Schule, um an Ort und Stelle die Schuhe der Schulkinder zu reparieren.
Am 2. April 1917 erfolgte die Eröffnung der städtischen Hauptkriegsküche in der Blumenstraße mit einer Tageskapazität von 20.000 Liter Essen. Dort und in den 14 Ausgabestellen wurden im selben Jahr 1.162.000 Portionen Essen verabreicht. Diese Einrichtung fand den besonderen Beifall der zahlreichen in der Kriegsindustrie beschäftigten Mütter. Mit einer Bescheinigung vom Armenpfleger bezahlten Minderbemittelte für sechs Mittagessen von je einem Liter 2,40 Mark; Speiseabholer 3,60 Mark; und Personen, die das Essen in einer Wirtschaft (Ausgabestelle) einnahmen, 4,20 Mark."Zunehmend galt es auch, die Kriegerfamilien zu unterstützen. Am 1. März 1918 waren es bereits 5.326 Familien mit insgesamt 13.126 Personen. ( ) Mit der generellen Verschlechterung der Ernährungslage sank die Nahrungsmittelzuteilung schließlich auf täglich 1 500 Kalorien für den Erwachsenen, d. h. auf die Hälfte des für eine gesunde Ernährung Erforderlichen. Wehe uns armen hoffenden Frauen", klagte eine Schwangere in einem 'Eingesandt'. Jetzt bekommen wir nur noch sage und schreibe ein halbes Pfund Grießmehl und 90 Gramm Margarine in der Woche. Da soll ein starkes künftiges Geschlecht herangezogen werden, was dringend notwendig für die Zukunft Deutschlands wäre, - wie unsere maßgebenden Stellen immer schreiben, und da wird von denselben Stellen so rücksichtslos gegen uns hoffende Frauen gearbeitet. Bei dem geringen Quantum von Lebensmittel, mit denen wir hoffende Frauen herumkommen sollen, müssen die Kinder mehr oder weniger krank zur Welt kommen. Jede Frau hat nicht den Geldbeutel, um dem Schleichhändler die teueren Sachen abkaufen zu können. Sollte denn auf den Lägern der Stadt kein Artikel mehr sein, der uns hoffende Frauen in etwa die ausfallenden Eier und die gute Butter ersetzen könnte?"
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