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Lüttringhauser Familien im 17. und 18. Jahrhundert (1)

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Aus: „Bergische Wegbahner. Persönlichkeiten und Geschlechter aus Remscheid, Lennep und Lüttringhausen“. Herausgegeben 1951 vom Vorstand des Bergischen Geschichtsvereins e.V. Abteilung Remscheid.

von E. Erwin Stursberg

Teil 1

Vor dem Aufkommen des Merkantilismus wurde das Gesicht der Lüttringhauser Landgemeinde wesentlich bestimmt durch Kirchmeister, Provisoren, Brudermeister, Vorsteher und Schöffen. Es waren regelmäßig dieselben wohlhabenden bäuerlichen Familien, denen die genannten Amtspersonen wahlweise entnommen wurden. Sie empfingen für ihre Dienste keine Besoldung, sondern leisteten dieselben ehrenamtlich. Jedoch waren die Höfe der in der Regel auf Lebenszeit gewählten Vorsteher und Schöffen für die Zeit der Amtsdauer von allen öffentlichen Diensten frei. Sie brauchten also weder zu Wachdiensten im Amtshaus oder in den Landwehren noch zum Schanzen- und Wegebau für die Landesverteidigung und erst recht nicht zu Reparaturen und Transporten für das Amtshaus und den Amtshaushalt beizutragen. Als aber um 1600 die Dienstfreiheit der Amtspersonen aufgehoben wurde und an ihre Stelle eine geringe Besoldung trat, nahm das Interesse der großen Hofbesitzer für diese Ämter mehr und mehr ab. Als Vorsteher und Schöffen treten seitdem auch kleine Kötter und Handwerker auf, was zur Folge hatte, dass die bisherige Wertschätzung der genannten Ämter in steigendem Maße abnahm und diese schließlich nur noch von kleinen Leuten begehrt wurden, die dabei einen Nebenverdienst suchten. Lediglich die kirchlichen Ämter, die auch weiterhin ehrenamtlich versehen wurden und deren Zahl durch die Errichtung des Konsistoriums noch vermehrt worden war, blieben auch fernerhin eine Domäne der wohlhabenden Bauern. Doch trat mit dem Aufkommen des Merkantilismus eine neue Gruppe von führenden Personen auf, die sowohl bei der Beratung von Amtsangelegenheiten wie auch Gemeindesachen kirchlicher und weltlicher Art, Steueranschlägen usw. regelmäßig hinzugezogen wurde und schließlich auch aufgrund gesetzlicher Bestimmungen hinzugezogen werden musste. Das waren die sogenannten Meistbeerbten, die Begütertsten und Höchstbesteuertsten der Gemeinde, die nach Einführung der französischen Verwaltungsordnung im Großherzogtum Berg berufen waren, die neuen Gemeindevorstände zu bilden. Sie gehörten durchweg den Familien an, die im 17. und 18. Jahrhundert eine führende Rolle in der heimischen Wirtschaft gespielt hatten, und wenn sie nicht gerade selbst den Namen einer solchen Familie trugen, so gehörten sie doch wenigstens zu deren Erben. In Lüttringhausen waren dies zunächst die Familien, die sich der Eisen- und Stahlbereitung zugewandt hatten, die sich im Besitz von Schleifkotten, Hütten und Hammerwerken, Getreide-, Walk- und Pulvermühlen befanden und denen sich neben Fernfuhrleuten und Kaufherren im 18. Jahrhundert auch noch Tuchfabrikanten zugesellten.

Soweit die bisherigen Forschungen erkennen lassen, ist das Quellgebiet des Morsbachs, und zwar im Wesentlichen das Leyerbach- und Diepmannsbachtal, vor allem der „Goldenberger Grund", als die Wiege der bergischen Eisen- und Stahlschmiederei anzusehen, und dementsprechend sind es auch die hier begüterten Familien, denen die Anlage der ersten Wasserkraftwerke zu verdanken ist und die das bergische „Mühlen­zeitalter" heraufgeführt haben. All diese Familien waren mehr oder weniger miteinander verschwägert, und der ganze Sippenkreis hat in Wahrheit zwei volle Jahrhunderte hindurch die wirtschaftlich führende Oberschicht Lüttringhausens gebildet.

Die Familie Clarenbach: Der Name dieser Familie, die im 16. Jahrhundert bereits in mehreren Stämmen blühte, ist weithin bekannt geworden durch den Reformator des Bergischen Landes: Adolf Clarenbach, der 1529 in Köln den Flammentod des Ketzers erlitt. Gegen Ende des 15. Jahrhunderts auf dem von seinem Vater Dietrich besessenen Buscherhof geboren, gehörte er zu einem Familienzweig, in dem neben der Landwirtschaft auch das Fuhrmannsgewerbe sowie das Schmiedehandwerk der Messermacher ausgeübt wurde. Über Hammerwerke verfügte dieser Zweig zwar nicht, aber die auf dem namengebenden Stammhof in der Clarenbach sitzenden Glieder der Familie vereinigten mehrere solcher Werke in ihrer Hand. So besaßen 1607 Peter Clarenbach der Ältere und der Jüngere, die wohl nicht als Vater und Sohn, sondern als Vettern anzusehen sind, jeder einen Wasserhammer und einen Schleifkotten zu Carenbach, und dazu der Ältere noch einen weiteren Rotten unterhalb Spelsberg, den er dem Jüngeren — wohl für ein Darlehen — verpfändet hatte. 1624/25 wird ein Peter Clarenbach (wohl der Jüngere) als Vorsteher der Honschaft Hohenhagen genannt, doch schon gegen Ende des 16. Jahrhunderts war ein Vinzenz Clarenbach Schöffe des Hoh-gerichts geworden. Auch dieser, auf Ueberfeld angesessen, war Eigentümer eines Wasserhammers, den er seinem Sohn Hamann vererbte und der noch 1696 im Besitz der Familie war. Um diese Zeit begann auch der Aufstieg eines anderen Familienzweiges, der zunächst auf dem hintersten Stursberg und dann auf Hohenhagen ansässig war, im 18. Jahrhundert aber an der Kräwinklerbrüdce Wohnung nahm, wo Caspar Glarenbach von Stursberg, der mit einer Margarete Halbach verheiratet war, bereits um 1690 einen Eisenhammer errichtet hatte. Dieser Caspar (1629—1719) war ursprünglich Schuster oder Schneider gewesen und hatte sich dann, wohl mit Hilfe seines Schwiegervaters, des Hammerherren Johannes Halbach auf der Halbach, auf den Eisen- und Stahlhandel vor allem mit Holland gelegt. Sein Sohn Peter (1661—1736) baute diesen Handel weiter aus und arbeitete dabei Hand in Hand mit einem Tilman Golden­berg von Hohenhagen. Um 1725 besaßen beide bereits eine ge­wisse Monopolstellung im Vertriebe von Siegerländer Eisen und Rohstahl, die es ihnen erlaubte, die Preise dafür nach ihrem Gutdünken festzusetzen. Dass es dabei oft zu harten Kämpfen mit den Hammerschmieden kam, liegt auf der Hand. Die erziel­ten Handelsgewinne setzen Peter Clarenbach aber in die Lage, eine ganze Anzahl von Hammerwerken neu zu errichten, zwar nicht mehr in der Heimatgemeinde, deren Wasserläufe dafür keine Möglichkeit mehr boten, sondern auf neu erworbenen Grundstücken in der Oege bei Kräwinklerbrücke. Diese Werke, insgesamt neun an der Zahl, sind in den Jahren 1714—1733 entstanden. Weitere fünf Hämmer errichtete Peters Sohn Johann Friedrich, und dessen Bruder Peter vermehrte diese Zahl noch um einen Hammer am Velbecker Bach. Dass der ältere Peter in seiner Heimatgemeinde Lüttringhausen eine nicht unbedeuende Rolle gespielt hat, versteht sich von selbst, und so ist es auch nur natürlich, dass er das Amt eines Kirchmeisters bekleidet und lange Zeit dem Konsistorium angehört hat. Verheiratet war er zweimal: zunächst 15 Jahre mit Katharina Margarete Fuhrmann aus der Hermannsmühle, dann 28 Jahre mit Maria Arntz aus Remscheid. Von seinen neun Söhnen erbte jeder einen Hammer, doch traten einige ihre Werke an ihren Bruder Melchior ab, der bei seinem Tode drei Eisenhämmer hinterließ. Unter Melchiors Nachkommen wurden diese Besitztümer vermehrt um eine Schraubenfabrik und eine Wollspinnerei, denen sich endlich noch eine Getreidemühle und eine Ziegelbrennerei zugesellten. Doch lagen alle diese Werke auf Hückeswagener Gebiet, und für Lüttringhausen konnten ihre Besitzer nicht mehr wirken, wie die Vorfahren noch in den ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts.


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