Wenn wir heute auf dem Stadtkegel die Wasserhähne aufdrehen und das nasse Element in Kanne und Eimer strömt, machen wir uns wohl kaum noch eine Vorstellung von den Sorgen unserer Vorfahren, das Wasser vom Tal auf den Kegel zu bringen. Brunnen, überdacht mit „Pötthüskern", Zisternen, Hauspumpen und Regentonnen sind den Ältesten unserer Generation noch lebendige Begriffe, auch Eselskarren und „Dragschwengel" gehören dazu. Welche Not, wenn in heißen Sommern die Brunnen versiegten! Immer dichter wurde das Häusermeer des Kegels, immer größer die Gefahr eines alles vernichtenden Brandes. Immer heftiger wurden auch die Debatten der besorgten Stadtväter. Doch sie zauberten mit langen Reden kein Wasser auf den Berg. Schließlich sprudelt ein hoffnungsvoller Name aus den Diskussionen kleinbürgerlicher, konservativer Geister: Robert Böker. „Gatt setten merr op derr Beek noch es enn Denkmol!", rief er einst erbost seinen Mitbürgern zu. Jedoch es war ein weiter Weg über die ersten Lenkung der Quellen im Eschbachtal bis zur wirklichen Lösung des Wasserproblems.
Im Eschbachtal erhoffte man in den 1880er Jahren so ergiebige Quellen zu erschließen, dass der Bedarf der Stadt auf dem Berg gedeckt würde. Nicht falsche Kalkulationen waren die Ursache, dass die erschlossenen Quellen nicht reichten, sondern die Sturheit gewisser Mitbürger. Anfangs meldeten sich auf Nachfrage etwa 700 bis 800 Wasserabnehmer. Nach Vollendung von Pumpstation, Wasserturm und Kanalnetz wuchs die Zahl der geforderten Anschlüsse auf ungefähr 2.000. Da gab es Debatten und Donnerkiele, aber der Boden gab trotzdem nicht mehr Wasser.
1888 entwickelte Professor Intze aus Aachen im Saale Alberty (später Weinberg) … den sensationellen Plan, überirdisches Wasser im Eschbachtal durch eine Sperrmauer zu stauen. Wir können uns vorstellen, wie viele bedenkliche und spöttische, zustimmende und ablehnende Meinungen kleinbürgerlicher Biertischstrategen laut wurden. Robert Böker und Intze überwanden alle Bedenken, die sicherlich nicht jeder Berechtigung entbehrten, da für das Experiment, eine Million Kubikmeter Wasser hinter einer Mauer festzuhalten, kein Vorbild in Deutschland vorhanden war.
Und doch erkämpfte man 1889 die Grundsteinlegung zur ersten Talsperre Deutschlands im Eschbachtal. Mit wachsender Teilnahme verfolgte man den Bau und die schließliche Vollendung der Sperre im Jahre 1891. Trotz der verhältnismäßig großen Fläche brauchten keine Wohnhäuser oder wertvolle Anlagen beseitigt zu werden. Lediglich der kleine Pickardts Kotten musste der neuen Sperre geopfert werden. (…) Nach alten Berichten vereinigte eine Kaffeetafel Gäste und Pioniere des imposanten Baues. Oberbürgermeister von Bohlen hielt eine Ansprache und erklärte Professor Intze zum Ehrenbürger der Stadt Remscheid. Ein Spaziergang um die Sperre vereinigte Stadtverordnete und geladene Gäste. Oberbürgermeister von Bohlen erhielt jenseits der Sperre einen kleinen Pavillon, die „Ludwigslust", als Geschenk des Stadtverordneten-Kollegiums. (…) Die später notwendige Erweiterung der Remscheider Wasserversorgung durch die Verbindung der Neye-Talsperre mit der des Eschbachs stieß auf keinen nennenswerten Widerspruch. Wer jedoch in unseren Tagen noch einmal den Weg vom „Pötthüsken" bis zum Wasserkranen besinnend rückwärts geht, erkennt ehrfurchtsvoll die ungeheure Leistung einzelner Männer. („Remscheider Bilderbogen“ von Max Eulenhöfer aus dem Jahre 1950)