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Channel: Waterbölles - Geschichte
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Mitmenschen äußerten: „Da kommen die Polacken!“

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Manfred Stremlow, geboren am 15.6.1937 in Rummelsburg / Pommern, seit 1947 in Remscheid:

„Miastko (deutsch Rummelsburg, kaschubisch Miastkò) ist eine Stadt mit 11.900 Einwohnern in Polen. Sie liegt an dem Fluss Stüdnitz (Studnica) und gehört dem Powiat Bytowski, Woiwodschaft Pommern an. Nach Kriegsende kam die Stadt zu Polen, bekam den Namen Miastko und die verbliebene deutsche Bevölkerung wurde vertrieben. Rummelsburg war damals Kreisstadt und hatte 8.900 Einwohner, der Kreis Rummelsburg hatte 49.000 Einwohner.

Mit dem Ende des zweiten Weltkrieges hat die russische Armee meinen Heimatort Rummelsburg besetzt. Innerhalb kürzester Zeit wurde die Ortschaft an Polen übergeben. Am 5. Mai 1947 wurden wir von den polnischen Behörden ausgewiesen. Wir hatten zwölf Stunden Zeit, Rummelsburg zu verlassen. Mit dem Zug sind wir über Stettin nach Thüringen in den Ort Schmölln gefahren. Hier wurde uns, meiner Mutter und uns drei Kinder, eine kleine Wohnung zugewiesen.

Mein Vater war zu dieser Zeit bereits hier in Remscheid, in einem Lager in Tocksiepen. Wir wussten zu diesem Zeitpunkt nicht, dass Deutschland in Sektionen aufgeteilt war. Meine Mutter hat mit Hilfe des Roten Kreuzes meinen Vater hier in Remscheid gefunden und ihm per Telegramm mitgeteilt, wo wir waren. Er hat in weiser Voraussicht die „Einreisepapiere“ für die britische Zone hier besorgt. Er hat uns dann in Schmölln besucht und wir sind dann gemeinsam „schwarz“ über die Grenze mit Hilfe eines älteren Herrn für 20 Reichsmark.

Am 10. Juni 1947 sind wir hier in Remscheid angekommen, alle zusammen. Wir hatten nur mitgenommen, was wir tragen konnten bzw. was wir am Körper hatten. Wir mussten uns im Laufe der Zeit alles neu beschaffen.

Bis August oder September 1947 haben wir im Lager Tocksiepen in Lennep gewohnt. Das Lager Tocksiepen wurde dann aufgelöst. Wir wurden dann im Lager der Turnhalle in der Hardtstraße untergebracht. Dort lebten wir mit ca. 140 Personen bis zum 8. Juli 1949. In der Turnhalle gab es einen Waschraum, neben der zu Halle gehörenden „Bühne“ gab es einen Raum. Dort hatten wir, wie auch die anderen Kochgelegenheiten; jede Familie hatte eine Kochplatte. Es gab damals nur Eintopf. Wir fünf Personen hatten zwei Etagenbetten.(weiter auf der 2. Seite)

Klicken führt zum'Zeitstrahl' der AusstellungZur 200-Jahr-Feier der Stadt Remscheid stellte Heike Hildebrandt vom damaligen Migrationsbüro der Stadt eine Ausstellung („Zeitzeugen-Projekt“) zusammen mit Schilderungen zahlreicher „Zeitzeugen der Zuwanderung“, deren neue Heimat Remscheid geworden war. Das ist jetzt zehn Jahre her. Doch die Geschichten sind es wert, nach vorne gestellt zu werden. Denn darin erzählen die „Zugereisten“, warum sie ihre Heimat verlassen haben, wie sie hier in Remscheid ankamen, welche Erwartungen, welche Hoffnungen, welche Enttäuschungen sie erlebten und warum sie sich trotzdem mit Remscheid verbunden fühlen. Zuwanderung begann aber nicht erst mit den "Gastarbeitern", sondern schon Ende des 19. Jahrhunderts mit italienischen Straßenbauern. Und nach dem nach dem Zweiten Weltkrieg folgten Vertriebene, Flüchtlinge und Heimatlose.

 

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Dreigeteiltes Erinnern im Schicksalsmonat November

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In der deutschen Geschichte war der November mehrfach ein „Schicksalsmonat“ für das damalige Deutsche Reich, aber auch für Remscheid. Im November 1918 wurde mit dem Matrosenaufstand in Wilhelmshaven und den unmittelbar folgenden revolutionären Umwälzungen in Kiel, die sich mit der Bildung von Arbeiter- und Soldatenräten schnell im gesamten Deutschen Reich verbreiteten, der Grundstein für die Weimarer Republik gelegt, der ersten parlamentarischen Republik auf deutschem Boden.

Dreigeteilt ist die Veranstaltung, zu der der Bergische Geschichtsverein, Abteilung Remscheid e.V., für Freitag,  9. November, einlädt zum Gedenken an 80 Jahre Reichspogromnacht (und die Opfer des Nationalsozialismus) sowie und 100 Jahre Matrosenaufstand in Kiel (und die Ereignisse in Remscheid). Die Veranstaltung beginnt um 16 Uhr in der Gedenk-und Bildungsstätte Pferdestall mit einer Führung durch die Ausstellung „Die Verbrechen im Westen“. Anschließend führt der Historiker Jochen Bilstein die Teilnehmer über den „Weg der Stolpersteine“ zum Ernst-Moritz-Arndt Gymnaisum, wo sie in der Aula ab 18.30 Uhr zwei Vorträge hören werden: In Bezug auf die Novemberrevolution1918 konnte der Verein einen namhaften wissenschaftlichen Experten aus Schleswig-Holstein gewinnen: Prof. Dr. Robert Bohn von der Universität Flensburg. Der Historiker ist seit 2001 einer der beiden Direktoren des Instituts für schleswig-holsteinische Zeit- und Regionalgeschichte sowie Professor für mittlere und neuere Geschichte  an der Universität Flensburg. Er wird die Ereignisse in Kiel und ihre Auswirkungen für Deutschland in seinem Vortrag am Abend des 9. November anschaulich vorstellen. Im Anschluss daran referiert Dr. Urs Diederichs, Museumsdirektor im Ruhestand und ehemaliger Leiter des Historischen Zentrums Remscheid, an Hand der einschlägigen Literatur und Remscheider Archivquellen die Auswirkungen der Kieler Ereignisse in der damaligen Stadt Remscheid. Gestreift werden dabei auch die Entwicklungen in den 1918 noch selbstständigen Städten Lennep und Lüttringhausen.

Im Viehwagen auf eine Fahrt ins Ungewisse

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Johanna Schleicher, geboren 11.4.1935 in Wölfelsdorf/ Habelschwerdt, seit 1951 in Remscheid:

„Wilkanów (deutsch Wölfelsdorf) ist ein Dorf in der Gemeinde Bystrzyca K?odzka im polnischen Powiat K?odzki, Wojewodschaft Niederschlesien. Es liegt sechs Kilometer südöstlich von Bystrzyca K?odzka und zieht sich neun Kilometer am Wölfelbach (Wilczka) entlang. Habelschwerdt( heute: Wilkanow) ist eine Stadt in der Woiwodschaft Niederschlesien in Polen. Sie liegt 20 km südlich der Kreisstadt an der Einmündung der Weistritz (Bystrzyca) in die Glatzer Neiße (Nysa K?odzka). Als Folge des Zweiten Weltkrieges fiel Wölfelsdorf 1945 und ganz Schlesien an Polen und wurde in Wilkanów umbenannt. Die deutsche Bevölkerung wurde vertrieben.

Ich wurde als junges Mädchen im Alter von zehn Jahren gemeinsam mit meiner Familie aus Habelschwerdt in Schlesien am 21.3.1946 vertrieben. In Viehwagen wurden wir abtransportiert. Die Fahrt ging ins Ungewisse. In Kohlfurt wurden wir von Engländern übernommen. Daher wussten wir, dass wir in die britische Besatzungszone kamen. Wir kamen dann nach Twiehausen im Kreis Lübecke in Ostwestfalen. Wir waren auf einem entlegenen Bauernhof untergebracht. Hier gab es keine höhere Schule, die Volksschule war fünf km weit entfernt.

Mein Vater war Bauleiter in einem chemisch- keramischen Industriebetrieb für Porzellan mit Firmensitz in Dresden und war häufig im Ausland tätig. Er hat immer gutes Geld verdient, uns hat es an nichts gefehlt. In Habelschwerdt galt mein Vater als der reiche Schleicher. (weiter auf der 2. Seite)

Klicken führt zum'Zeitstrahl' der AusstellungZur 200-Jahr-Feier der Stadt Remscheid stellte Heike Hildebrandt vom damaligen Migrationsbüro der Stadt eine Ausstellung („Zeitzeugen-Projekt“) zusammen mit Schilderungen zahlreicher „Zeitzeugen der Zuwanderung“, deren neue Heimat Remscheid geworden war. Das ist jetzt zehn Jahre her. Doch die Geschichten sind es wert, nach vorne gestellt zu werden. Denn darin erzählen die „Zugereisten“, warum sie ihre Heimat verlassen haben, wie sie hier in Remscheid ankamen, welche Erwartungen, welche Hoffnungen, welche Enttäuschungen sie erlebten und warum sie sich trotzdem mit Remscheid verbunden fühlen. Zuwanderung begann aber nicht erst mit den "Gastarbeitern", sondern schon Ende des 19. Jahrhunderts mit italienischen Straßenbauern. Und nach dem nach dem Zweiten Weltkrieg folgten Vertriebene, Flüchtlinge und Heimatlose.

 

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Damenbesuch in der Unterkunft war strengstens verboten

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Domenico Marciano, geboren am 26. Juni 1934 in Nicastro (heute Lamezia Terme) in Calabrien, Italien:

„Ich lebe seit Oktober 1959 hier in Remscheid. Meine Militärzeit habe ich in Rom und Albenga verbracht. Danach arbeitete ich als ausgebildeter Parkettmacher in Bozen. Wir hatten in Bozen beim Arbeitsamt vorgesprochen. Wir wollten eigentlich nach Finnland, erhielten aber vom Arbeitsamt lediglich Angebote für deutsche Städte: Frankfurt am Main, Stuttgart, München und Remscheid.

Für die Ausreise nach Deutschland war eine gesundheitliche Untersuchung in Verona erforderlich. Wir waren 45 Arbeiter; alle kamen dann nach Remscheid zur Firma Bergische Stahl Industrie (BSI). Die Anwerbung und Koordination erfolgte über die Deutsche Kommission in Italien der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung in Verona auf der Grundlage der Anwerbung der BSI vom 29.12.1958.

Am 1.10.1959 sind wir hier in Remscheid angekommen. Mitarbeiter der BSI haben uns in Solingen Ohligs abgeholt. Zur Begrüßung erhielten wir ein Brot, Milch und Margarine. Gott sei Dank war mein Koffer voll mit italienischen Lebensmitteln: Olivenöl, Käse und hausgemachte Salami. Wir wurden direkt in unsere Sammelunterkunft im Loborn gebracht. Eine Verständigung war nicht möglich, nur über einen Dolmetscher aus unseren Reihen. Wir hatten einen „Kollegen“, das war ein Studierter, der beide Sprachen, deutsch und italienisch beherrschte.

Wir mussten direkt am nächsten Tag mit unserer neuen Arbeit bei BSI hier beginnen. Ich habe dann als Hilfsarbeiter in der Gießerei für einen Stundenlohn von 2,50 DM angefangen. Es bestand aber von Anfang an die Möglichkeit, Überstunden zu machen und oder Akkord zu arbeiten. Nach zwei Tagen habe ich mit Überstunden angefangen. 1959 herrschte hier in Remscheid Wassermangel, so dass wir angehalten wurden, sparsam mit dem Wasser umzugehen. Damals wurde gemunkelt, die Italiener kommen und bringen das schöne Wetter mit. In Remscheid war damals schönes, trockenes Wetter. Wir saßen sogar noch im November 1959 kurzärmlig im Café Conti. Erst im Dezember war dann der Wintereinbruch mit Schnee und Eis. Aber das kannte ich schon aus Bozen.(weiter auf der 2. Seite)

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Wir wohnten mit acht Frauen auf einem Zimmer

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Celia Ruano Torres, geboren 22.5.1935 in Guadramino/ Spanien:

„Die Provinz Salamanca ist eine spanische Provinz im leonesischen Teil der Autonomen Region Kastilien und León. Die Hauptstadt ist Salamanca. Im Norden grenzt sie an die Provinzen Zamora und Valladolid, im Süden an Cáceres, im Osten an Ávila und im Westen an Portugal. Die Provinz Salamanca hat 353.110 Einwohner (2006), von denen 45 % in der Hauptstadt Salamanca leben. Die Provinz zählt 362 Gemeinden, wovon mehr als die Hälfte Dörfer mit unter 300 Einwohnern sind.

Ich bin eines von sechs Kindern (vier Mädchen und zwei Jungen), wir halfen meinem Vater in der Landwirtschaft. Bis zu meinem 14 Lebensjahr habe ich die Schule besucht, insgesamt acht Jahre. Später, als meine Schwester Modedesignerin wurde, haben wir in Salamanca meiner Schwester geholfen, die Kleidung zu schneidern, die sie entworfen hatte. Als mein jüngster Bruder sich damals entschlossen hatte nach Deutschland zu gehen, haben wir uns entschlossen mitzugehen.

Ich bin Ende 1964 als Textilarbeiterin aus Salamanca ausgereist. Es gab in Salamanca ein Büro. Dort wurde alles geregelt, damit die Ausreise nach Deutschland reibungslos abläuft. Ich habe in einer Textilfabrik, Kammgarn in Dahlhausen in Radevormwald, gearbeitet, später dann in Lennep. Ich hatte „nur“ einen Arbeitsvertrag von täglich acht Stunden. Der Verdienst für diese acht Arbeitsstunden war mehr als bei einem 14-Stundentag in Spanien.

Die ganze Organisation von Unterbringung und Arbeitsstelle wurde 1964 vom Büro in Salamanca erledigt. Ich brauchte mich um nichts kümmern. Als ich hier ankam erfolgte die Unterbringung in einer Residenz in Dahlhausen, die nur für 30 spanische Frauen gedacht war. Wir hatten auch eine Betreuerin, das war eine spanische Nonne, namens Sabina. Später kam eine andere Nonne mit Namen Rufina.

Wir hatten Etagenbetten und wohnten mit acht Frauen auf einem Zimmer. Wir hatten eine große Gemeinschaftsküche, Kochgelegenheiten und auch eine Kantine. Ebenso gab es große Räume für Sanitär, Duschen und Toiletten für alle. Die Duschen hatten aber auch Türen, ähnlich wie in einem Schwimmbad. Die eigenen Zimmer und die Küche – wenn sie selbst genutzt wurde, mussten wir selbst sauber halten, die Sanitärräume wurden fremdgereinigt. Die Bettwäsche wurde uns von Kammgarn gestellt.

In der Fabrik wurden wir in Gruppen eingeteilt und haben die Arbeit durch zugucken gelernt. Wir sprachen kein deutsch. Es gab im Büro von Kammgarn eine Frau namens Maria, die als Dolmetscherin diente, wenn etwas geklärt werden musste. Wir sind aber sowohl in der Fabrik als auch privat unter uns spanischen Frauen geblieben. Die Notwendigkeit deutsch zu lernen haben wir nicht gesehen. Das war ein Fehler. Auch später nicht, weil mein Mann die deutsche Sprache beherrschte. Bei Geburtstagen, Weihnachtsfeiern oder Betriebsfeiern wurden trotz fehlender Deutschkenntnisse zu den deutschen Kollegen immer wieder gute Kontakte geknüpft, manchmal auch Freundschaften geschlossen. Später kamen in die Fabrik auch andere Arbeitskräfte aus Italien, Portugal und Jugoslawien. (weiter auf der 2. Seite)

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Mit 63 wurde ich Pendler zwischen Remscheid und Spanien

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 Jose Agustin Gamino Lanza, geboren 25.11.1942 in Badajoz in Spanien, seit 1968 in Remscheid:

„Badajoz ist die Hauptstadt der Provinz Badajoz in Extremadura (Spanien). Die Stadt liegt am Ufer des Flusses Guadiana. Badajoz ist Bischofssitz und Universitätsstadt. Die Einwohnerzahl betrug am 1. Januar 2007 149.137 Einwohner. Ich bin im Alter von 14 Jahren mit meiner Familie von Badajoz, nahe der Grenze zu Portugal nach Madrid umgezogen. Dort habe ich mein Abitur gemacht und meinen Militärdienst absolviert. An der technischen Hochschule in Madrid begann ich mit dem Studium der Aeronautik.

In dieser Studienzeit wollte ich einen Auslandsurlaub machen. Ich habe eine spanische Familie aus Linz am Rhein kennen gelernt. Da bin ich dann zum „Auslandsurlaub“ hingefahren. Auf der Fahrt mit dem Zug nach Linz schaute ich natürlich zum Fenster raus. Da sah ich morgens, gegen 5 Uhr eine Gruppe von sieben oder acht Personen auf dem Fahrrad. Ich fand das sehr verwunderlich. In Linz angekommen, habe ich davon erzählt. Meine spanischen Freunde erzählten mir dann, dass die Radfahrer auf dem Weg zur Arbeit waren. Das war neu für mich; in Spanien beginnt die Arbeit frühestens um 8 Uhr morgens, und nicht um 6 Uhr, oder noch früher, zumindest damals.

Der katholische Priester aus Linz, der auch für die spanische Familie sorgte, hat mir für drei Monate einen Job in Linz verschafft. Von diesen Menschen erfuhr ich auch über die Möglichkeit, in Deutschland zu studieren. Während dieser drei Monate habe ich die Stadt Berlin besichtigt und dort erfahren, dass es in Deutschland nur wenige technische Universitäten gibt, bekannt waren mir eine technische Universität in München und eine in Berlin. Für eine mögliche Aufnahme an der technische Universität sollte ich eine Sprachprüfung ablegen. Eine solche Sprachprüfung war mir zu diesem Zeitpunkt zu schwer. Deshalb habe ich davon Abstand genommen. Ich habe mich dann entschieden, einen anderen Beruf zu lernen.

Durch einen Freund bin ich nach Remscheid gekommen und habe direkt bei EDSCHA eine Anstellung gefunden. Kurze Zeit später wechselte ich zur BARMAG. Neben meiner täglichen Arbeit habe ich dann in Köln abends eine Berufsschule besucht, das Berufsbildungszentrum – BBZ. Parallel dazu besuchte ich die Volkshochschule hier in Remscheid zum Deutschkurs. Das dauerte ungefähr drei Jahre. In Köln habe ich dann meine Prüfung und Facharbeiterbrief als Starkstromelektriker, heute heißt das Anlagenelektronik, abgelegt. Meine Woche gestaltete sich in dieser Zeit so, dass ich in der Frühschicht gearbeitet habe, 4x wöchentlich nach Köln zum BBZ gefahren bin und dort von 15 Uhr bis 23 Uhr 3 x wöchentlich und samstags gelernt habe. Wir sind als eine Gruppe mit vier Personen, zwei Italiener und mit mir zwei Spanier, mit dem Auto nach Köln gefahren. Die Bücher, den Schulbesuch und Benzinkosten bzw. Fahrtkosten habe ich alles selbst bezahlen müssen; es gab keinerlei Unterstützung, ich hatte überall gefragt, weder vom Arbeitsamt noch vom spanischen Konsulat. Das war jeden Monat ein kleines Vermögen.

Meine Frau habe ich in meinem Studium in Madrid kennen und lieben gelernt. Sie ist 1970 nach Deutschland gekommen, zu mir nach Remscheid und wir haben geheiratet. Wir haben damals in der Hindenburgstraße in einer Zwei-Zimmerwohnung gewohnt. Mein Verdienst war zu der Zeit ca. 1.000 DM netto, mit den Überstunden, die an den verbleibenden zwei Werktagen anfielen. (weiter auf der 2. Seite)

Klicken führt zum'Zeitstrahl' der AusstellungZur 200-Jahr-Feier der Stadt Remscheid stellte Heike Hildebrandt vom damaligen Migrationsbüro der Stadt eine Ausstellung („Zeitzeugen-Projekt“) zusammen mit Schilderungen zahlreicher „Zeitzeugen der Zuwanderung“, deren neue Heimat Remscheid geworden war. Das ist jetzt zehn Jahre her. Doch die Geschichten sind es wert, nach vorne gestellt zu werden. Denn darin erzählen die „Zugereisten“, warum sie ihre Heimat verlassen haben, wie sie hier in Remscheid ankamen, welche Erwartungen, welche Hoffnungen, welche Enttäuschungen sie erlebten und warum sie sich trotzdem mit Remscheid verbunden fühlen. Zuwanderung begann aber nicht erst mit den "Gastarbeitern", sondern schon Ende des 19. Jahrhunderts mit italienischen Straßenbauern. Und nach dem nach dem Zweiten Weltkrieg folgten Vertriebene, Flüchtlinge und Heimatlose.

 

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Wochenrückblick vom 15. bis 21. Oktober 2018

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Gedenken an die Opfer der so genannten Polenaktion

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Pressemitteilung des Vereins zur Erforschung der sozialen Bewegungen im Wuppertal e.V.

Mindestens 13 Remscheider waren unter den etwa 200 polnischen Juden und Jüdinnen aus dem Bergischen Land, die am 28. Oktober 1938 verhaftet und über die polnische Grenze nach Bentschen/Zbąszyń abgeschoben wurden. Das kleine Grenzstädtchen Zbąszyń musste über Nacht zehntausend Menschen aufnehmen. Auf Anordnung von Heinrich Himmler hatte am 27. Oktober 1938 der Düsseldorfer Regierungspräsident den Polizeipräsidenten angewiesen, alle polnischen Juden mit gültigem Pass in „Abschiebehaft“ zu nehmen und vor dem 29. Oktober über die Grenze abzuschieben. Zum Gedenken an die Opfer der sogenannten Polenaktion 1938 sprechen am 28. Oktober um 15 Uhr am Mahnmal auf dem Steinbecker Bahnhof in Wuppertal-Elberfeld u.a. Josef Neumann (MdL, SPD) und Richard Aronowitz (London). Veranstalter ist der Verein zur Erforschung der sozialen Bewegungen im Wuppertal e.V. in Kooperation mit SJD – Die Falken KV Bergisch Land und Umbruch.

 In Wuppertal vollstreckte die Schutzpolizei ein Schreiben des Wuppertaler Polizeipräsidenten: „Auf Grund des § 5 Ziff. 1 der Ausländerpolizeiverordnung (….) verbiete ich Ihnen den weiteren Aufenthalt im Reichsgebiet. Das Aufenthaltsverbot wird im Wege des Transports über die deutsche Reichsgrenze durchgeführt. (…) Sie werden darauf hingewiesen, dass Sie ohne besondere Erlaubnis nicht mehr in das Reichsgebiet zurückkehren dürfen.“ Die „Polenaktion“ war die erste große Deportation von Juden und Jüdinnen in Deutschland. Bis zu 17.000 polnische Juden und Jüdinnen wurden reichsweit mit der Reichsbahn an die Grenze deportiert. Viele der ausgewiesenen Juden und Jüdinnen starben nach dem deutschen Überfall auf Polen in den Ghettos und Vernichtungslagern. Nach den bisherigen Recherchen starben mindestens 82 von 200 der aus Wuppertal Abgeschobenen während des Zweiten Weltkrieges. Andere konnten vor dem Kriegsausbruch ins Ausland flüchten oder wurden wie die etwa 100 Kinder mit einem Kindertransport nach England gerettet. Andere Ausgewiesene erhielten die Erlaubnis, zur Abwicklung ihrer Geschäfte nach Deutschland zurückzukehren, um dann gemeinsam mit ihren Familien das Land zu verlassen. Auf der Gedenkveranstaltung möchten wir einzelne Lebenswege beschreiben.

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Auf Erkundung mit einem Remscheider Stadtführer

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Sonntag, 28. Oktober, 14.45 Uhr
Müngsten – von einem verschwundenen Dorf zur Müngstener Brücke.
Tief unten im Tal der Wupper liegt die Hofschaft Müngsten, bis ins 19. Jahrhundert Sitz der Sensenfabrikation Remscheids und Wohnsitz der Familie Halbach. Heute prägen die Müngstener Brücke, Deutschlands höchste Eisenbahnbrücke, der noch immer betriebene Schaltkotten und der Brückenpark diesen Ort. Leitung: Klaus Fickert. Preis: fünf €. Treffpunkt: Parkplatz Brückenpark, Solinger Straße (Remscheider Seite). Anmeldung: C. Holtschneider, Tel. RS 7913052.

Donnerstag, 22. November, 15 Uhr
„Trümmerkindertreff“ mit Lothar Vieler im „Backhaus“
Während seiner jüngeren Führungen ist Lothar Vieler, Stadtführer in Lennep, des Öfteren darauf angesprochen worden, dass es an der Zeit wäre,  die außergewöhnlichen Umstände während und nach dem 2. Weltkrieg in Lennep in Erinnerung zu bringen: „Viele Remscheider und Lenneper Mitbürger haben zu diesem Thema sicherlich vieles zu berichten, zu fragen und zu ergänzen. In Zusammenarbeit mit „ Augusta Hardt Horizonte“  lade ich gerne für den 22.11. ins Backhaus, Sauerbronnstraße/ Ecke Rotdornallee, ein in der Hoffnung auf  viele interessante Erzählungen. Wer Bilder aus dieser Zeit hat, kann diese gerne mitbringen.“ Vieler wird mit seinem großen Bilderfundus hilfreich zur Seite stehen, um an diesem Nachmittag Erinnerungen noch lebendiger werden zu lassen. Für das leibliche Wohl sorgt das Team des Backhauses zu zivilen Preisen. Voranmeldung erbeten bis 19.11. Lothar Vieler, Tel. RS 666861.

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Ich war ziemlich geschockt vom Wetter und der Kälte

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 Raffael Altieri, geboren am 6.3.1949 in Irsina / Italien, seit 1968 in Remscheid:

Irsina ist ein Ort in der Provinz Matera in der italienischen Region Basilikata. In Irsina leben 5399 Einwohner (Stand am 30. November 2006). Der Ort liegt 48 km westlich von Matera. Die Nachbargemeinden sind Genzano di Lucania (PZ), Grassano, Gravina in Puglia (BA), Grottole, Oppido Lucano (PZ), Tolve (PZ) und Tricarico.

Ich komme aus Italien, der Provinz Matera, aus dem Dorf Irsina. Ich bin im Februar 1968 im Alter von 19 Jahren nach Remscheid gekommen. Damals, als ich aus meinem Dorf wegging, lebten dort ca.18.000 Menschen. Ich habe in Italien fünf Jahre die Schule besucht. Ich galt mit diesen fünf Jahren Schulbesuch als durchaus gebildet, die meisten Menschen in Italien besuchten damals nur ungefähr zwei Jahre oder gar nicht eine Schule. In Italien habe ich in der Landwirtschaft als Schweinehüter gearbeitet, ich habe damals 19.000 Lire monatlich verdient, also umgerechnet 9 Euro. Das war nicht viel, davon war kein (gutes) Leben möglich. Ich habe dann in Italien ohne Papier im Baugewerbe gearbeitet, ca. 1 ½ Jahre und mir dabei einige Kenntnisse erworben. Das wurde auch relativ gut bezahlt, ich habe täglich ungefähr 10.000 Lire verdient, dass sind heute umgerechnet ca. fünf Euro. In Italien gab es damals nur wenig Arbeit und noch weniger Geld. (weiter 2. Seite)

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"Das waren schon harte Zeiten manchmal!"

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 Roman Zlobko, geboren 4.8.1946 im Dorf Latkova vas in der Nähe von Zalec in Slowenien, seit 40 Jahren in Remscheid:

Žalec ist ein Wirtschaft- und Verwaltungszentrum in der gleichnamigen Gemeinde, die im Tal Savinjska dolina liegt, eine Stadt seit 1964. Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts gilt die Stadt als ein Zentrum des slowenischen Hopfenbaus. Zu anderen Wirtschaftstätigkeiten gehören noch das Gewerbe, der Handel und die Metallurgie (Glockengießerei).

„Ich bin gelernter Maschinenschlosser. Ich habe in Slowenien dafür meinen Gesellenbrief erhalten. Ich habe nach der Ausbildung und nach meinem 18-monatigen Militärdienst in einem landwirtschaftlichen Produktionsbetrieb ca. 1 ½ Jahre gearbeitet Im Arbeitsamt in Celje waren Deutsche, die Facharbeiter angeworben haben, auch von dem Remscheider Unternehmen Deutsche Edelstahlwerke (DEW). Uns wurde erklärt, dass in Deutschland bessere Arbeitsbedingungen und bessere Verdienste als in der Heimat wären. Wir sind damals mit fünf Männern aus dem Produktionsbetrieb – landwirtschaftlicher Maschinenbau – nach Remscheid zu DEW gegangen. Wir haben in Slowenien Hopfenmaschinen gebaut nach bayrischem Vorbild.

Wir waren jung und dynamisch, wir haben nicht lang überlegt, sondern gesagt, wir machen das! Wir arbeiten in Deutschland! Nach der gesundheitlichen Untersuchung erhielten wir ein Visum von der deutschen Botschaft aus Zagreb. Alle Papiere wurden nach Hause geschickt. Ich musste das als Geheimnis bewahren, meine Eltern wollten nicht, dass ich ins Ausland, nach Deutschland, gehe. Sämtliche Formalitäten hat DEW erledigt, wir brauchten uns um nichts zu kümmern.

Ich habe meine Eltern dann versprochen nur kurz in Deutschland zu bleiben, höchstens ein Jahr. Ich hatte zuvor versucht, einen Platz an der technischen Hochschule in Celje zu bekommen, das hat aber nicht geklappt, ich sollte auf den Platz ein Jahr warten. Dieses Wartejahr wollte ich  in Deutschland arbeiten. Damit konnte ich mich dann bei meinen Eltern durchsetzen.

In Remscheid angekommen war es nebelig und kalt und das am 7. August!! Ich wollte sofort wieder zurück. Ich hatte Sommerkleidung an, in Slowenien waren 30 – 35 Grad bei der Abreise. Vor der Abreise hatten wir gerade noch meine Geburtstag und Hopfenfest zwei Tage lang gefeiert. Es war so warm, dass man das Bier nicht auf dem Tisch stehen lassen konnte. (weiter auf der 2. Seite)

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Wir wollten doch hier nur kurz arbeiten, Geld verdienen

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Hüseyin Topaloglu, geboren 1.7.1934 in Rumänien und seine Ehefrau Ummügül Topaloglu, geboren 6.2.1935 in Yenice/ Corlu, seit 1969 in Deutschland, seit 1972 in Remscheid:

„Çorlu ist eine Kreisstadt in der Provinz Tekirda? in Thrakien in der Türkei mit ca. 150.000 Einwohnern. Sie befindet sich ca. 90 km westlich von Istanbul. Çorlu ist heute eine der am schnellsten wachsenden Industriestädte in der Türkei und ist geprägt durch zahlreiche Textilfabriken und Lebensmittelindustrie.

Ich, Hüseyin Topaloglu, bin im Alter von einem Jahr von Rumänien in die Türkei gekommen. Meine Eltern sind schon in Rumänien geboren. Attatürk hatte damals alle „Auslandstürken“, die wegen kriegerischer Auseinandersetzungen aus der Türkei ausgereist waren, aufgerufen, wieder zurück in die Türkei zu kommen. Meine Eltern sind diesem Aufruf gefolgt. Mein Vater starb, als ich sieben Jahre alt war. Ich habe keine Schule besucht, keine Ausbildung gemacht. Ich musste Geld verdienen für die Familie und habe auf die Tiere auf einem Bauernhof aufgepasst, bis ich 19 Jahre war. Dann habe ich meinen Militärdienst drei Jahre lang bis 1953 absolviert.

Ich, Ümmügül Topaloglu bin in Yenice/ Corlu geboren. Das ist ca. 100 km von Istanbul entfernt. Als ich 13 Jahre alt war, hatten wir in unserem Dorf auch eine Schule, die ich dann vier Jahre lang besucht habe. Dann musste ich die Schule mit 17 Jahren verlassen, ich war zu alt. Ich habe dann meine Mutter bei der Hausarbeit unterstützt. Wir haben 1954 geheiratet. Wir hatten eine normale Hochzeitsfeier mit ca. 200 Personen. Hüseyin konnte direkt nach dem Militärdienst wieder als landwirtschaftlicher Helfer arbeiten. 1962 sind wir nach Istanbul gegangen um dort in einer Textilfabrik zu arbeiten. Bis 1969 haben wir beide dort gearbeitet. Diese Textilfabrik hat uns dann angeboten, für eine kurze Zeit nach Deutschland in eine Großschneiderei zu gehen, um Kleidung zu nähen. Die beiden Betriebe hatten Verträge geschlossen. Diese Verträge wurde über das Arbeitsamt koordiniert. Bei dieser Vereinbarung der beiden Firmen gab es allerdings Altergrenzen. Hüseyin war zu alt, er dürfte nicht nach Deutschland zur Arbeitsaufnahme. Ich bin dann alleine nach Deutschland gefahren.

Die ca. 3000 km lange Reise erfolgte mit dem Zug über Bulgarien, Jugoslawien und Österreich nach Deutschland, nach Goslar. Verpflegung und Fahrtkosten hatte die deutsche Firma namens Odermark aus Goslar übernommen. Als der Zug in Istanbul losfuhr waren in dem Zug ca. 200 Personen, die nach Deutschland zur Arbeitsaufnahme reisten. In München verteilten sich dann alle, bis Goslar, in die Großschneiderei waren wir noch eine Gruppe von drei Frauen. Ich bin am 27. Juli 1969 in Goslar angekommen, am 1. August war bei Odermark Arbeitsbeginn. Wir hatten bei der Firma einen Acht- Stundentag und einen Stundenlohn von 3,20 DM. Das machte monatlich einen Verdienst von ungefähr 500 DM.

Für Hüseyin war es schon eine komisches Gefühl, die Ehefrau allein nach Deutschland zu lassen; getröstet hat, dass es nur für kurze Zeit, ein Jahr, sein sollte. Welche Chancen hatten wir denn sonst? Nach Ablauf des Jahres bin ich zurück zu meinem Mann in die Türkei. Zwei Monate nach meiner Rückkehr in die Türkei wurden die besseren Arbeits- und Verdienstmöglichkeiten offenkundig. Für die gleiche Arbeit bekam ich in der Türkei 1,20 Lira, das waren umgerechnet ca. 0,50 DM Stundenlohn. (weiter auf der 2. Seite)

Klicken führt zum'Zeitstrahl' der AusstellungZur 200-Jahr-Feier der Stadt Remscheid stellte Heike Hildebrandt vom damaligen Migrationsbüro der Stadt eine Ausstellung („Zeitzeugen-Projekt“) zusammen mit Schilderungen zahlreicher „Zeitzeugen der Zuwanderung“, deren neue Heimat Remscheid geworden war. Das ist jetzt zehn Jahre her. Doch die Geschichten sind es wert, nach vorne gestellt zu werden. Denn darin erzählen die „Zugereisten“, warum sie ihre Heimat verlassen haben, wie sie hier in Remscheid ankamen, welche Erwartungen, welche Hoffnungen, welche Enttäuschungen sie erlebten und warum sie sich trotzdem mit Remscheid verbunden fühlen. Zuwanderung begann aber nicht erst mit den "Gastarbeitern", sondern schon Ende des 19. Jahrhunderts mit italienischen Straßenbauern. Und nach dem nach dem Zweiten Weltkrieg folgten Vertriebene, Flüchtlinge und Heimatlose.
"Wir wollten doch hier nur kurz arbeiten, Geld verdienen " vollständig lesen

Eine Rolltreppe war für mich damals neu und ein Abenteuer

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Maria Feitera Narciso Pires, geboren am: 31.8.1965 in Alegrete Portalegre, Portugal, seit 14.1.1974 in Remscheid:

Portalegre ist eine Stadt in Portugal und Hauptstadt des Distrikts Portalegre. Sie liegt etwa 15 km von der spanischen Grenze entfernt. Ihre Einwohner leben hauptsächlich von der Holz- und Korkwirtschaft, sowie der Textilherstellung. In einem früheren Jesuitenkloster wurde im 18. Jahrhundert eine Textilwerkstatt gegründet. Dort befindet sich heute eine Gobelinmanufaktur (Manufactura de Tapecarias).

Im Alter von acht Jahren bin ich gemeinsam mit meiner Mutter am 14.1.1974 zu meinem Vater hier nach Remscheid gereist. Mein Vater war bereits seit drei Jahren hier in Remscheid. Wir sind von Lissabon nach Düsseldorf geflogen. In Düsseldorf haben meine Mutter und ich zum ersten Mal eine Rolltreppe gesehen. Und wir haben sie auch benutzt. Das war für mich damals  und ein Abenteuer.

Bis zu unserer Ankunft in Remscheid lebte mein Vater in einem Männerwohnheim in der Nähe der Schönen Aussicht in unmittelbarer Nähe des spanischen Zentrums. Meine Eltern und ich wohnten in einer Zweizimmerwohnung in der Oberhölterfelder Straße. Die Toilette war außerhalb der Wohnung. In der nahen Umgebung unserer Wohnung war eine „wilde Müllkippe“, wo alle möglichen Sachen einfach weggeschmissen wurden, teilweise noch originalverpackt. Dort habe ich mit den anderen Kindern aus der Nachbarschaft immer wieder Spielzeug gefunden. Meine Eltern brauchten sich um Spielzeug nicht zu kümmern.

Ich wurde sofort in die Grundschule Hasten in der Moltkestraße eingeschult. Ich habe dort kein Wort verstanden, weder die anderen Kinder noch die Lehrerin. Das ging bis zum Sommer 1975. Dann empfahl die Lehrerin meinen Eltern, mich in der portugiesischen Klasse an der Dörpfeldschule unterrichten zu lassen. Dort gab es eine portugiesische Lehrerin. Ab Sommer 1975 besuchte ich diese portugiesische Schulklasse. Wir hatten neben dem normalen Schulunterricht zwei bis drei Stunden Deutschunterricht bis zum Ende der Klasse 4.

Danach besuchte ich die Wilhelm Harffen Schule; auch dort gab es für portugiesische Schülerinnen und Schüler eine Extraklasse. Der normale Schulunterricht wurde in portugiesisch gegeben. Diese „Vorbereitungsklasse“ besuchte ich bis zum Ende des 8. Schuljahres. In der 7. Klasse erklärte uns ein Lehrer, dass es für die eigene Zukunft besser sei, am normalen Unterricht in deutscher Sprache an der Schule teilzunehmen und nicht in der Vorbereitungsklasse zu verbleiben. Ab der Klasse 8 besuchte ich dann ganz normal die deutsche Schule mit deutscher Sprache. Es war schwierig, aber ich habe es geschafft und 1982 meinen Abschluss nach der 10. Klasse gemacht.(weiter auf der 2. Seite)

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Über Tadschikistan und Moldawien nach Deutschland

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Viktor Zerbe, geboren am 26.09.1959 in Solikamsk /Ural in der damaligen Sowjetunion, seit 1.08.1975 in Remscheid:

Solikamsk (russisch ?????????) ist eine der ältesten Städte der russischen Region Perm. mit 100.443 Einwohnern (2005), hinter Perm und Beresniki die drittgrößte Stadt der Region und nimmt eine Fläche von 165,50 km² ein. Der Name der Stadt kommt von sol (russisch für „Salz“) und dem Fluss Kama. Durch den sowjetischen Geheimdienst NKWD wurden ab Dezember 1944 Hunderttausende deutscher Zivilisten zur Zwangsarbeit in Lager (Gulag) der Sowjetunion deportiert, überwiegend Frauen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden auch deutsche Kriegsgefangene als Zwangsarbeiter nach Sibirien transportiert. Die Region Perm (russisch ???????? ????/ Permski krai) ist eine Verwaltungsregion (Kraj) in Russland. Die Region liegt im äußersten Osten Europas westlich des Uralgebirges und grenzt im Norden an die Republik Komi und im Westen und Süden an Udmurtien und Baschkortostan.

Meine Mutter lebte bis 1944 in einem deutschen Siedlungsgebiet im Kreis Odessa am Schwarzen Meer in der UdSSR. Sie siedelte nach Kalisch um. Von 1939 bis 1945 gehörte Kalisch als Stadtkreis und Sitz des Landrates für den gleichnamigen Landkreis zum deutschen Reichsgau Wartheland. Am 23. Januar 1945 wurde Kalisch von der sowjetischen Armee zerstört. Auf der Flucht vor der russischen Armee wurde meine Mutter im Alter von 17 Jahren im Juni 1945 von der russischen Armee nach Perm im Ural verschleppt. Sie hat dort meinen Vater, Friedrich Zerbe , ebenfalls einen verschleppten Deutschen, im Lager kennen gelernt und geheiratet. Beide haben dort, wie viele andere auch, als Arbeitssklaven oder Zwangsarbeiter gelebt. Im Mai 1960  ging meine Familie, ich war neun Monate alt, von Perm nach Kasachstan. Dort lebten wir bis 1969. Meine Großeltern als Volksdeutsche hatten 1966 als Rentner die Ausreise nach Deutschland beantragt und auch die Genehmigung der sowjetischen Behörden erhalten. 1969 haben meine Eltern, die ebenfalls Volksdeutsche waren, auch einen Antrag auf Ausreise nach Deutschland gestellt. Der Antrag wurde abgelehnt. Wir stellten immer wieder Ausreiseanträge; immer wieder wurden die Anträge abgelehnt. Wir wussten, dass wir hier, in diesem Teil der Sowjetunion, als Deutsche keine Chancen hatten.

Wir sind dann nach Tadschikistan in die Stadt Warsch nahe der Grenze zu Afghanistan umgezogen. Das Klima dort war Wüstenklima. Dort waren mehr Deutsche. Es hieß, dort habe man bessere Chancen auf eine Genehmigung für die Ausreise. Mein Vater bekam dort auch sofort als Zimmermann Arbeit. Wir bekamen vom Staat ein „Reihenhaus“. Auch hier in Warsch stellten wir eine Ausreiseantrag nach Deutschland. Auch hier wieder kein Erfolg, auch hier erhielten Deutsche in der Sowjetunion keine Chance.

Mein Vater entschied dann, dass wir wieder in den europäischen Teil der Sowjetunion umziehen sollten. So sind wir 1972 nach Moldawien, Kreis Teraspol, Dorf Glinoe gezogen. Dort haben wir ein Haus gekauft. So etwas wie Mietobjekte gab es nicht. 1973 starb urplötzlich mein Vater. Meine Mutter stand dann mit sieben Kindern im Alter von 7 bis 20 Jahren alleine da.

Wir haben wieder eine Ausreiseantrag gestellt. Diesmal hatten wir allerdings Hilfe von den richtigen Leuten und auch Schmiergeld. Und diesmal hatten wir Erfolg. Die Ausreisegenehmigung wurde erteilt. Im Mai 1975 sind wir ausgereist! Zunächst von Moldawien nach Moskau in die deutsche Botschaft, um die Papiere und Ausreisepässe abzuholen. Das Ausreisevisum war einen Monat gültig. Von Moskau mit dem Zug nach Hannover, von Hannover nach Friedland. Dort haben wir uns ca. zehn Tage aufgehalten, dann ging es weiter nach Unna Massen. Hier waren wir ca. drei Monate.(weiter auf der 2. Seite)

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Ich wollte Arzt werden, aber es kam alles ganz anders

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Nebi Kerserci, geboren am 10.8.1962 in Kayseri, Türkei:

Kayseri (früher Mazaka und danach Caesarea) ist die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz Kayseri in Kappadokien in der Türkei. Die Stadt hat 895.253 Einwohner (2007) und ist eine der wenigen Großstädte der Türkei, deren Einwohnerzahl seit Jahrzehnten stabil bleibt.

Bis zu meinem 17. Lebensjahr bin ich in der Stadt Kayseri aufgewachsen. Ich habe dort fünf Jahre die Grundschule besucht, danach die Mittelschule und anschließend das Gymnasium. Mein Wunsch war es, Arzt, Rechtsanwalt oder Politiker werden, zu studieren, aber alles kam anders.

 Mein Onkel und jetziger Schwiegervater hat mich 1978 mit meiner heutigen Ehefrau bekannt gemacht, die zu diesem Zeitpunkt mit ihrer Familie in Kayseri Urlaub machte.  1979 haben wir uns verlobt, am 20.März 1980 habe ich hier in Remscheid meine Frau geheiratet. Wir haben die Hochzeit im Schützenhaus gefeiert. Meine Frau war 1975 aus der Türkei nach Remscheid zu ihren Eltern gekommen. Nach dem Urlaub meines Onkels 1979 und meiner Verlobung bin ich direkt mit meinem Onkel und meiner Braut nach Deutschland, nach Remscheid ereist. Zunächst nur zu Besuch bei meinem Onkel, Zafer Keserci.

Mein Ziel, Arzt, Rechtsanwalt oder Politiker zu werden, hatte ich noch immer. Ich wollte doch weiter lernen. Das war damals in Kayseri nur schwerlich möglich, da die verschiedenen Schulen unterschiedlich politisch oder / und religiös ausgerichtet waren. Meine Eltern und ich waren aber immer neutral. Zusammen mit meinen Eltern haben wir dann entschieden, dass ich in Deutschland lerne.

Mit meiner Eheschließung durfte ich zwar in Deutschland bleiben, aber nicht arbeiten und nicht studieren. Ich bekam vom Ausländeramt und vom Arbeitsamt keine Arbeitserlaubnis. Meine Frau ging bereits arbeiten und verdiente Geld und ich saß untätig zuhause. Das war für mich unerträglich. Damals war die Regelung so, dass ich als Türke erst nach drei oder fünf Jahren eine Arbeitserlaubnis erhalten konnte, wenn kein EU-Ausländer bevorzugt werden musste. Das war nichts für mich; ich bin fleißig, ich wollte arbeiten. Ich habe Wege gesucht um offiziell und legal zu arbeiten.

1981 kam eine neues Gesetz, das besagte, dass der Ehemann ohne Arbeitserlaubnis die Arbeitserlaubnis der Ehefrau bekommen kann, wenn diese schwanger ist. Da meine Frau schwanger war, haben wir diese Arbeitserlaubnis beantragt, aber ohne Erfolg, auch vor Gericht nicht.

Meine Tochter wurde am 11.12.1981 geboren. Ende 1982 haben meine Frau und ich unsere Tochter für fünf Jahre zu meinen Eltern in die Türkei gebracht, damit wir freier arbeiten und Deutsch lernen konnten. Natürlich war es nicht einfach, deutsch zu lernen, aber mit der Zeit wurde es immer besser. Ich hatte bereits damals in der Türkei in meiner Schule an einem Tag in der Woche am Fremdsprachenunterricht deutsch teilgenommen. Das war aber zuwenig, um an einer Hochschule in Deutschland zu studieren.  Ich habe dann, auf nicht ganz legalem Weg, in der Volkshochschule ca. 2 ½ Jahre lang an drei Tagen in der Woche einen Abendkurs „Deutsch lernen“ besucht. Das Lernen hat mir Spaß gemacht, die Art und Weise des Lernens fand ich gut.

Damals, am Anfang meiner Übersiedlung nach Remscheid, ohne Arbeit und ohne Geld war ich auf die Hilfe meiner Familie angewiesen und sehr dankbar, die Hilfe und Unterstützung der Verwandtschaft auch erhalten zu haben. Zu dieser Zeit und einige Jahre später noch, herrschten in der Türkei unruhige Zeiten. Ich war froh, zu dieser Zeit in Deutschland, in Remscheid gewesen zu sein.(weiter auf der 2. Seite)

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Wochenrückblick vom 22. bis 28. Oktober 2018

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Alle Freunde in Remscheid sind mir wie eine Familie

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Tamer Turgut, geboren am 6. August 1968 in Kayseri / Küpeli in der Türkei, seit 1979 im Alter in Remscheid:

„Ich bin 1979 im Alter von elf Jahren zusammen mit meiner Mutter und noch drei Geschwistern in Remscheid angekommen. Mein Vater lebte bereits seit 1964 in Bottrop. Der Umzug nach Remscheid fand aus familiären Gründen statt; hier in Remscheid lebten bereits Familienangehörige meines Vaters. Er arbeitete bei Thyssen.

Wir fanden zunächst eine Wohnung in Preyersmühle. Von dort besuchte ich die Vorbereitungsklasse in der Schule Menninghausen. Wir hatten einen türkischen Lehrer und „Deutschkurse“. Der Unterricht war normal. Wir haben auch mit Fernsehen gelernt: Die „Sendung mit der Maus“ haben wir uns im Gebäude der Versöhnungskirche am Zentralpunkt angeguckt.

Nach einem Jahr wechselte ich zur Schule Kremenholl. Wir sind dann nach Klausen umgezogen, so dass ich nun die Schule Leverkuser Straße besuchte, drei Jahre lang. In der Klasse waren nur türkische Kinder, der Unterricht fand in deutscher Sprache statt. Ergänzend gab es Deutschunterricht mehrmals wöchentlich bis 1983. Ab Schuljahr 1983/1984 besuchte ich die Schule Bökerhöhe. Nur dort konnte ich den Schulabschluss nach Klasse 10 erreichen.

Im August 1984 bin ich im Alter von 16 Jahren zurück in die Türkei gegangen, zu dieser Zeit mit der Absicht für immer. Ich wollte dort weiterlernen und besuchte dazu in Ankara eine Internatsschule, vergleichbar mit dem Bildungsziel der deutschen Gymnasien. Diese Internatsschule hatte allerdings ein paar Regelungen, die mir gar nicht gefielen, z.B. gab es dort eine Kleiderordnung, die mir sehr missfiel. In der fünf Jahren in Remscheid hatte ich doch einiges an Freiheiten kennen gelernt.

Mit ein paar anderen „Studenten“ bin ich in eine Privatwohnung umgezogen. Ich habe im Internat viel gelernt und wollte ursprünglich Jura studieren. Das hat aber leider nicht geklappt. So habe ich mich entschlossen, wieder zurück zu meiner Familie nach Remscheid zu gehen. Das war im Juni 1987. Meinem Vater hat das gar nicht gefallen, schließlich hatte er viel Geld in mich investiert.

In der Zeit meines Studiums in Ankara hatte ich zunächst ausländerrechtlich meinen Aufenthalt hier in Deutschland verloren. Im Rahmen einer gerichtlichen Auseinandersetzung hat das Verwaltungsgericht 1986 aber zu meinen Gunsten entschieden. Gerichtlich wurde mein vorübergehender Aufenthalt in Ankara als Auslandsstudium angesehen. In der Zwischenzeit, selbst zum Gerichtstermin, konnte ich immer nur mit einem Visum nach Deutschland einreisen. Dazu benötigte ich regelmäßig die Unterschriften beider Elternteile für Reisepass und Visum, da ich noch nicht volljährig war. Die türkischen Behörden machten mir damit regelmäßig Probleme. Ich habe das auf jeden Fall immer so empfunden, da ich doch in den fünf Jahren hier in Remscheid schon einiges an deutscher Lebensart angenommen hatte, deutsche Freunde hatte.(weiter auf der 2. Seite)

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Mit den Behörden machte ich nicht die besten Erfahrungen

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Kazem Safarli, geboren 13.1.1945 in Maschhed / Iran, seit 1982 in Remscheid:

„Maschhad ist die Hauptstadt des iranischen Bundesstaates Razavi-Chorasan und die zweitgrößte Stadt Irans. Sie liegt 850 km östlich von Teheran auf einer Höhe von rund 985 m am Fluss Kashaf. Maschhad hat über 2,5 Millionen Einwohner hauptsächlich iranischer, arabischer und afghanischer Herkunft sowie ein große kurdische Minderheit.

Die Vorfahren meiner Eltern stammen aus der damaligen sowjetischen Republik Aserbaidschan, aus Bergkarabach. 1925 sind meine Eltern dann als Flüchtlinge in den Iran gereist. Ich bin nach meinem Abitur im Iran 1967 nach Deutschland eingereist. Ich habe zunächst einen Sprachkurs besucht, damit ich deutsch lerne. Dann habe ich das deutsche Abitur absolviert. In Bonn habe ich Medizin studiert und dort auch promoviert, Juli 1976. 1974 habe ich meine deutsche Frau geheiratet. Wir haben uns im Studium kennen gelernt. Sie ist Lehrerin.

In den Jahren, in denen ich bereits in Deutschland lebte, zeichneten sich die Unruhen im Iran unter dem Regime Khomeni ab, so dass es überhaupt keine Überlegungen einer Rückreise in den Iran gab. Ich habe an verschiedenen Kliniken und Krankenhäusern gearbeitet. 1982 habe ich meine Facharztprüfung abgelegt. Zu dieser Zeit, 1982, war Remscheid aus Sicht der Kassenärztlichen Versorgung ein Notstandsgebiet. In diesem „Notstandsgebiet“ mussten Arztpraxen besetzt werden. Vom damaligen Regierungspräsident wurden Ärzte in diese „Notstandsgebiete“ geschickt. So bin ich nach Remscheid gekommen und seitdem bin ich hier. Mittlerweile ist meine Tochter auch Ärztin. Ab September dieses Jahres betreiben wir die Praxis gemeinsam.

Ich habe den Vorteil, mehrere Sprachen zu sprechen: deutsch, farsi (das ist persisch), aserbaidschanisch und türkisch. Hinzu kommt etwas englisch und ein paar Grundkenntnisse in ein paar europäischen Sprachen.

Als ich 1982 als Arzt nach Remscheid kam, war es schwer, auch eine geeignete Wohnung zu finden. Die Mieten waren sehr hoch. Manchmal äußerte ein Vermieter, das kleine Kind, unsere Tochter, würde stören. Ich war ca. drei Monate lang fast täglich auf Wohnungssuche. Erst als ich dann eine Wohnung gefunden hatte, habe ich mir die Praxis eingerichtet.

Das erste Problem hier in Remscheid hatte ich beim Ausländer– und Einwohnermeldeamt. Die Sachbearbeiterin hat mich bereits bei meiner ersten Vorsprache geduzt. Das hinterließ keinen guten Eindruck. Teilweise passiert so etwas heute noch; erst wenn ich meinen Doktortitel nenne, erlebe ich mehr Respekt.

Meine persönlichen Erfahrungen mit den Remscheider Behörden sind nicht die besten. Es beschränkt sich zwar nur auf einige Vorsprachen, aber die haben meinen Eindruck geprägt. Ich schicke lieber meine Frau oder frage jemanden, den ich kenne. Es wäre wünschenswert, etwas mehr Freundlichkeit und Höflichkeit zu erfahren; schließlich ist die Verwaltung für die Einwohner da und nicht die Einwohner für die Verwaltung.

Ich habe z.B. beim Umzug der Arztpraxis für Umbaumaßnahmen 13 Monate auf eine Baugenehmigung gewartet. Erst als der damalige Oberbürgermeister Reinhard Ulbrich sich meiner Sache angenommen hat, bekam ich die Baugenehmigung.

Allerdings gibt es auch positive Eindrücke, das sind die Mitarbeiter im Gesundheitsamt. Dr. Neveling und sein Team sind immer sehr zuvorkommend, immer sehr hilfsbereit. Dr. Neveling selbst ist ein hervorragender Kollege und ein hervorragender Mensch.

In Remscheid muss eine bessere Zusammenarbeit in der Politik stattfinden. Kulturangebote in Remscheid sind rar, außerdem liegt in Remscheid überall Dreck. Die Trasse des Werkzeugs z.B. ist eine Hundekotweg. Da kommt aber keiner kontrollieren und verteilt Knöllchen. Als ich 1967 nach Deutschland kam, habe ich mich gewundert, wie sauber Deutschland ist, heute liegt überall nur Dreck, Bierflaschen, Schnapsflaschen usw. Es fehlt Respekt und Verantwortungsbewusstsein.

Aber es gibt auch sehr Schönes und Positives in Remscheid: Das ist zunächst natürlich das Röntgenmuseum, in dem das Leben und Arbeiten des wohl bekanntesten Remscheiders anschaulich dargestellt ist,  das ist das Werkzeugmuseum, durch das mich Herr Orth sach- und fachkundig geführt hat, das ist die Müngstener Brücke, die alle meine auswärtigen Besucher bestaunen oder bewundern, • die vielen schönen Wanderwege durch Felder und Wälder, vorbei an der Talsperre oder den zahlreichen alten „Kotten“, und nicht zu vergessen: die köstliche „:Bergische Kaffeetafel“.

Direkt am Anfang der Zeit hier in Remscheid, 1982 oder 1983, habe ich Erfahrung gemacht mit dem typischen Remscheider Sturkopf. Ich habe schnell gelernt. Ich gehe dann zu einer lockeren Art über. Manchmal ist es allerdings erforderlich, auch mal die sture Art anzuwenden, das funktioniert! (weiter auf der 2. Seite)

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Zwei Koffer mit Kleidung war alles, was wir dabei hatten

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Johannes Natschke, geboren 04.03.1933 in Danzig, seit 1980 in Remscheid:

„Danzig (polnisch Gdansk ) ist eine Hafenstadt und ehemalige Hansestadt in Polen. Sie liegt westlich der Weichselmündung in der historischen Landschaft Pommerellen und ist Hauptstadt der Woiwodschaft Pommern. Die Stadt hat über 450.000 Einwohner (Stand 2007) Ende März 1945 wurde Danzig von der Roten Armee im Zuge der Schlacht um Ostpommern eingeschlossen und erobert. Während und nach dem Einmarsch wurden die noch erhaltenen Häuser der Innenstadt von den sowjetischen Soldaten geplündert und in Brand gesteckt. Insgesamt wurde ein sehr hoher Anteil der Bebauung zerstört.

Bereits in den ersten Nachkriegsmonaten wurden die meisten in Danzig verbliebenen Deutschen von den sowjetischen Besatzern und polnischen Behörden vertrieben. Zurück blieb eine Minderheit von etwa fünf Prozent der ursprünglichen Stadtbevölkerung mit zumeist auch polnischen Vorfahren. Die Vertreibung wurde von den polnischen Behörden geduldet und nicht wie oft fälschlicherweise angenommen "systematisch" vorbereitet. Aufgrund des Bierut-Dekretes wurde das Eigentum von Personen deutscher Nationalität und Herkunft enteignet. Straftaten, die gegen die deutsche Zivilbevölkerung begangen wurden hat man juristisch nur bedingt verfolgt.

Ich bin in Danzig geboren und bis 1947 aufgewachsen. Mein Vater verstarb 1942, meine Mutter 1947. Damals, in Danzig, war ich Mitglied vom Jungvolk und nach den mir bekannten Informationen auch richtig stolz, dort Mitglied zu sein. Nach dem Tod meiner Mutter bin ich zu meiner Tante (Schwester meiner Mutter) aufs Land nach Zuckau gezogen; Zuckau war damals bereits polnisch. In Danzig erging wie überall der Aufruf, dass die Deutschen ihre Wohnungen verlassen sollten. Da ich zu der Zeit erst 14 Jahre alt war, verblieb ich bei meiner Tante. Dort habe ich dann auch erst polnisch gelernt. Mit 18 Jahren erhielt ich automatisch einen polnischen Pass.

Ich habe eine Tischlerlehre und 1951 meinen Gesellenbrief gemacht, 1953 habe ich geheiratet. Ich bin zu meiner Frau nach Kalbude gezogen, das gehörte zur Freistadt Danzig. Über eine Ausreise haben wir uns zunächst keine Gedanken gemacht. Ich hatte in Gelsenkirchen eine Tante und einen Onkel sowie eine Tante in Remscheid. Wir haben uns immer Briefe geschrieben und Päckchen geschickt. Eine Nachbarin aus Kalbude, die selbst nach Deutschland ausgereist war, hatte uns versprochen, uns nach Deutschland einzuladen. Sie wollte uns ein Visum schicken, damit wir in Deutschland bleiben könnten. Das war 1978 oder 1979.

Natürlich hatten wir davon gehört, dass man unter gewissen Bedingungen ausreisen konnte; die Bedingungen kannten wir aber nicht. Wir wussten auch nicht, was uns erwarten würde. Es gab Äußerungen, dass insbesondere Westdeutsche Kapitalisten und /oder Nazis wären. Außerdem hatten viele Bekannte Absagen für die Ausreise erhalten. Ich habe dann doch einen Ausreiseantrag gestellt. Im Januar 1980 bekam ich für mich und meine Familie mit der Post die Ausreiseerlaubnis. In der Deutschen Botschaft in Warschau erhielten wir dann das Visum für die Ausreise in unsere polnischen Pässe.(weiter auf der 2. Seite)

Klicken führt zum'Zeitstrahl' der AusstellungZur 200-Jahr-Feier der Stadt Remscheid stellte Heike Hildebrandt vom damaligen Migrationsbüro der Stadt eine Ausstellung („Zeitzeugen-Projekt“) zusammen mit Schilderungen zahlreicher „Zeitzeugen der Zuwanderung“, deren neue Heimat Remscheid geworden war. Das ist jetzt zehn Jahre her. Doch die Geschichten sind es wert, nach vorne gestellt zu werden. Denn darin erzählen die „Zugereisten“, warum sie ihre Heimat verlassen haben, wie sie hier in Remscheid ankamen, welche Erwartungen, welche Hoffnungen, welche Enttäuschungen sie erlebten und warum sie sich trotzdem mit Remscheid verbunden fühlen. Zuwanderung begann aber nicht erst mit den "Gastarbeitern", sondern schon Ende des 19. Jahrhunderts mit italienischen Straßenbauern. Und nach dem nach dem Zweiten Weltkrieg folgten Vertriebene, Flüchtlinge und Heimatlose.
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Auf Erkundung mit einem Remscheider Stadtführer

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