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Die Ostberliner Polizei schickte uns nach Westberlin

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Subramaniam Anandarajah, geboren am 20. Mai 1951 in Jaffna / Sri Lanka, seit 1982 in Remscheid:

Jaffna liegt auf einer Halbinsel nördlich von Sri Lanka und „grenzt an die Palkstraße. Der Bürgerkrieg in Sri Lanka ist ein andauernder bewaffneter Konflikt zwischen tamilischen Separatisten, auf der einen und dem srilankischen Militär auf der anderen Seite. 1948–49 werden Gesetze zur Ausbürgerung der seit über 100 Jahren im Land ansässigen Indien- Tamilen beschlossen, die zu Uneinigkeit innerhalb der Regierung führen. Es gibt Abspaltungen und Parteigründungen. Die SLFP gewinnt die Parlamentswahl im Jahr 1956, wobei sie von einer Welle des singhalesischen Nationalgefühls getragen wird. Die SLFP-Regierung versucht, mit ihrer Politik die „Singhalisierung“ der Insel zu bewirken. In den folgenden Jahren und Jahrzehnten kommt es immer wieder zu Ausschreitungen gegen Tamilen, bei denen die Armee ein Massaker an der tamilische Bevölkerung anrichtete.

Vor allem in den 70er Jahren verschärft sich der Konflikt zwischen den beiden Volksgruppen weiter; er wird durch die Verfassungsreform von 1972 zementiert. Die UNP, bestehend aus Singhalesen, Tamilen und Muslimen, siegte 1977 mit verfassungsändernder Mehrheit. Der Präsident verweigerte den tamilischen Abgeordneten ihre quotenmäßig garantierten Parlamentssitze unter dem generalisierten Vorwurf des Separatismus und erklärte sie sämtlich zu Staatsfeinden. Ferner veränderte er die Verfassung und setzte sich an die Spitze eines Präsidialsystems nach französischem Vorbild. Dadurch eskalierte der Konflikt zwischen Tamilen und Singhalesen ab 1983.

Als Anfangsdatum des Bürgerkriegs wird meist der 23. Juli 1983 angenommen. Von 2001 bis 2004 entspannte sich die Lage erstmals seit 20 Jahren, jedoch liegt eine politische Lösung noch immer in weiter Ferne, da beide Seiten hartnäckig an ihren Positionen festhalten.

Ich bin Tamile. Ich bin in Jaffna acht Jahre lang zur Schule gegangen. Danach habe ich angefangen zu arbeiten, eine Ausbildung habe ich nicht gemacht, zumindest nicht so wie das in Deutschland verstanden wird. Ich habe Zigarren gefertigt und Lebensmittel verkauft. Ich habe fünf Geschwister, einen Bruder und vier Schwestern. Es war nicht immer einfach, der Konflikt der Singalesen und Tamilen schwelte auf Sri Lanka bereits seit 1956. Aber ich bin bis 1981 meiner Arbeit nachgegangen.

1979 habe ich geheiratet. 1980 wurde unser erster Sohn geboren, 1982 der zweite Sohn. Da war ich aber nicht mehr zuhause. In diesen Jahren war der Beginn der Eskalation des Bürgerkrieges. Jeden Tag mussten Männer damit rechnen, rekrutiert oder von Singalesen bedroht zu werden. Auch ich hatte jeden Tag Angst. Da habe ich mich entschlossen, das Land zu verlassen. Ich wollte nach Dubai. Dort lebten viele Tamilen. Dort arbeiteten auch viele Tamilen. Aber es gab auch Meldungen, dass in Dubai keine Arbeitsmöglichkeiten mehr für Tamilen sind.(weiter auf der 2. Seite)

 

Klicken führt zum'Zeitstrahl' der AusstellungZur 200-Jahr-Feier der Stadt Remscheid stellte Heike Hildebrandt vom damaligen Migrationsbüro der Stadt eine Ausstellung („Zeitzeugen-Projekt“) zusammen mit Schilderungen zahlreicher „Zeitzeugen der Zuwanderung“, deren neue Heimat Remscheid geworden war. Das ist jetzt zehn Jahre her. Doch die Geschichten sind es wert, nach vorne gestellt zu werden. Denn darin erzählen die „Zugereisten“, warum sie ihre Heimat verlassen haben, wie sie hier in Remscheid ankamen, welche Erwartungen, welche Hoffnungen, welche Enttäuschungen sie erlebten und warum sie sich trotzdem mit Remscheid verbunden fühlen. Zuwanderung begann aber nicht erst mit den "Gastarbeitern", sondern schon Ende des 19. Jahrhunderts mit italienischen Straßenbauern. Und nach dem nach dem Zweiten Weltkrieg folgten Vertriebene, Flüchtlinge und Heimatlose.
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Wir sind auf andere zugegangen

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Seyed Raouf Reissi, geboren 1948 in Ardebil / Iran und Ehefrau Sakineh Mohebbi, beide seit November 1985 in Remscheid:

„Ardabil ist eine im Nordwesten des Iran in der gleichnamigen Provinz gelegene Stadt. Sie ist bekannt für ihre traditionelle Seiden- und Teppichherstellung, Honig sowie Heilwasser vulkanischen Ursprungs. In der Umgebung wird ferner Bewässerungsfeldbau betrieben. Ardabil ist eine der 30 Provinzen des Iran. Hauptstadt ist die gleichnamige Stadt Ardabil. Die Provinz liegt im Nordwesten des Landes an der Grenze zur Republik Aserbaidschan und dem Kaspischen Meer. Die Bevölkerungsmehrheit stellen mit Abstand die Aserbaidschaner. Mehrheitssprache ist die mit dem Türkischen verwandte aserbaidschanische Sprache.

Ich bin 1948 in Ardabil geboren. Ich bin dort zur Schule gegangen und habe in Tebritz mit dem Studium begonnen. 1973 bin ich aus dem Iran ausgereist, mit dem Ziel in Deutschland zu studieren. An der Universität in Bochum habe ich zunächst Deutsch gelernt. In Köln habe ich dann Maschinenbau studiert, und ein Jahr lang ein Praktikum in einer Maschinenfabrik absolviert.  Ich hatte im Iran einen deutschen Lehrer, drei Jahre lang. Der hatte mir sehr viel beigebracht. 1978 habe ich mein Studium als Diplom-Ingenieur abgeschlossen. Inzwischen waren sechs Jahre seit meiner Ausreise aus dem Iran vergangen.

Ich bin nach dem Studium zurück in den Iran. Dort war ich in Tebritz technischer Leiter einer Maschinenfabrik. Meine Frau war Landwirtschaftsingenieurin in Tebritz /Aserbaidschan und beim Umweltamt tätig. Nach der Revolution - wir waren junge Leute – wollten wir unsere Heimat aufbauen, aber das Regime Khomeni machte es unmöglich; Menschenrechte wurden verletzt, Regimegegner und Hunderte Andersdenkender festgenommen. Das war der Grund, warum wir überlegen mussten, unsere Heimat zu verlassen. Dann sind wir, meine Frau, mein Sohn und ich nach Deutschland ausgereist.

Am Anfang war es schwer. Als Ingenieur gab es für mich keine Anstellung. Ich habe dann drei oder vier Jahre als Maschinenarbeiter gearbeitet, danach habe ich bei einer Wermelskirchener Firma vier oder fünf Jahre gearbeitet, bis die Firma schließen musste.

Meine Frau hat an der Uni Wuppertal deutsch intensiv gelernt. Danach wollte sie eigentlich Biochemie studieren. Am Ende des 2. Semesters wurde aber unser Sohn im Alter von sieben Jahren schwer krank. Da hat sie aufgehört. Unserem Sohn geht es seit einigen Jahren wieder gut.

Die Wohnungssuche damals war schwer. Wir haben zunächst fünf Jahre im Stadtteil Rosenhügel gewohnt. Wir haben sparsam gelebt und uns dann eine kleine Wohnung gekauft. 2004 haben wir uns ein kleines Haus gekauft. Die Renovierung machen wir selbst, das ist auch noch nicht fertig.

Meine Frau hat im September 1993 hier unser Geschäft, unseren Bioladen eröffnet. Wir hatten schon arge Bedenken, es nicht zu schaffen. Aber mit der Unterstützung von deutschen Freunden und Kunden hatten wir doch Erfolg. In schweren Zeiten haben unsere deutschen Freunde mit uns geweint, in guten Zeiten mit uns gefeiert. Wir hatten viel Hilfe und menschliche Wärme. (weiter auf der 2. Seite)

Klicken führt zum'Zeitstrahl' der AusstellungZur 200-Jahr-Feier der Stadt Remscheid stellte Heike Hildebrandt vom damaligen Migrationsbüro der Stadt eine Ausstellung („Zeitzeugen-Projekt“) zusammen mit Schilderungen zahlreicher „Zeitzeugen der Zuwanderung“, deren neue Heimat Remscheid geworden war. Das ist jetzt zehn Jahre her. Doch die Geschichten sind es wert, nach vorne gestellt zu werden. Denn darin erzählen die „Zugereisten“, warum sie ihre Heimat verlassen haben, wie sie hier in Remscheid ankamen, welche Erwartungen, welche Hoffnungen, welche Enttäuschungen sie erlebten und warum sie sich trotzdem mit Remscheid verbunden fühlen. Zuwanderung begann aber nicht erst mit den "Gastarbeitern", sondern schon Ende des 19. Jahrhunderts mit italienischen Straßenbauern. Und nach dem nach dem Zweiten Weltkrieg folgten Vertriebene, Flüchtlinge und Heimatlose.
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Ich bin ein Optimist, ein Kämpfer, ich gebe nicht auf

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Jerry Duopou, geboren am 22.5.1965 in Monrovia / Liberia, seit 10.4.1992 in Remscheid:

„Die Republik Liberia ist ein Staat in Westafrika und grenzt an die Elfenbeinküste, Guinea, Sierra Leone sowie an den Atlantik. Liberia war zunächst ein Projekt zur Ansiedlung ehemaliger afroamerikanischer Sklaven aus den Vereinigten Staaten und einer der ersten unabhängigen Staaten auf dem afrikanischen Kontinent. Konflikte zwischen den Nachkommen ehemaliger afroamerikanischer Sklaven und länger ansässiger Ethnien prägen das Land bis heute. Im Jahr 1822 kaufte die American Colonization Society, eine Gesellschaft von weißen US-amerikanischen Abolitionisten, den Küstenstreifen, um dort freigelassene ehemalige Sklaven anzusiedeln und gleichzeitig selbst Kolonialherren zu werden. Zu Beginn des amerikanischen Bürgerkrieges lebten dort rund 12.000 Afroamerikaner. Die daraus entstandene Herrschaft einer schwarzen Elite wurde erst im April 1980 durch einen Putsch durch Samuel K. Doe gebrochen. Doe wurde 1989 abgesetzt, gefoltert und ermordet. Danach herrschte 14 Jahre lang Bürgerkrieg.

Ich habe in Monrovia die Schule besucht und mit dem Studium – international Relation – begonnen. Das war die Voraussetzung, um meinen Berufswunsch, Mitarbeiter im Außenministerium, zu verwirklichen. Bevor ich mit dem Studium begann, habe ich mich neun Monate im Ausland – Elfenbeinküste - aufgehalten. Ich habe dort die französische Sprache erlernt. . Als ich nach den neun Monaten nach Monrovia zurück kehrte, war der Bürgerkrieg in vollem Gang. Ich habe trotzdem 3 ½ Jahre studiert, so gut das ging.

1989 musste ich das Studium abbrechen. Der Bürgerkrieg l machte es unmöglich, weiter zu studieren. Als einzige Alternative blieb die Ausreise aus Liberia. Es gab zu der Zeit dort keine Zukunft, keine Perspektive. Am 6.6.1988 habe ich geheiratet. Meine Frau war schwanger, die Zukunft unseres Kindes galt es zu gestalten. Das war im Krieg nicht machbar. Mein Vater als Abkömmling der Afroamerikaner schlug vor, nach Amerika zu gehen. Dort könnte ich dann auch weiter studieren. Das ging aber nur vom benachbarten Ausland aus.

Wir sind dann alle zusammen, meine Mutter, meine Frau und meine Tochter, die im März 1989 geboren wurde, so wie 70.000 andere Liberianer ins Nachbarland Elfenbeinküste geflogen. Von dort wollten wir mit dem Schiff nach Amerika. Ich habe mit meiner Frau das falsche Schiff genommen und bin in Deutschland, in Hamburg angekommen, Anfang 1991.

Von Hamburg sind wir mit dem Zug nach Münster und haben dort bei der Polizei vorgesprochen. Die Polizei von Münster schickte uns nach Dortmund. Dort kamen wir dann in ein Lager für Asylbewerber. Bis Mai 1991 lebten wir im Lager in Dortmund. Wir sprachen kein deutsch. Zweimal wöchentlich waren wir beim Bundesamt zu Befragungen. Es war bei den Befragungen immer ein Dolmetscher dabei.

Im Lager gab es auch so etwas wie einen „Hausmeister“. Er sprach ein bisschen englisch und erzählte uns eines Tages, dass wir nächste Woche in eine andere Stadt verbracht werden; mehr nicht, keine Details, noch nicht einmal den Namen der Stadt! Wir wurden nervös, hatten Angst, nach Hamburg gebracht zu werden, auf ein Schiff verfrachtet zu werden und wieder nach Liberia fahren zu müssen.

In der Nacht, bevor wir von Dortmund wegfuhren hatte ich trotz aller Nervosität einen schönen Traum über unsere Zukunft. Ich hatte ein gutes Gefühl! Ich hatte eine positive Einstellung. Ich habe das meiner Frau auf der Fahrt hierhin erzählt, sie konnte meine Auffassung zu der Zeit aber nicht teilen.

Am Tag der Abreise aus Dortmund wurden wir in einen Bus gesetzt. Wir erhielten die Mitteilung, dass wir nun in eine Stadt ca. 60 bis 65 Km weit entfernt gebracht wurden. Immer noch nicht wurde uns der Name der Stadt genannt. Aber jetzt wussten wir, dass es nicht Hamburg sein konnte. Hamburg war weiter weg. Die Busfahrt ging dann auch durch das Bergische Land. Das gefiel mir. Und mir fiel mein Traum wieder ein. Der Bus hielt dann hier in Remscheid, beim Sozialamt. Dort erhielten wir sogleich alles Erforderliche. (weiter auf der 2. Seite)

Klicken führt zum'Zeitstrahl' der AusstellungZur 200-Jahr-Feier der Stadt Remscheid stellte Heike Hildebrandt vom damaligen Migrationsbüro der Stadt eine Ausstellung („Zeitzeugen-Projekt“) zusammen mit Schilderungen zahlreicher „Zeitzeugen der Zuwanderung“, deren neue Heimat Remscheid geworden war. Das ist jetzt zehn Jahre her. Doch die Geschichten sind es wert, nach vorne gestellt zu werden. Denn darin erzählen die „Zugereisten“, warum sie ihre Heimat verlassen haben, wie sie hier in Remscheid ankamen, welche Erwartungen, welche Hoffnungen, welche Enttäuschungen sie erlebten und warum sie sich trotzdem mit Remscheid verbunden fühlen. Zuwanderung begann aber nicht erst mit den "Gastarbeitern", sondern schon Ende des 19. Jahrhunderts mit italienischen Straßenbauern. Und nach dem nach dem Zweiten Weltkrieg folgten Vertriebene, Flüchtlinge und Heimatlose.
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Wochenrückblick vom 29. Oktober bis 4. Dezember

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Glasreiner Schulten: Mit Schwung in die Zukunft

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Pressemitteilung der Paul Schulten GmbH & Co. KG

1908: In Detroit wird das erste Ford Modell T fertiggestellt, in London finden die Olympischen Spiele statt und in Remscheid wird der Glasreinigungsbetrieb Paul Schulten gegründet. Heute feiert das Remscheider Traditionsunternehmen sein 110-jähriges Bestehen und damit eine bergische Erfolgsstory, die Branchenpionier Schulten mit Know-how und Entschlossenheit angestoßen hatte. Denn kurz nachdem 1901 die erste Berufstandsorganisation der Gebäudereiniger gegründet wurde, sah der Remscheider sein berufliches Fortkommen in der Selbstständigkeit. Aus kleinen Anfängen hat sich das Familienunternehmen zu einem Full-Service-Dienstleister in Sachen Gebäudedienstleistungen entwickelt. Gereinigt wird heute in Remscheid oder Wuppertal, Köln oder Düsseldorf, Aachen oder Duisburg, Lüdenscheid oder Münster. In ganz Nordrhein-Westfalen ist Schulten aktiv, und der Kurs der Geschäftsführer Peter Schulten und Oliver Knedlich geht klar in Richtung Expansion. Gleichwohl versteht sich der an sieben Standorten vertretene Dienstleister als Mittelständler, der mit Qualität, Flexibilität und Kontinuität bei seinen Kunden punktet. Rund 2.900 Mitarbeitende sorgen in Industriebetrieben, Büros, in Schwimmbädern und Bussen, in Kitas, Schulen und Sportstätten, Klinken, Praxen und Pflegeheimen für akkurate Sauberkeit und makellose Hygiene.

An der Spitze des Unternehmens stehen heute die geschäftsführenden Gesellschafter Peter Schulten und Oliver Knedlich, der 2003 als Geschäftsführer ins Unternehmen einstieg und drei Jahre später Gesellschafter wurde. Beide schauen gerne auf die erfolgreiche Firmengeschichte zurück, halten aber genauso die Herausforderungen der Zukunft im Blick. Um weiterhin zu den Großen der Branche in der Region zu gehören, setzt man auf Innovation und Kreativität, steht der digitalen Entwicklung genauso aufgeschlossen gegenüber wie der Förderung der Belegschaft.

Die Anfänge lagen in der Reinigung von Glas, Rahmen, Fassaden und Werbeschildern. Nachdem die Söhne Erich und Paul Schulten jr. das Geschäft vom Vater übernommen hatten, wurde das Portfolio in den 1950-er Jahren um Unterhaltsreinigung in Büros, Verwaltungen und Industrie erweitert. Zu Beginn der 1980-er Jahre setzte sich die positive Entwicklung mit Industriereinigung und -wartung fort. 1993 wurde das Segment der Krankenhausreinigung aufgenommen, fünf Jahre später erfolgte bereits die Zertifizierung des Qualitätsmanagements. Sukzessiv wurde das Angebot ausgebaut.

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November 2008: Der Waterbölles blättert zurück

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„Wenn das das Ergebnis von zwanzig, dreißig Jahren Integrationspolitik ist, dann haben wir was falsch gemacht“, stellte Dirk Faust, Chef der Remscheider ARGE, vor zehn Jahren vor Kommunalpolitikern zu den geringen Berufschancen von ungelernten Arbeitnehmern im Allgemeinen und solchen mit ausländischem Pass im Besonderen fest. Wenn überhaupt, seien solche Arbeitslose nur als Hilfsarbeiter zu vermitteln, fast schon „mit Rückkehrgarantie in die Arbeitslosigkeit in schwierigeren Zeiten“. Als Gründe für schlechte Schulzeugnisse (die auch für Deutsche gelten) nannte der Chef der Remscheider ARGE damals überforderte Eltern, zu wenig Lehrer, ein migrantenfeindliches Schulsystem, kaum eigenes Interesse an Integration (bei Deutschen und Ausländern / „Die kommen in ihren jeweiligen Communities klar“), keine Heimatgefühle, keine Identifikation mit Remscheid, kein „Deutscher Traum“, keine eigenen Bemühungen um einen sozialen Aufstieg.

Die endgültige Version. Foto: privatDas Graffiti an der Haddenbacher Straße, Ecke Dorfmühler Straße in der Ursprungsversion. Foto: Lothar KaiserAuf allgemeines Stirnrunzeln stieß im Oktober 2008 der junge Künstler, der vor zehn Jahren die Stützmauer Ecke Haddenbacher Straße/ Dorfmühler Straße mit einem kackfrechen Graffiti versah. In der kritischen Reaktion darauf erhielten die beiden  hockenden Frauenakte zunächst Bikinis, später dann, im  November, wurden sie vollständig übermalt und durch eine züchtig bekleidete  Frauenfigur mit Kamera ersetzt.

Ein kleiner Schock war es im November 2008 für Brigitte Neff-Wetzel, die damalige Vorsitzende des SPD-Ortsvereins Remscheid-Süd, dass sie bei der Wahl der Kandidaten für die Kommunalwahl 2009 ohne Vorwarnung durchfiel. Von 29 Anwesenden hatten lediglich 13 für sie und 15 gegen sie gestimmt (bei einer Enthaltung). Zuvor hatte es keine einzige kritische Frage an sie gegeben. Am 17. November 2008 teilte Brigitte Neff-Wetzel mit, dass sie mit sofortiger Wirkung aus der SPD austrete, ferner auch ihre Familienmitglieder. Damit verlor die SPD damals auf einen Schlag vier Parteimitglieder. Ihr Ratsmandat nahm Brigitte Neff-Wetzel noch bis zum Ende der Ratsperiode war. Danach trat sie für die Linken an.

Ein heilloses Durcheinander, so der Eindruck vieler Außenstehender, schien im November 2008 innerhalb der Remscheider CDU zu herrschen. Zuerst vollzogen Manfred Schwick und Karl Heinz Humpert eine Art Rochade:  Schwick wurde wieder Fraktionsvorsitzender (war er schon einmal gewesen), Humpert (bisher Vorsitzender) sein Vize. Zehn Tage später, am 21. November, verkündete Schwick dann seinen Rücktritt vom Amt des CDU-Fraktionsvorsitzenden. Begründung: Er habe nicht erwartet, dass die Wahl zu  solch starken Protesten von Bürgern und aus der Partei (zuletzt am Dienstag bei der Mitgliederversammlung der Mittelstandsvereinigung der CDU) führen werde.

Leiter des städtischen Rechnungsprüfungsamtes wurde vor zehn Jahren Klaus-Peter Listner. Er war zuvor Stellvertreter von Karl Bernhard Wiedenhoff. Dieser war in der Ratssitzung am 27. Mai, in der der Beigeordnete Jürgen Müller sein Amt verlor, als RPA-Leiter abgewählt worden.

Der  Marketingrat Innenstadt beschloss im November 2008 die Vereinsgründung, um mehr Handlungsfreiheit, eigenständiges Auftreten und finanzielle Rückendeckung zu bekommen. Er folgte damit dem Marketingrat Lüttringhausen und dem Verein „Lennep offensiv“.  39 anwesenden Remscheider Geschäftsleute Von 39 anwesenden Remscheider Geschäftsleute 18 den Verein aus der Taufe, und weitere 15 traten als Fördermitglieder bei. Zum Vorsitzenden wurde Bernhard Grunau (Raumausstatter) gewählt. Er starb kurz vor seinem 80. Geburtstag im Februar vergangenen Jahres.

Das blaue Objekt im Museumspark des Deutschen Werkzeugmuseums. Foto: Lothar Kaiser        Ein strahlend blauer Koloss aus Schmalkalden war im November 2008 der Neuzugang im Park des Deutschen Werkzeugmuseums – eine zehn Tonnen schwere, 46 Jahre alte Maschine zum Schleifen von Werkzeugstählen. Der Remscheider Unternehmer Peter Recknagel, inzwischen der Vorsitzende des Fördervereins, hatte die ausgemusterte Maschine frisch anstreichen und nach Remscheid transportieren lassen. Von der frischen Farbe ist heute allerdings nichts mehr zu sehen.

Mit Rodungsarbeiten auf dem Gelände nördlich der Konzertmuschel bzw. westlich des Stauden- und Rosengartens begann vor zehn Jahren die Stadt Remscheid in Reaktion auf den verheerenden Orkan  Kyrill in der Nacht vom 17. auf den 18.1.2007. Das sei aus Sicherheitsgründen nicht mehr länger aufschiebbar. Begründung: „Für spielende Kinder stellen umgestürzte und auch abgebrochene Bäume und das z.T. ineinander verkeilte Bruchholz wie auch teilweise entwurzelte Bäume und angebrochenes Astwerk in den Baumkronen in vielen Bereichen deutlich erkennbare Gefahren dar.“ Aber: „Eine Neugestaltung der Fläche scheidet aus Kostengründen zurzeit aus. Wünschenswert wäre sicherlich eine gärtnerische Anlage in Anlehnung an den angrenzenden Stauden-/Rosengarten.“ Im November 2008 begann, ebenfalls eine Kyrill-Folge, eine Wiederaufforstung an der Neyetalsperre.

Eine Wohnung zu finden war fast unmöglich

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Miladinka Bozicic, geboren 18.3.1972 in Javorani im heutigen Bosnien Herzegowina, seit 1991 in Remscheid:

Kneževo ist eine Verbandsgemeinde im Zentrum von Bosnien und Herzegowina. Sie liegt etwa 40 km südöstlich von Banja Luka und gehört zur Republika Srpska, einer von zwei Entitäten des Landes. Seit dem Bosnienkrieg trägt die Gemeinde den Namen Kneževo, der soviel wie „Ort des Fürsten“ bedeutet. Zur Gemeinde gehören 18 Siedlungen, die den acht Lokalgemeinschaften Javorani (im Norden), Bastaji, Kneževo, Živinice (im Zentrum), Imljani, Vlatkovi (im Süden) sowie Mokri Lug und Šolaji (im Westen) zugeordnet werden.

Im Alter von acht Jahren bin ich mit meinen Eltern von Bosnien nach Kroatien gegangen. Früher war das alles Jugoslawien. In Kroatien habe ich nach dem dortigen Schulrecht bis zum Ende der Klasse 8 die normale Schule besucht. Nach der 8. Klasse musste man sich entscheiden zwischen Berufsausbildung oder Gymnasium.

Ich habe mich zur Köchin ausbilden lassen. Mit 18 Jahren hatte ich die Idee, nach Sonthofen in Bayern zu gehen. Ich wollte dort ein paar Monate arbeiten. Nach zehn Tagen verstarb plötzlich meine Mutter und ich kehrte nach Kroatien zurück. Zu der Zeit begannen die ersten Unruhen im ehemaligen Jugoslawien. Mein Mann - wir waren damals noch nicht verheiratet – hatte in Deutschland, in Remscheid Familie. Also haben wir Jugoslawien verlassen und uns auf den Weg gemacht.

Wir waren zunächst in Bayern bei einer Freundin. Wir haben uns dort knapp ein Jahr aufgehalten. Dann sind wir nach Remscheid gekommen. Zwischenzeitlich war beim Schwiegervater in Remscheid auch die Schwiegermutter aus dem Unruheherd Jugoslawien angekommen. Der Schwiegervater hatte eine kleine Wohnung, nur 40 Quadratmeter. Wir haben dann zu viert beim Schwiegervater gewohnt, ab März 1991.

Mein Mann und ich haben versucht, eine eigene Wohnung zu finden, aber das war fast unmöglich. Wir hatten ausländerrechtlich keinen Aufenthalt, also bekamen wir auch keine Wohnung. Dann wurde ich schwanger. Im Juni 1993 wurde unser Sohn geboren. Erst kurz vor der Geburt des Kindes konnten wir eine Wohnung in der Nüdelshalbach beziehen.

Vom Ausländeramt erhielten wir aufgrund des Krieges ausländerrechtlich eine Duldung, immer nur für drei Monate, erst ab 1995 wurde die Duldung für sechs Monate erteilt. Diese Duldungen alle paar Monate kosteten jeweils 15 DM pro Person, Kinder die Hälfte. Hinzu kamen die Kosten für immer neue Reispässe; ich habe allein in zwölf Jahren schon fünf Pässe gebraucht. Diese Kosten beliefen sich auch regelmäßig auf 100 Euro pro Person. Die Duldungen wurden uns bis 2001 erteilt, erst dann bestand für uns die Möglichkeit, eine Aufenthaltsbefugnis für zwei Jahre zu erhalten. Es gab einen Erlass des Innenministeriums, der dies ermöglichte. Die Kriterien nach dem Erlass waren bei uns erfüllt. Im Juni 2003 wurde die Aufenthaltsbefugnis noch einmal um zwei Jahre verlängert, bis Juli 2005. Im Juli 2005 endlich wurde uns unbefristet die Niederlassungserlaubnis erteilt, nach 14 Jahren! (weiter auf der 2. Seite)

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Mein Bruder wurde 1982 von der „Cap Anamur“ gerettet

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Liem van Tran, geboren 1.12.1977 in Ho Nai Bien Hoa / Vietnam, seit 1988 in Remscheid

Die erste „Cap Anamur“ war ein deutsches Frachtschiff, mit dem von 1979 bis 1986 insgesamt 10.375 vietnamesische Flüchtlinge (die sogenannten "boat people") auf dem Chinesischen Meer gerettet und nach Deutschland gebracht wurden. Die Flüchtlinge trieben zuvor auf überladenen, altersschwachen Booten auf dem Meer. Die meisten von ihnen fielen vor einer Rettung den Stürmen, den Piraten oder dem Hungertod zum Opfer. Die Rettungsaktion „Deutsches Komitee. Ein Schiff für Vietnam“ wurde 1979 vom deutschen Journalisten Rupert Neudeck initiiert.

Der Begriff „Boat People“ wurde in den 1970-er Jahren aus dem amerikanischen Sprachgebrauch übernommen. Er bezog sich ursprünglich auf Bootsflüchtlinge in der Folge des Vietnamkrieges in Südostasien Die meisten dieser Flüchtlinge leben heute noch in Deutschland, viele durften im Laufe der Jahre ihre Familienangehörigen nachholen. Eine Minderheit von sechs Millionen Einwohnern, also etwa sieben Prozent der Bevölkerung Vietnams, bekennen sich zum katholischen Glauben.

Mein Bruder wurde bei seiner Flucht 1982 von „Cap Anamur“ gerettet. Hier in Deutschland wollten wir im Rahmen der Familienzusammenführung zum mittlerweile als Flüchtling anerkannten Bruder. Die Ausreise aus Vietnam erfolgte 1987. Mit meinen Eltern und meinen zwei Schwestern bin ich in Frankfurt gelandet. Von dort ging es nach Düsseldorf und dann weiter nach Unna Massen. In Unna war mir alles fremd, es war kalt, es gab Schnee, es war lautlos im Vergleich zu Vietnam. Es war so ruhig in Deutschland. Die Menschen blieben unter sich, nicht die gegenseitigen Besuche auch auf der Straße, so wie in Vietnam. Freundliche Begrüßungen als Ritual wie in Vietnam fehlten, hier war das anders, nur die Menschen die man kennt werden gegrüßt, insbesondere am Morgen.

Es war z.B. ungewohnt, mit Messer und Gabel zu essen und nicht mit Stäbchen. Meine Eltern waren in Vietnam Bauern, hatten Ahnung von Getreide und Vieh, aber nicht, wie Kuchen gebacken wird. Socken anziehen war ungewohnt.

Eigentlich wollten wir nicht nach Remscheid, sondern in die großen Städte, wo viele Vietnamesen lebten. Aber der Bruder war in Remscheid, deshalb mussten wir nach Remscheid. Die Ankunft in Remscheid war Ende 1988. Die Unterbringung durch die Stadt erfolgte im Übergangsheim Bergfrieder Weg mit der ganzen Familie für ca. ein Jahr. Erst hier in Remscheid besuchte ich die Schule Mannesmann. Aber nur kurze Zeit. Für mich war ein Internatsbesuch vorgesehen.  Im Internat St. Michaelheim, ein Caritasheim mit Förderschule, war ich dann drei Jahre lang zum deutsch lernen -intensiv. Ebenso meine beiden Schwestern. Die sind älter und waren nur ein Jahr im Internat. Meine Eltern haben in Solingen eine Sprachschule besucht. Meine Klasse im Internat bestand aus ca. 25 Schülerinnen und Schüler aus Russland, Polen, Vietnam, Kambodscha, Laos, Thailand. Da mussten wir eine gemeinsame Sprache sprechen, das war dann deutsch. Nach den drei Jahren im Internat bekam ich ein gutes Zeugnis mit der Empfehlung zur Realschule.

Neben deutsch intensiv und dem „normalen“ Unterrichtsstoff habe ich im Internat alles an Regeln und mitmenschlichem Umgang gelernt. Nach dem Internat besuchte ich die Klasse 7 der Alexander von Humboldt Realschule.

1990 haben wir endlich gemeinsam mit den Eltern eine Wohnung gefunden, die Wohnungssuche war schwierig, es gab nicht viele freie Wohnungen, obwohl die Pfarrgemeinde geholfen hat. Wir hatten mit fünf Personen eine 75 qm große Wohnung in der Burger Straße gefunden. Später kam dann noch eine kleine Wohnung hinzu, so wie ein paar Familienangehörige. Jetzt hatten wir 120 Quadratmeter.

Ich habe an der Alexander von Humboldt Schule meine Realschulabschluss gemacht, 1995 habe ich meine Ausbildung bei Elektrotechnik Müller als Elektroinstallateur begonnen. 1998 habe ich die Ausbildung erfolgreich mit meinem Gesellenbrief abgeschlossen. Einige Zeit nach der Ausbildung habe ich meinen Arbeitgeber gewechselt und hatte inzwischen verschiedene Arbeitgeber. Es lag eigentlich immer am Verdienst, es gab Firmen die nur über Zeitverträge anstellen oder sogar versuchen unter dem Tariflohn zu zahlen.(weiter auf der 2. Seite)

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Gegen Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit

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Pressemitteilung des Kreisverbandes DIE LINKE.Remscheid

Zum Gedenken an die Reichspogromnacht legte eine Abordnung der Remscheider LINKEN wie in jedem Jahr ein Blumengebinde an der Gedenktafel für die ermordeten und vertriebenen jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger Remscheids im Aufgang des Rathauses nieder und erinnerten an das Geschehen vor achtzig Jahren:

„Am 9. November 2018 jährt sich zum 80. Mal die Reichspogromnacht von 1938. Damals brannten in Deutschland 1.400 Synagogen, Gebetsräume und weitere jüdische Versammlungsstätten. Mehrere Tausend Geschäfte, Wohnungen und jüdische Friedhöfe wurden zerstört oder geschändet. Über 400 Juden wurden an diesem Tag ermordet oder in den Suizid getrieben. In den folgenden Tagen wurden 30.000 Juden in Konzentrationslager verschleppt. Hunderte verloren dort in kurzer Zeit ihr Leben. Dieses Novemberpogrom war der von den deutschen Faschisten verordnete und lückenlos geplante Übergang von der Diskriminierung und Ausgrenzung zur systematischen Verfolgung und Vernichtung der Juden Es handelte sich nicht, wie von den Nazis verbreitet, um einen Volksaufstand, sondern um Staatsterror, der zur Schoah und zur Ermordung von sechs Millionen Juden führte. Am 09. November 2018 gedenken wir dieser Verbrechen, die der deutsche Faschismus auch in unserer Heimatstadt Remscheid verübt hat.

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Wochenrückblick vom 5. bis 11. Dezember

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Nachkommen trugen sich ins Goldene Buch der Stadt ein

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Vor dem Remscheider Rathaus wehte gestern u. a. auch die israelische Flagge. Der Anlass: Angehörige der Familien Mandelbaum und Artmann aus Israel und nahmen am Abend in der Gedenk- und Bildungsstätte Pferdestall Remscheid, Martin-Luther-Straße, im Gedenken an ihre von den Nazis im Holocaust getöteten Verwandten Anna Mandelbaum und Josef Chaim Artmann an der Gedenkveranstaltung anlässlich des 80. Jahrestages der Reichspogromnacht teil. Und zuvor hatte Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz sie dazu eingeladen, sich im Rathaus in das Goldene Buch der Stadt Remscheid einzutragen. Neben Hans Heinz Schumacher, Vorsitzender des Vereins Gedenk- und Bildungsstätte Pferdestall Remscheid e.V., nahmen auch zwei Schülerinnen des Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasiums an der kleinen Feierstunde teil.

Im Bild beim Eintrag ins Goldene Buch der Stadt Remscheid von li. n. re. Hans Heinz Schumacher, Horesh Mandelbaum (4), Gary Anello (USA), Nay Mandelbaum, Selma Schlee, Sarit Wassermann, Rouen Mandelbaum, Marc Newman (Philadelphia, USA), Sagi Mandelbaum, Ido Mandelbaum und Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz. (Sarit, Rouen und Ido sind die Kinder von Hans Mandelbaum (der zusammen mit seinen drei Brüdern Schüler des Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasiums war),  dessen  Schwester Anna in den Niederlanden von den Nazis festgenommen und  in einem Konzentrationslager ums Leben gekommen war.  May Newman ist der Großneffe des ermordeten Josef Chaim Artmann)

Der Oberbürgermeister betonte in der kleinen Feierstunde, dass der Wahnsinn des Nazi-Faschismus mit acht Millionen getöteter Juden nie in Vergessenheit geraten und sich eine solche  Katastrophe nie wiederholen dürfe. Hier stehe Deutschland auch künftig in der Verantwortung.

Gedenken an die Reichspogromnacht vor 80 Jahren

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In der neuen „Gedenk- und Bildungsstätte Pferdestall“ an der Uhlandstraße gedachten gestern Abend mehr als 150 Remscheider/innen der Nacht vom 9. auf den 10. November Oktober 1938. Diese „Reichspogromnacht sei nicht der Beginn der Verfolgung, Verschleppung und Ermordung – insbesondere der jüdischen Bevölkerung in Deutschland gewesen, sagte Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz in seiner Rede. Aber in jener Nacht habe sich die Fratze des Faschismus völlig unverhüllt gezeigt „Schon vorher wurden Juden, Kommunisten, Sozialdemokraten, Gewerkschafter, Homosexuelle verfolgt, gequält, verhaftet, ermordet. Die Reichspogromnacht war der Beginn eines Verbrechens an der Menschlichkeit, eines Verbrechens unermesslichen Ausmaßes. Ob des unsäglich Grausamen, was durch Menschenhand geschah, stehen wir bis in die Gegenwart sprach- und fassungslos an diesem Ort der Erinnerung und des Gedenkens.“

Doch es gelte, Sprach- und Fassungslosigkeit  zu überwinden, fuhr der OB fort. Denn: „In Stille zu verharren, wird unserer Verantwortung nicht gerecht. Die Zeit des Faschismus war nun wahrlich ‚kein Fliegenschiss‘. Solche Aussagen eines Mitglieds des deutschen Bundestages sind eine widerliche Verhöhnung der millionenfachen Opfer. Aus unserer Geschichte heraus ist uns eine große Verantwortung mitgegeben worden. Eine Verantwortung, die nicht endet, wenn die letzten Täter und die letzten Überlebenden verstorben sind. Diese Verantwortung endet nie!“

Und diese Verantwortung wahrzunehmen sei heute wichtiger denn je. Auch heute seien Menschen jüdischen Glaubens Opfer von Gewalt. Erst vor wenigen Tagen der schreckliche Überfall auf eine Synagoge in Pittsburgh, jeden Tag Übergriffe und Gewalt gegenüber Juden in Europa, und hier in Deutschland. Die Täter: Rechtsradikale, Gegner des Staates Israel, darunter auch extremistische Muslime, teilweise noch sehr junge Menschen.

Eingangs hatte der Oberbürgermeister u. a. als Schirmherrin des Projekts der „Gedenk- und Bildungsstätte Pferdestall“ die Landesministerin für Schule und Bildung, Yvonne Gebauer, und den Vorstandvorsitzender der Jüdischen Kultusgemeinde Wuppertal, Leonid Goldberg, begrüßte. Durch die Gedenkveranstaltung führten Tabea Imig und Francesco Lo Pinto (Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasium). „Die Erinnerung bewahren", war ein Filmbeitrag des Gertrud-Bäumer- Gymnasiums (Hendrik Greinacher, Silas Brück) überschrieben. Worte des Gedenkens sprach ein Mitglied der jüdischen Familie Mandelbaum. Jochen Bilstein erinnerte an die Geschehnisse in Remscheid vor 80 Jahren, und Selin Dönmez (Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasium, Klavier) gab dem Abend mit der Mondscheinsonate von Ludwig van Beethoven und der Nocturne Op.9 N.2 von Frederic Chopin eine zusätzliche würdige Note.

Auch er selbst nutze die sozialen Medien, fuhr Burkhard Mast-Weisz fort. Aber zunehmend grusele es ihn, was er dort lese: „Waren menschenverachtende Kommentare oder Fakenews vor einiger Zeit noch anonym, so werden sie heute unter kompletter Namensnennung veröffentlicht. Es gibt ein Klima in unserem Land, das diese Hetze, diese Menschenverachtung zulässt. Es gibt ein Klima in unserem Land, das Menschen ermutigt, laut zu rufen, die Bootsflüchtlinge im Mittelmeer mögen doch ertrinken. Es gibt ein Klima in unserem Land, das zulässt, dass Menschen jüdischen Glaubens sich hier nicht mehr sicher fühlen, dass unsere freiheitlich demokratische Grundordnung in Frage gestellt wird. Es gibt Parteien in unseren Räten und Parlamenten, die dieses Klima schüren und davon profitieren. Uns diesem Klima entgegenzustellen, das ist unsere Verantwortung. Unser Land braucht wieder ein Klima des Respektes, der Achtung, der Mitmenschlichkeit, das Klima eines klaren Nein zu jeder Form von Gewalt gegen Menschen anderen Glaubens, anderer Herkunft, anderer Lebensgestaltung!“

An dem gestrigen Gedenken an die Reichpogromnacht vor 80 Jahren nahm in der neuen Gedenk- und Bildungsstätte Pferdestall in Remscheid auch Yvonne Gebauer teil, die Ministerin für Schule und Bildung des Landes NRW. Den Schülerinnen und Schülern, die diese Einrichtung initiiert hatten, und dem Vorstand des neuen Trägervereins zollte sie in ihrer Rede Anerkennung. Die Rede war insgesamt bedenkenswert, weshalb sie der Waterbölles in einem YouTube-Video dokumentiert hat.

Der OB äußerte seine Gestern in der Gedenkstätte. Foto: Lothar KaiserDankbarkeit, dass Schülerinnen und Schüler mit Unterstützung ihrer Schule die Idee hatten, aus dem ehemaligen Pferdestall der Polizei, wo Menschen jüdischen Glaubens in der Zeit des Nationalsozialismus eingepfercht und gedemütigt und von dort in die Vernichtungslager verschleppt worden seien, einen Ort der Erinnerung, der Mahnung und der Verantwortung für die Zukunft entwickelt hätten. Diesen jungen Menschen gebühre „unser aller Dank. Der gleiche Dank gilt all denjenigen, die sie dabei unterstützt haben: Schule, Polizei, Innenminister Reul, Schulministerin Gebauer, Bergischer Geschichtsverein und vielen anderen!“

Der erste Artikel des Grundgesetzes fasse unsere Verantwortung in wenige aber nicht minder gewichtige Worte, betonte der OB abschließend: „‘Die Würde des Menschen ist unantastbar.‘ Diese Worte sind der moralische Kompass unseres täglichen Handelns. Daran kann es weder Abstriche noch Zweifel geben. Die Opfer der NS-Gewaltherrschaft mahnen uns zum Widerstand gegen alle Bestrebungen den Grundsatz der bedingungslosen Würde eines jeden Menschen zu relativieren oder gar abschaffen zu wollen!“

Zur Einführung des Wahlrechts für Frauen

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Pressemitteilung der SPD Remscheid

Heute ist ein besonderer Tag, der es verdient, im Bewusstsein unseres Landes eine große Rolle zu spielen, denn heute vor 100 Jahren wurde in Deutschland die Einführung des Wahlrechtes für Frauen beschlossen. Diesen wichtigen Meilenstein auf dem langen Weg der Gleichstellung von Frau und Mann wurde möglich, weil am 09. November 1918 das Deutsche Kaiserreich aufgehört hatte zu existieren und mit der Ausrufung der Republik durch den Sozialdemokraten Philipp Scheidemann unser Land Kurs aufgenommen hatte auf dem Weg zur Republik.

Die Verkündung der Einführung des Wahlrechtes für Frauen am 12. November 1918 durch den Arbeiter- und Soldatenrat,  gehört zweifellos zu den großen Errungenschaft der in Gründung befindlichen Weimarer Republik. Erstmals wählen konnten Frauen am 19. Januar 1919 – genauer gesagt bei der Wahl zur Weimarer Nationalversammlung. Von den 423 Mitgliedern der Weimarer Nationalversammlung waren 37 Frauen. Mehr als die Hälfte, nämlich 19, gehörten der SPD-Fraktion an.

Die Einführung des Frauenwahlrechtes fiel nicht vom Himmel.  Sie war das Ergebnis eines langen Kampfes. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sind stolz drauf, dass wir bereits 1891 in unserem „Erfurter Parteiprogramm“ die Einführung des Frauenwahlrechtes gefordert haben. 

„Wir sind stolz darauf, nicht nur bei der Einführung des Wahlrechtes für Frauen unserer Zeit voraus gewesen zu sein!“, so die Vorsitzende der Remscheider SPD, Christine Krupp. Dass der Weg zur Gleichberechtigung noch nicht vollendet ist, darauf weist die Vorsitzende der Remscheider SPD-Frauen, Gerhilt Dietrich, hin: „Seit 1918 hat es viele Fortschritte gegeben – doch wir sind noch nicht am Ende des Weges angelangt. Die vordringlichste Aufgabe heute ist der Kampf gegen die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern und der Einsatz gegen die sogenannte „Gläserne Decke“, an der viele Karrierewege von Frauen nach wie vor scheitern.“ (Antonio Scarpino)

Wochenrückblick vom 29. Oktober bis 4. Dezember

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Neues Buch über frühen Erzverhüttungsplatz

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Die Abteilung Remscheid e.V. im Bergischen Geschichtsverein hat es sich seit ihrem Bestehen zur Aufgabe gemacht, die Geschichte der Stadt Remscheid und des Bergischen Landes zu erforschen und ihre Kenntnisse durch Wort und Schrift zu vermitteln. Zur Stunde stellt Vorsitzender Alfons Ackermann im Büro von Stadtdirektor Sven Wiertz gemeinsam mit der Autorin Barbara Rodler deren neues  Buch „Die Entwicklung der Remscheider Eisenindustrie am Beispiel der Ortschaft Platz, vom Erzverhüttungsplatz zum Wohn- und Industriestandort“ vor, Band 3 der Schriftenreihe des Bergischen Geschichtsverein Abt. Remscheid, das neue Forschungen zur Remscheider Stadtgeschichte vor. Alfons Ackermann: „In die Geschichtsforschung haben wir stets die Kultureinrichtungen der Stadt Remscheid einbezogen und freuen uns, dass diese bewährte Zusammenarbeit auch durch Herrn Stadtdirektor Sven Wiertz fortgesetzt wird!“


Wochenrückblick vom 12. bis 18. Dezember

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Auf Erkundung mit einem Remscheider Stadtführer

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Donnerstag, 22. November, 15 Uhr
„Trümmerkindertreff“ mit Lothar Vieler im „Backhaus“
Während seiner jüngeren Führungen ist Lothar Vieler, Stadtführer in Lennep, des Öfteren darauf angesprochen worden, dass es an der Zeit wäre,  die außergewöhnlichen Umstände während und nach dem 2. Weltkrieg in Lennep in Erinnerung zu bringen: „Viele Remscheider und Lenneper Mitbürger haben zu diesem Thema sicherlich vieles zu berichten, zu fragen und zu ergänzen. In Zusammenarbeit mit „ Augusta Hardt Horizonte“  lade ich gerne für den 22.11. ins Backhaus, Sauerbronnstraße/ Ecke Rotdornallee, ein in der Hoffnung auf  viele interessante Erzählungen. Wer Bilder aus dieser Zeit hat, kann diese gerne mitbringen.“ Vieler wird mit seinem großen Bilderfundus hilfreich zur Seite stehen, um an diesem Nachmittag Erinnerungen noch lebendiger werden zu lassen. Für das leibliche Wohl sorgt das Team des Backhauses zu zivilen Preisen. Voranmeldung erbeten bis 19.11. Lothar Vieler, Tel. RS 666861.

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Wochenrückblick vom 19. bis 25. November

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Als noch Holzkohle aus den Bergischen Wäldern kam

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Das von dem großen Wupperbogen umschlossene Gebiet des Bergischen Landes war im Mittelalter von riesigen Wäldern erfüllt, in denen die zerstreuten Siedlungen fast verschwanden. Der größte Teil dieser Waldungen befand sich im Besitz der Bergischen Grafen und diente ihnen als Jagdrevier. Solange die Herren auf ihrer Burg an der Wupper residierten, mag ihnen die Pflege ihrer Forsten und des Wildbestandes sehr am Herzen gelegen haben. Als sie aber ihren Sitz nach Düsseldorf verlegt hatten und nur noch in der schönen Jahreszeit oder bei festlichen Gelegenheiten ihr Stammschloss be­suchten, verloren die Wälder des Wuppergebiets diese Bedeutung.

Es ist kein Zufall, dass Graf Wilhelm II., der später die Her­zogswürde errang und eifrig um die Verschönerung seiner Landeshauptstadt Düsseldorf bemüht war, den Remscheidern seinen Hoch­wald an den Nordhängen des Eschbachtales zur Nutznießung überließ. Am 1. Mai 1369 schloss er mit den Remscheider Hofbesitzern einen Erbpachtvertrag, in dem er ihnen als Entgelt für die zu leistenden Abgaben gestattete, seinen „Hohenwald, das Remscheid genannt", zu benutzen. Dass diese Nutzung unter anderem auch im Interesse der Gewerbetreibenden zwecks Gewinnung von Holzkohle erfolgte, geht aus der von Herzog Wilhelm IV. im Jahre 1564 er­neuerten Remscheider Waldordnung hervor. Beispielsweise durften von den Eichenstämmen nur „das Unterste und das Oberste", d. h. die unteren Stammteile, soweit sie sich nicht als Zimmerholz verwenden ließen, und das Astwerk zur Kohlenbereitung benutzt werden. Es war verboten, Beitel und Holzhämmer mit in den Wald zu nehmen und die Bäume an Ort und Stelle zu zersägen und zu Scheiten zu „reißen". Die Buchenstümpfe durften aus dem Boden herausgeschlagen und als „Kohlholz" verwendet werden, die Eichenstöcke dagegen nicht, damit dieselben neue Wurzelausschläge treiben konnten.

Die Holzkohlen wurden in der Regel in Meilern bereitet, deren Spuren man noch heute in unsern Wäldern auf Schritt und Tritt begegnet. Meist lagen sie in der Nähe von Wegen. Zahlreiche Meiler befanden sich aber auch an den Berghängen. Ihre Stätten erkennt man noch an den kleinen Plattformen, die hier durch Erdaufwurf geschaffen worden sind. Außerdem wurden die Kohlen noch in Gruben ge­brannt, in denen auch die Baumstümpfe verkohlt werden konnten. Im Jahre 1622 ging Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm mit den Bewohnern der südlichen Remscheider Höfe noch einen weitern Vertrag ein, durch den er ihnen 30 Morgen „untüchtigen Busches" im Grunde des Eschbachtales zur Wiesenkultur überwies. Dieses Schriftstück gibt uns auch nähere Kunde über die Ausdehnung des Remscheider Hochwaldes, der von Westhausen bis in die Nähe von Beysiepen und Birgden reichte.

Die großen Waldungen im Quellgebiet des Eschbachs, „die Birgdener und Altenberger Gemarke", waren ebenfalls im Besitz des Landesherrn. Ihre Erbpächter, die auch dem Remscheider Holz­gericht unterstanden, waren meist Bewohner der dort gelegenen Höfe: Buchholzen, Beeck, Stöcken, Piepersberg, Jägerhaus, Greuel, Birgden (bei Lennep), Rotzkotten und Mixsiepen. Ferner war eine Reihe von Lenneper Familien daran beteiligt. Zu den Nutznießern der „Birgdener Gemarke" gehörten auch Remscheider Hofbesitzer, darunter die „Jäger" vom Birgden (bei Remscheid) und die „Loos" vom Beysiepen, die im 17. und 18. Jahrhundert im Eisengewerbe und Handel eine Rolle spielten.

In einem viel stärkeren Maße als die Gemarken des Esch­bachgebiets wurden die Wälder des Morsbachtales zur Gewinnung von Holzkohle herangezogen.    Die Abhänge   dieses Tales   waren schon im Jahre 1369 der volkreichste Teil der Honschaft Remscheid. Die dichte Besiedlung des von der Natur wenig begünstigten Gebiets kann nur aus der frühen Entwicklung des dortigen Ge­werbes erklärt werden. Für die zahlreichen Schmiedewerkstätten dieser Gegend, zu denen sich zwischen 1500 und 1600 noch eine Reihe von Wasserhämmern gesellten, war die Beschaffung genügen­der Holzkohlen eine Lebensfrage.

Da die wachsende Volkszahl zu einer vermehrten Rodungstätigkeit zwang, schrumpften die in der Nähe gelegenen Wälder immer mehr zu­sammen (solche durch Rodung des „Herrenwaldes" entstandene Felder waren der Küppelsteiner, Reinshagener, Güldenwerther, Morsbacher, Fürberger, Holzer, sowie der obere und untere Hastener Acker). Die Folge war, dass die übriggebliebenen Teile über Gebühr ausgenutzt wurden und den Holzkohlenbedarf bald nicht mehr zu decken vermochten. Da lag der Gedanke nahe, in den umfangreichen Waldungen des Cronenberger Gebiets Ersatz zu suchen, und die Bergischen Grafen waren einsichtig genug, den Remscheidern die Holzkohlenbereitung im Brausholz zu gestatten. Auch dieser große Wald, der das Gebiet des Reinbachs erfüllte und jenseits des Kleinenhammerbaches seine Fortsetzung im soge­nannten „Lusbusch" fand, war als ehemalige Gemarke in den Be­sitz der Grafen gelangt. Am 28. Februar 1562 schloss Herzog Wilhelm IV. mit Remscheider und Cronenberger Bewohnern einen Erbpachtvertrag, der die Erneuerung eines viel früheren Abkommens darstellt und die alten Beziehungen der Markenwälder zum Gewerbe wieder klar er­kennen läßt. Die wahrscheinlich bereits im 14. Jahrhundert er­folgte Überlassung des Brausholzes an die Remscheider Schmiede bildet einen weiteren gewichtigen Beweis für das hohe Alter der Bergischen Gewerbetätigkeit.

Die Remscheider und Cronenberger Schmiede hatten aber mit ihren Beilen und Hepen derart im Brausholz gehaust, dass die gänzliche Vernichtung des Waldes zu befürchten stand, so dass der Herzog diesen sperren lassen musste. Weil aber die Beteiligten inständig darum baten, so wollte er ihnen die weitere Nutzung unter der Bedingung gestatten, dass von nun an Ordnung herrsche und die Nutznießer sich streng an die Bedingungen des Vertrages hielten. Auch musste von jetzt ab für den Morgen eine jährliche Abgabe entrichtet werden, während die Kohlen­bereitung bisher frei gewesen war.

Die „Erben" des Hofes Kuchhausen sollten 60 Morgen vorab von den Büschen haben, die sie, ohne eine Abgabe zu entrichten, zu ihrem Nutzen verwenden durften. Damit wurde ihren uralten Rechten an dem Markenwald Rechnung getragen. Dann wurde das übrige Gebiet des Brausholzes in 14 Parzellen gleichmäßig abge­teilt, so dass die Kuchhauser Hofbesitzer dabei noch mit einem weiteren Anteil bedacht werden konnten. Die übrigen Parzellen fielen an die zum Teil recht weit entlegenen dreizehn Remscheider Höfe, denen, wie bemerkt, der außerhalb ihrer Kirchspiels- und Amtsgrenzen gelegene Wald in erster Linie zur gewerblichen Nutzung zugewiesen worden war. Es handelt sich um die Höfe: Müngsten, Küppelstein, Güldenwerth, Stockden, Morsbach, Holz, zwei Höfe in Fürberg, zwei Höfe in Hasten, Büchel, Heidhof und Haddenbrock.

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Wohnungen und Werkstätten lagen dicht beieinander

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Das Hochland der Wupper wird von tief eingeschnittenen Tälern unterbrochen. Das Gelände auf den Höhen ist so uneben und zerklüftet, dass die meisten Siedlungen als Einzel­höfe an den Hängen klebten und sich später der Schaffung eines einheitlichen Ortsbildes Schwierigkeiten entgegenstellten. Als durch Erbteilung und Verkauf die Teilung der Bauerngüter weit fortgeschritten war, lagen die Anwesen bunt durchein­ander gewürfelt. Um 1700 drängten sich an einzelnen Orten Wohnungen und Werkstätten in beängstigender Weise. Von be­stimmten Straßenzügen innerhalb dieser dorfartigen Häusergruppen, die man nach wie vor als Höfe bezeichnete, war keine Rede. Nur die Richtwege, die von den Außenhöfen in möglichst geraden Linien dem Kirchdorf zustrebten, brachten in das Gewirr der zerstreut liegenden Siedlungen etwas Ordnung hinein. (…)

Die starke Zerklüftung der Berge, die durch den Wechsel der Felsschichten, sowie durch die große Zahl von Quellen und Bach­läufen bedingt war, bestimmte nicht nur den landschaftlichen Charakter, sondern auch die wirtschaftlichen Verhältnisse. Etwa 60 kleinere und größere Wasserläufe, die teils der Wupper, teils dem Morsbach und Eschbach zueilen, zerschneiden das Gelände des Remscheider Stadtkreises nach den verschiedensten Richtungen. Ähnlich ist es im Cronenberger und Lüttringhauser Gebiet. Infolge der bedeutenden Regenmengen und des tonhaltigen Bodens waren die Höhen des Bergischen Landes vielfach mit Mooren und Sümpfen bedeckt, von denen heute nur noch kleinere Reste z. B. in der Nähe des Remscheider Stadtparks und unterhalb des „Haddenbrock"übriggeblieben sind. Da auch die Talgründe damals noch ausgedehnte Erlen- und Weidenbrüche aufwiesen und sich auf den Höhen riesige Wälder ausbreiteten, so konnte sich der Abfluss der reichen Regenmengen nicht in so schneller und verheerender Weise vollziehen, wie es jetzt in entwaldeten Berggegenden häufig der Fall ist. Die Folge war, dass die Wasserführung der Bäche gleichmäßiger war als heute und diese selbst in Zeiten andauernder Trockenheit nicht versiegten. Die Aufgabe der Wassersammlung und -regulierung, die heute den Bergischen Talsperren zugewiesen ist, leisteten in alter Zeit die natürlichen Wasserspeicher der Brüche und Moore.

Die kraftvollen Bergbäche, die in raschem Lauf zu Tal stürzen, waren für die Entwicklung des Gewerbes von der größten Bedeutung.   Sie mussten der Eisen- und Stahlerzeugung und -verarbeitung ungefähr 400 Jahre lang ihre Dienste widmen und zahl­reichen Hämmern und Schleifsteinen die Wucht und den sausenden Schwung verleihen. Ihr starkes Gefälle wurde so sorgfältig ausge­nutzt, dass die verschiedenartigsten Triebwerke, wie die Perlen an einer Schnur aufgereiht, bis in die Quellgebiete hinein den Bächen das Geleit gaben. Das Gelpetal z. B. wies um 1770 von der Einmündung des Freudenberger Fuß­weges bis zum Clemenshammer auf einer Strecke von fünf bis sechs Kilometern nicht weniger als elf Hammerwerke auf. Jedem Werk standen also etwa 500 bis 600 m Wasserlauf zur Verfügung. Bei der verhältnismäßig geringen Wassermenge war der Abstand so knapp bemessen, dass eine stärkere Ausnutzung des Gefälles ausgeschlossen war.

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