Remscheid hatte, seit das Eisengewerbe die Ruhrkohle benötigte, ein lebhaftes Interesse an der Verbilligung des Transports. Allgemein wurde daher die 1828 projektierte Kohlebahn von der Ruhr nach Remscheid begrüßt. Interessenten aus dem Morsbachtal und Ronsdorf planten den Bau einer Schmalspurbahn von Ronsdorf nach Müngsten mit einem späteren Ausbau durch das Wuppertal bis Sonnborn und Burg. Nachdem sie diese Pläne der Kreisverwaltung in Lennep vorgetragen hatten, vereinigten sich die Interessenten 1857 unter dem Vorsitz des damaligen Landrats Koenigs. Durch die tatkräftige Vorarbeit der Kommission konnten die umfangreichen Planungsarbeiten soweit gefördert werden, dass in der Sitzung am 15. Mai 1888 ein Plan des Baurats Hostmann aus Hannover vorgelegt und angenommen werden konnte. Nach dessen Plan sollte die Bahn die Landstraße von Ronsdorf über Halbach nach Clarenbach und von da ab die im Bau befindliche Morsbachtalstraße benutzen. Ein Remscheider Vorschlag, von Clarenbach aus eine Verbindung zum Remscheider oder Hastener Bahnhof herzustellen, wurde abgelehnt.
Alte Urkunden legen noch heute Zeugnis ab von den Anfängen der "Ronsdorf-Müngstener-Eisenbahn" (RME). Aus der Konzessionsurkunde vom 18. November 1889 geht hervor, dass eine Aktiengesellschaft mit bekannten Firmen aus Remscheid, Wuppertal, Ronsdorf, Cronenberg und Lüttringhausen gegründet wurde. Bemerkenswert war, dass eine ganze Reihe kleiner Firmen neben so bekannten wie J. Gottlieb Peiseler, Luckhaus & Günther, Carl Hagenböcker oder A. Erbschloe Aktien erworben hatten. Das hatte seinen Grund: Gerade die kleinen Kotten im Morsbachtal wollten sich den neuen, für die damalige Zeit modernen Transportweg für ihre Werkzeuge und Ma- schinen sichern.
Am 18.Mai 1890 erteilte die Stadt Remscheid die Genehmigung zum Bau einer Bahnlinie auf Remscheider Gebiet mit der Auflage, dass die Gesellschaft für die Instandhaltung der Straße in ihrer Gesamtheit zu sorgen habe. Am 28. Mai 1890 konnte der erste Spatenstich für den Bahnbau erfolgen. Die Verwirklichung des Projektes verzögerte sich aber durch die zu niedrig berechneten Baukosten. Die Bauarbeiten mussten verschiedentlich unterbrochen werden, weil Schienen und Weichen wegen der hohen Transportkosten nicht rechtzeitig vom Bahnhof Ronsdorf an die Baustellen befördert werden konnten. Die Inbetriebnahme des 1,8 km langen Teilstücks zwischen Staatsbahnhof und dem Stadtbahnhof Ronsdorf erfolgte am 28. Mai 1891. Das zweite Teilstück mit 4,3 km Länge zwischen dem Staatsbahnhof Ronsdorf und der Clarenbach wurde am 21. August 1891 eröffnet, und das letzte Teilstück von Clarenbach durch das Morsbachtal bis Müngsten mit 9,2 km Länge konnte am 16. November 1891 eröffnet werden.
Im Gebiet der Stadtgemeinde Lüttringhausen lagen 5,8 km Gleis und die Haltestellen Graben, Halbach, Stollen, Clarenbach, Gründerhammer und Platz. Auf Remscheider Gebiet lagen 4,3 km Gleis und die Haltestellen Clemenshammer, Gerstau, Hütz, Breitenbruch, Aue, Berg/- Fürberg und Morsbach. In Clarenbach, Gerstau, Aue, Berg/Fürberg und Morsbach waren Güterschuppen mit zwei Lagerräumen. Kleinere Güterschuppen waren in Gründerhammer und Platz. Für den Personenverkehr gab es Warteräume in Clarenbach, Gerstau, Morsbach, Platz, Hütz, Aue und in Berg/Fürberg.
Die Herstellung der Gesamtstrecke kostete damals eine Million Mark, wovon die Stadt 265 000 Mark zu tragen hatte und dafür Aktien übernahm. Zunächst wurde das 1,8 km lange Stück vom Staatsbahnhof Ronsdorf bis Stadtbahnhof Ronsdorf, dann das Teilstück Ronsdorf- Clarenbach und schließlich die Strecke Clarenbach-Müngsten gebaut. Die Gesamtlänge betrug 15,146 km mit einem Höhenunterschied von 185,85 Metern. Am 16. November 1891 war die Strecke Ronsdorf Müngsten fertig. Zwei dreiachsige Tenderlokomotiven, vier vierachsige Personenwagen und insgesamt 22 Güterwagen zählten bei der Eröffnung zu den Betriebsmitteln. Zur Beleuchtung der Fahrspur dienten zwei Petroleumslampen. Die Güterzüge fuhren zwischenzeitlich nach Bedarf und versorgten die Morsbachtaler Betriebe und das Solinger Wasserwerk mit Kohlen und anderen Rohstoffen. Umgekehrt versandten die Betriebe ihre Fertigwaren mit der Schmalspurbahn. Der gesamte Zugverkehr wurde durch betriebseigene Fernmeldeanlagen telegrafisch geleitet. Am Stadtbahnhof Ronsdorf, in Gerstau und Müngsten waren Wasserleitungen bzw. Brunnen, zur Speisung der Lokomotiven installiert.
Zwischen Ronsdorf und Müngsten verkehrten werktags sieben und sonntags neun Personenzüge. Die Personenzüge führten einen bis drei Wagen, der Frühzug zusätzlich einen Gepäckwagen. Sie brauchten für die rund 15 km lange Strecke 85 min. Fahrzeit, also fast 1 1/2 Stunden bei einer fahrplanmäßigen Geschwindigkeit von 16 km/h. Der Fahrpreis betrug für die 3. Klasse je Kilometer fünf Pfennig bei Aufrundung der Fahrstrecken auf gerade Kilometerzahlen. Vor allem im Sommer und zur Zeit der Müngstener Kirmes war der Andrang von Fahrgästen groß; die Fahrt durch das idyllische Morsbachtal war für jeden, der sie einmal mitgemacht hatte, ein unvergessliches Erlebnis.
Die Ronsdorf-Müngstener-Eisenbahn war von 1893 bis 1959 über 60 Jahre in Betrieb. Bereits im Jahre 1907 war die Strecke so profitabel, dass man sich entschloss, eine Verlängerung der Strecke über Müngsten hinaus bis Solingen-Krahenhöhe vorzunehmen, die allerdings, nicht zuletzt infolge des ersten Weltkrieges, im Jahre 1916 wieder einging. Im Jahre 1903 erfolgte die Umstellung der Bahn auf Elektrizität. Die allgemeine Verkehrsentwicklung brachte es mit sich, dass nach dem ersten Weltkrieg der Verkehr zwischen Clarenbach und Müngsten etappenweise abgebaut wurde; die Bahn ging zuerst bis Morsbach, später bis Gerstau und schließlich nur noch bis Gründerhammer. Am 24. Juni 1959 schrieb der Remscheider-General-Anzeiger über die Stillegung der Strecke folgende Zeilen: "Nur noch wenige Tage werden vergehen, dann wird die Straßenbahn der Wuppertaler Bahnen zwischen Ronsdorf und Clarenbach ebenso der Geschichte angehören wie der schienengebundene Güterverkehr auf dieser wie auch auf der Strecke zwischen Clarenbach und Gründerhammer. Die Wuppertaler Bahnen haben sich entschlossen, am 4. Juli die Straßenbahn auf Omnibus umzustellen und den Güterzugverkehr ganz einzustellen. (
) Die an dieser Linie bisher beteiligten Firmen sind darüber seit längerer Zeit ins Bild gesetzt worden. Ihr Interesse an der Bahn war mit ihrer weitgehenden Umstellung von Kohle auf Gas oder Strom und der Verlagerung ihrer Gütertransporte von der Schiene auf die Straße sowieso wesentlich zurückgegangen, so dass der Ausfall der bisher noch täglich laufenden Güterzüge der Kleinbahn kaum noch spürbar sein dürfte."Im Sommer 1902 kaufte die Barmer Bergbahn die Ronsdorf-Müngstener-Eisenbahn AG. auf; am 22. Juli des Jahres erteilte die Stadt Remscheid der neuen Eigentümerin die Genehmigung zum Bau des Teilstückes Clarenbach - Schöne Aussicht. Diese Strecke wurde am 24. Dezember 1902 eröffnet. Damit rückte die Bedeutung der Güterstelle Clarenbach noch mehr in den Vordergrund, zumal bald die Umstellung auf Strom erfolgte. Der letzte Dampfzug fuhr am 13. April 1903, dann übernahmen die "Bügeleisen", wie die elektrischen Zugmaschinen liebvoll genannt wurden, die Antriebsaufgabe. Nachdem der Gastwirt Adolf Halbach seinen Schankraum in dem Wartesaal des Bahnhäuschens aufgegeben hatte und in sein Haus gegenüber gezogen war, nahm der Streckenwärter Maehler Besitz von der Wohnung. Aus dieser Zeit gibt es noch amüsante Erinnerungen an das, was sich im Bahnhof Clarenbach und auf der Strecke ereignete. So wird noch berichtet, dass Frau Benninghofen aus der Gerstau mit ihren Ziegen den Zug benutzte, um sie zum Singerberg zum Bock zu bringen. Wenn sie von dort zurückkam und zur Rückfahrt die Personenwagen wieder benutzte, stank es dort sehr nach "Hippenbock". Nach erheblichen Fahrgastprotesten musste sie später mit dem Güterwagen fahren.(Aus: Hämmer- und Kottenforschung in Remscheid Herausgegeben von Günther Schmidt Band 4 - Leyerbach, Diepmannsbach, Mückenbach)
Die Schmalspurbahn der Ronsdorf-Müngstener Eisenbahn" wurde am 18. November 1891 eingeweiht. Sie war der wichtige Transportweg für die Hammerwerke im Morsbachtal. Die Belieferung der Hämmer und Kotten mit Kohle und Roheisen wurde erheblich erleichtert, ebenso der Abtransport des hochwertigen Raffinierstahls und der fertigen Produkte. Das Foto, etwa aus dem Jahre 1920, zeigt eine Arbeitsgruppe (Rotte) der Barmer-Bergbahn AG". Sie hatte 1903 die 16 Kilometer lange Strecke elektrifiziert. Die Wasserhämmer konnten den Fabriken, die mit Dampf oder Strom angetrieben wurden, wenig entgegensetzen. Durch ihre Schließung verlor auch die Schmalspurbahn an Bedeutung. 1952 wurde das letzte Teilstück Gründerhammer-Morsbach stillgelegt. Die Strecke bis Müngsten verschwand" bereits früher. (aus: Remscheid. Ein verlorenes Stadtbild, von Rolf Lotzmann, erschienen 1994 im Wartberg-Verlag)