Quantcast
Channel: Waterbölles - Geschichte
Viewing all articles
Browse latest Browse all 2560

Am "Kraemersteich" wurde Orthopädiestahl geschmiedet

$
0
0

Der letzte Clarenbacher Hammer 1923. Foto: Reinhard BaadeEtwa 150 Meter oberhalb des früherenClarenbacher Kottens lagen bereits die nächsten Hämmer - ebenfalls an einem Teich. Bis heute hat sich der Name "Kraemersteich" erhalten. Schon 1607 erwähnte der Rentmeister Johannes Karsch den Klopfhammer und den Schleifkotten des Peter in der Clarenbach. Das genaue Alter ist nicht auszumachen, aber eine Eintragung besagt, dass einem Peter Clarenbach seit 1415 ein Hammer am "Großen Bach" (Morsbach incl. Leyerbach) gehörte. 1623 ist der Besitzer des Hammers ein Dierich vom Goldtberg, wonach zu dieser Zeit der Hammer auch Goldenbergshammer genannt wird. 1652 wird er unter Hensen Friedrich als Eisenhammer geführt. 1800 ist er im Besitz der Erbengemeinschaft "Korp. Honsberg“. 1826 werden die Anlagen "Jörreshammer" genannt; sie gehören in dieser Zeit Theodor Jarres. Ihn nennt 1834 eine weitere Eintragung als „Entreepenneur eines Stahlraffinierhammers in der Clarenbach“.  1853 wurde dieser erste Clarenbacher Hammer mit zwei Feuern,  einem Amboss und drei Arbeitern betrieben. 1861 wird er zum letzten Mal unter Jarres erwähnt, danach als Hammerwerk Gißler. Die Firma Kraemer, die mit ihren Orthopädiewerkzeugen sehr erfolgreich warwar, kaufte  um 1870 den Jörres- oder Gißler-Hammer auf.

Am gleichen Teich wie der Clarenbacher Hammer von F.W.Kraemer lag der Obere Clarenbacher Kotten. Er ist ebenfalls etwa um 1550 entstanden. 1607 wird er von Rentmeister Karsch als Schleifkotten des Peter in der Clarenbach erfasst. 1623 tritt auch hier Dierich im Goldenberg und später der Peter Goldenberg als Besitzer in Erscheinung. Der Kotten wird 1661 in einen Hammer umgewandelt, wobei er dann 1710 als Hammer des Franz Gördt zu Goldenberg geführt wird, der ihn pachtete. 1800 ist Josef Mannes Besitzer. Der Hammer wird nun „Stahlhammer 2 unterm Goldenberg“ genannt. 1829 kaufte Jarres den Hammer hinzu und produzierte dort seinen Raffinierstahl. Bereits 1842 kauft F.W. Kraemer den Hammer von Jarres und produziert 1853 40.000 Pfund Orthopädiestahl. Der Firmenchronik ist zu entnehmen, dass der Gründer, Hammerschmied und Stahlhändler Friedrich Wilhelm Kraemer, "mit aus dem Siegerland auf Pferdefuhrwerken herangekarrtem Rohstahl die Produktion von mindestens dreifach raffinierten Stahlsorten" aufnahm. Nachdem 1867 beide Hämmer in Kraemers Besitz waren, wurde die Produktion und Spezialisierung von Orthopädiestahl kontinuierlich weiter ausgebaut. Zeitweilig waren beide Hämmer (Nr. 2 ab 1926, Nr. 1 bis 1938) nicht in Betrieb, darüber hinaus benutzte die Deutsche Wehrmacht den letzten Hammer als Unterkunft für 40 Pferde und riss die ganze Inneneinrichtung heraus. Die Wiedereinrichtung wurde nur allzu spärlich vorgenommen, und so setzte der Verfall mangels Arbeitsmöglichkeit ein. 1969 hatte die Firma Kraemer eine neue Fabrikationshalle mit moderner Einrichtung bezogen und die alte Hammereinrichtung wurde verschrottet, der Hammer abgerissen. Die  Firmengeschichte von FW Kraemer liest sich wie folgt:

Kraemers Stammhaus in der Clarenbach. Postkarte: Paul Bulang"1823 war Remscheid - erst während der französischen Besatzungszeit mit Stadtrechten versehen - eine Gemeinde mit etwa 9.000 Einwohnern. An den zahlreichen Wasserläufen rund um den Remscheider Stadtkern waren die Schleifkotten und Hämmer angesiedelt. (…) Einen dieser Wasserhämmer besaß Friedrich Wilhelm Kraemer, der Gründer unserer Firma.1873 übernahmen zwei Nachkommen des Gründers die Leitung der Firma F.W. Kraemer. Einer der beiden, Walter Kraemer, stand noch selbst am alten Wasserhammer und schmiedete den dreifach raffinierten Orthopädiestahl. Der andere, Louis, bereiste als Mitarbeiter einer Remscheider Exportfirma die Welt und sorgte damit schon früh auch für den weltweiten Export unserer Erzeugnisse. In dieser Zeit entwickelten sich die Verbindungen zum Orthopädiemechaniker- Handwerk. Aus alten Geschäftsbüchern geht hervor, dass schon um die Jahrhundertwende unser Abnehmerkreis bereits zu etwa 80 Prozent aus orthopädischen Werkstätten, Kliniken und Sanitätshäusern bestanden hat.

Der Kraemers-Kotten in Clarenbach. Repro: Historisches Zentrum Remscheid 1923 hatte die Industrie im Remscheider Raum mächtig zugenommen und Remscheid zu einer bekannten Werkzeugstadt mit inzwischen über 70000 Einwohnern gemacht. Firmeninhaber war seit 1920 August Kremendahl, ein Schwiegersohn von Walter Kraemer, der die Firma zusammen mit seinem Teilhaber Otto Eberhard modernisierte und weiter ausbaute. Das Stahllager enthielt alle in der Orthopädiemechanik benötigten Stahlsorten. Auch in Leichtmetall, das damals immer größeren Raum in der Fertigung von Fußstützen einnahm, unterhielten wir ein großes und gut sortiertes Lager. Nach und nach wurde das Lieferprogramm auf Werkzeuge und Zubehörteile ausgedehnt. Diese Entwicklung und der Entschluss von August Kremendahl und Otto Eberhard, Einlagenrohlinge zu fertigen, machte die Errichtung von neuen Produktionsräumen notwendig, die 1926 fertiggestellt waren. Das Handels- und Fertigungsprogramm nahm ständig an Umfang zu:

Messestand FWK .Repro: Detlef Mueller Mitte der 30er Jahre enthielten unsere Kataloge bereits Materialien, Zubehör, Schrauben, Nieten, Werkzeuge und Maschinen sowie Einlagenrohlinge aus Duralumin, Durana, nichtrostendem Stahlblech und, gerade neu hinzugekommen, die ersten belederten Einlagen und Lederdecken. Der zweite Weltkrieg unterbrach die bis dahin erfreuliche Entwicklung abrupt. Aber schon 1948 begannen die aus dem Krieg und Gefangenschaft heimgekehrten Betriebsangehörigen mit dem Wiederaufbau. Nach dem Tod von August Kremendahl im Jahre 1957 ging die Firmenleitung an seinen Schwiegersohn Willi Brehmer über.“

Später wurde die Firma wurde an "Schein Orthopädie" verkauft und zog 2003 aus den historischen Räumen in der Haddenbach nach Remscheid-Jägerwald in einen Neubau. (Aus: Hämmer- und Kottenforschung in Remscheid Herausgegeben von Günther Schmidt Band 4 - Leyerbach, Diepmannsbach, Mückenbach)


Viewing all articles
Browse latest Browse all 2560