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Channel: Waterbölles - Geschichte
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"Man ging damals ins Kino, egal was gespielt wurde!"

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Das Kino "Modernes Theater" an der Kölner Straße in Lennep.

von Dr. Wilhelm R. Schmidt

Auf meinen Artikel über die Lenneper Kinos gab es so viele Reaktionen, dass ich zu diesem Thema noch weiteres mitteilen möchte. Ein Leser schickte mir eine Digital-Kopie von einem Dia des Modernen Theaters aus der Nazizeit, wahrscheinlich Anfang der 1940er Jahre. Links und rechts neben dem Eingang zum Kölner Hof waren in Schaukästen nicht nur die Kinoplakate ausgehängt, sondern um sie herum auch größere Szenen- und Künstlerfotos  in der Art von Pressefotos. Sehr interessant ist aber auch der zeithistorische Aspekt des Dias: Auf der Kölner Straße sieht man einen SA-Mann mit Braut, und rechts an der Vormauer des Bankgebäudes erblickt man deutlich die rotgestrichenen Schaukästen der „NSDAP-Ortsgruppe Lennep – Zelle Röntgen“.

Unter dem Giebel im ersten Stock des „Modernen Theaters“ stand damals ein Projektor. Im Sommer, wenn es heiß war, wurde das Fenster aufgemacht. Da das Gebäude dort einen Knick nach links entlang der gekrümmten Wallstraße macht, stand der Projektor direkt am Fenster. Ich selbst habe als Kind in diesem Kino den ersten Film meines Lebens erlebt. Es war noch in der Besatzungszeit, und deutsche Filme waren nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst verboten. Meine Eltern nahmen mich damals mit in einen der ersten Filme. Ich war fasziniert von dem schön bestickten Vorhang vor der Leinwand. Es war ein Landschaftsbild zu sehen, und ich glaubte zunächst, es sei schon der Film.

Es gab zuerst einen englischen Kriegsfilm in Schwarz Weiß zu sehen, in original englischer Sprache und wahrscheinlich mit deutschen Untertiteln (ich konnte noch nicht lesen). Später gab es dann weitere Filme wie „The Overlanders“, deutsch: „Das große Treiben“ aus dem Jahre 1946, ein australischer Film, der 1947 nach Deutschland kam. Dargestellt wird der Weg eines Viehtriebs aus Angst vor einer Invasion der Japaner 1942 mitten in die Outbackwildnis. Dort gerieten die Rancher in Hungersnot und haben Raupen gegessen. Eine einprägsame Sache. Das war alles noch vor der Währungsreform. Man ging damals regelmäßig ins Kino, egal was gespielt wurde. Vorher holte man sich ein Programm für ein paar Groschen (vier Seiten mit einer Bildmontage von vielen Aufnahmen und der Liste der Darsteller). Vorne im sog. Parkett kostete der Platz 50 Pf. Dahinter gab es Sperrsitz I und Sperrsitz II für 70 Pf. Bzw. 1,10 DM. Für 1.10 DM gab es dann schon ein Rückenpolster (grün) auf den Holzklappstühlen der Loge, für 1.60 DM hatte man dann den Sitz rot gepolstert.


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